Titel, Tore, Tränen, Abschied nehmen: Die Würzburger Fußballerin Medina Desic hat ein spektakuläres erstes Halbjahr 2023 erlebt. Mit RB Leipzig gewann die frühere Spielerin vom ETSV Würzburg und von den Würzburger Kickers die Meisterschaft der Zweiten Frauen-Bundesliga.
Vier Spieltage vor dem Saisonende waren sie nicht mehr einzuholen, lagen am Ende zwölf Punkte vor dem 1. FC Nürnberg, der mit seiner Frauen-Mannschaft ebenfalls in die Erste Bundesliga aufsteigt.
Da ihr Vertrag in Leipzig nach zwei Jahren endet, wird sich die 29-Jährige nun neu orientieren. "Es geht immer weiter", sagte sie beim Gespräch in der Würzburger Innenstadt zuversichtlich. Während sie von den vergangenen sechs Monaten berichtet, muss sie immer wieder mal überlegen, um wirklich keinen Höhepunkt aus dieser Zeit auszulassen. Denn die Ereignisse überschlugen sich in Medina Desics Sportlerinnen-Leben.
Medina Desic trifft Schalke-Trainer Thomas Reis am letzten Spieltag
Der große Triumphzug der Leipziger Spielerinnen liegt gut drei Wochen zurück. Am letzten Bundesliga-Spieltag der Männer, im Rahmen des Heimspiels der Klubkollegen gegen Schalke 04, wurden Medina Desic und ihre Mitspielerinnen im Stadion geehrt und von Fans gefeiert.
Hinter den Kulissen plauschte Desic vor der Partie mit Schalkes Trainer Thomas Reis. "Leider ist Schalke abgestiegen", bedauert sie die sportliche Entscheidung. Die beiden kennen sich, kommen aus der selben Ecke Tauberfrankens und waren mal für den FC Wertheim-Eichel aktiv, wenn auch nicht zur gleichen Zeit.
Die Fußballerinnen von RB ließen sich auf einer Stadionrunde mit der Meisterschale in der mit fast 50.000 Zuschauerinnen und Zuschauern ausverkauften Arena feiern. "So einen Moment nimmt dir keiner mehr im Leben", schwärmt Desic. Diesen mussten sich die Leipziger Spielerinnen aber hart erarbeiten.
Auf Platz drei der Torschützenliste in der Zweiten Frauen-Bundesliga
Nach einer fast makellosen Hinrunde mit elf Siegen in 13 Spielen ließen die RB-Frauen auch in der Rückrunde nicht nach und gewannen weitere zehn Partien. Großen Anteil am Erfolg, vor allem in der Rückrunde, hatte auch Desic, die erst nach der Winterpause zur Topform fand.
Nach nur einem Tor, meist von der Bank kommend, im ersten Saisonabschnitt, erzielte Montenegros Nationalspielerin nach der Winterpause elf Tore und stand mit dieser Ausbeute am Ende noch auf dem dritten Platz in der Torschützenliste der zweiten Liga – hinter ihrer Leipziger Mannschaftskollegin Vanessa Fudalla und Güterslohs Jacqueline Baumgärtel.
"Besser hätte die Rückrunde für mich gar nicht laufen können", findet Desic. Ein Hattrick zum 6:0 bei Eintracht Frankfurt II sei ihr in besonderer Erinnerung geblieben. Mit diesem Sieg stand fest, dass den Sächsinnen der Titel nicht mehr zu nehmen ist. "Ich habe gezeigt, was ich kann. Mehr hätte ich der Mannschaft und dem ganzen Verein gar nicht zurückgeben können", sagt Desic. Mit ihren 29 Jahren war sie in dieser Saison die mit Abstand älteste Spielerin im Leipziger Kader und sei, das verriet sie auf der Webseite des Klubs, von ihren Mitspielerinnen im Training auch "Omi" gerufen worden.
Pokal-Sensation scheitert in der siebten Minute der Nachspielzeit
An der ganz großen Sensation schrammten die Leipzigerinnen allerdings knapp vorbei. Im DFB-Pokal -Wettbewerb der Frauen erreichten sie das Halbfinale, nachdem sie die Bundesligisten Eintracht Frankfurt im Achtel- und SGS Essen im Viertelfinale rausgeworfen hatten. Erst in der Vorschlussrunde scheiterten die Leipzigerinnen am SC Freiburg, ebenfalls einem Bundesligisten.
"Es war eine unglaublich geile Reise", sagt Desic über die Pokal-Saison. "Es war aber auch unglaublich bitter. Wir standen kurz vor dem Finaleinzug". Das einzige Freiburger Tor fiel erst in der siebten Minute der Nachspielzeit. "Danach habe ich schon ein paar Tage gebraucht, um das alles richtig einzuordnen", gesteht sie. Heute überwiegt der Stolz: "Es waren absolute Höhepunkte meiner Karriere."
Wie so viele Mannschaften feierten auch die Leipziger Spielerinnen den Abschluss ihrer erfolgreichen Saison auf Mallorca. Unmittelbar nach ihrer Rückkehr von "Malle" ging es für die Mannschaft zum DFB-Pokal-Finale der Männer nach Berlin.
Medina Desic geht die Suche nach einem neuen Klub entspannt an
Irgendwo zwischen Florian Silbereisen, Oliver Pocher und DFB-Präsident Bernd Neuendorf war in der Nacht auf Sonntag in einem Club am Potsdamer Platz auch "Feierbiest" Medina Desic zu finden. Ihre Meisterschale hatten die Leipzigerinnen freilich auch dort dabei. "Und die ist deutlich schwerer als der DFB-Pokal", stellte Desic fest.
So ist es auch mit den Aufgaben, die auf RB Leipzig in der Frauen-Bundesliga warten. Jedoch ohne Medina Desic. Für sie geht das "Abenteuer Leipzig" mit ihrem Ende Juni auslaufenden Vertrag nach zwei Jahren zu Ende. "Es war eine nicht immer einfache, aber eine schöne Zeit. Ich habe mich durchgebissen und nie aufgegeben", zieht sie Bilanz. Einen neuen Verein habe sie noch nicht gefunden: "Ich gehe das Ganze entspannt an", sagt sie. Mit der Topform der Rückrunde dürfte sie wohl nicht lange suchen müssen.