Laut brüllen die Laubbläser. Dort, wo am Mittwoch Tausende Fußballfans ihre Mannschaft angefeuert haben, fegen nun städtische Mitarbeiter Plastikbecher und Papierfetzen zusammen. Kehraus im altehrwürdigen Saarbrücker Ludwigsparkstadion, das wieder einmal eine große Fußballschlacht erlebt hat.
Dort, wo der 1. FC Saarbrücken als Gründungsmitglied der Fußball-Bundesliga seine Heimspiele austrägt. Dort, wo der FC Würzburger Kickers am Mittwoch mit dem 1:0 (1:0)-Erfolg einen ersten Schritt Richtung Liga drei gemacht hat. Dort, wo man „die Tradition fast riechen kann“, wie es ein Würzburger Zuschauer formulierte, wird aufgeräumt. Und gleiches gilt wohl für die Saarbrücker Mannschaft und ihre Fans.
„Es ist noch lange nicht vorbei“, sagte ein Passant, der mit seinem Hund am Stadion spazierte, am Donnerstag fast trotzig. „Wir hätten sowieso dort ein Tor schießen müssen, jetzt sind es halt zwei.“ Der Respekt vor dem im Saarland weitestgehend unbekannten Gegner ist da, aber er ist nicht grenzenlos.
„Da geht sicher noch was“, sagte FCS-Mittelfeldspieler Dennis Wegner, der mit seinem Direktschuss in der ersten Halbzeit am herausragenden Robert Wulnikowski gescheitert war, „wenn wir in Würzburg erst einmal ein Tor schießen, ist alles möglich.“
Würzburg ist gut organisiert, aber keine Übermannschaft – so der Tenor in den Fanforen im Internet. Einigkeit besteht dort auch darüber, dass der strittige Ball von Peter Chrappan in der Nachspielzeit hinter der Linie war und Schiedsrichter Jablonski dem FCS so ein klares Tor verweigerte. Auch dass der FCS spielerisch nur phasenweise überzeugen könnte, wissen hier alle.
Dass die Mannschaft diesen Namen verdient und sicher in der Lage ist, den Rückstand aufzuholen, daran glaubt man im Saarland seit dem Liga-Spiel in Pirmasens vor einigen Wochen. Mit 1:2 lagen die Saarbrücker kurz vor Schluss hinten und siegten doch noch mit 4:2. „Wir gehen gestärkt in die Partie in Würzburg. Wir werden dort alles reinwerfen, um die Sache für uns zu entscheiden“, sagte FCS-Trainer Fuat Kilic.
Der Trainer könnte Geschichte schreiben
Kilic will Geschichte schreiben. Er wäre der erste Trainer in der 112-jährigen Geschichte des Vereins, der nach einem Abstieg den direkten Wiederaufstieg schaffen würde. Im Amt ist der 42-Jährige seit Februar 2014.
In dieser Drittliga-Saison war der FCS eigentlich angetreten, um die Liga nach oben zu verlassen. Aber Trainer Jürgen Luginger (heute FC Schalke 04 II) konnte die Mannschaft nicht so verstärken, wie er es sich vorgestellt hatte. Im September musste der „zu nette“ Luginger gehen, der knorrige Milan Sasic (früher MSV Duisburg, 1. FC Kaiserslautern) sollte – mit Co-Trainer Kilic – die Spielzeit retten.
Im Winter wurde dann über ein Dutzend neue Spieler gekauft, doch der Erfolg blieb aus. Auch Sasic musste gehen, wechselte als sportlicher Berater zum Hauptsponsor und Präsidenten Hartmut Ostermann. Kilic übernahm das sinkende Schiff. Viele Insider waren überrascht, dass der unerfahrene Cheftrainer im Sommer erneut das Vertrauen bekam. Er vollzog einen totalen Umbruch.
Von der letztjährigen Mannschaft durfte nur Mounir Chaftar bleiben. Mit Torwart David Hohs, Innenverteidiger Peter Chrappan und den erfahrenen Stürmern Matthew Taylor und Felix Luz schaffte Kilic eine Achse, die im Saisonverlauf noch mit Spielmacher Sven Sökler verstärkt wurde. Daneben konnten sich talentierte Spieler wie Marius Willsch oder Marco Meyerhöfer entwickeln. Das Ziel ist, innerhalb eines „Zwei-Jahres-Planes“ wieder in die Dritte Liga aufzusteigen. Nun hat er die Chance bereits im ersten Jahr.
Sportlich hatte der FCS vor allem in den Spitzenspielen so seine Probleme. Gegen die Top-Teams der Liga war man nur selten in der Lage, seine ganze Qualität abzurufen. Im Umfeld war die Saison 2014/15 geprägt von einem tiefen Zerwürfnis zwischen Anhängern und Vereinsführung.
Es geht um Stimmenkauf, Erpressung, Nötigung, das illegale Abhören von Telefongesprächen. Das alles soll nun in einer Mitgliederversammlung im Sommer aufgearbeitet werden. Ein Aufstieg würde sicher etwas Druck vom Kessel nehmen.
Apropos Kessel. Die „alte Schüssel“ Ludwigsparkstadion soll endlich modernisiert werden. Das städtische Stadion, in dem in den 1970er Jahren der FC Bayern München mit 6:1 besiegt wurde, soll endlich in ein kleines, modernes Fußballtheater umgebaut werden.
Stadt Saarbrücken und das Saarland kommen für die Kosten auf. Der FCS ist Hauptmieter. Damit werden auch die Vermarktungsmöglichkeiten deutlich verbessert. Dort, wo jetzt die Laubbläser brüllen, sollen demnächst Bagger rollen. Für eine bessere Zukunft des Traditionsvereins 1. FC Saarbrücken – wenn möglich in der Dritten Liga.