Während sich auf der Platte der s.Oliver Arena die U15-Fußballer des FC St. Pauli mit dem Nachwuchs von Union Berlin duellieren, bereitet sich hinter der Bande die englische Fraktion der Wolverhampton Wanderers auf ihr Achtelfinale vor. Gegner: der Hamburger SV. Ziel: der Sieg – um in das Viertelfinale des vom FC Würzburger Kickers ausgerichteten 18. internationalen Hallenfußballturniers einzuziehen.
"Fourty-three! Come on!" Nigel Agboola und Mason Rees jagen dem Ball hinterher, doch ihre Mitspieler machen es den beiden nicht leicht – und zählen die Kontakte. 43, dann kassiert Nigel einen Beinschuss. Der Kreis johlt, die Nachwuchskicker in der Mitte schlagen die Hände über dem Kopf zusammen, ihr Trainer Wesley Hughes lächelt. "They love being here", sagt der 41-Jährige – die Jugendlichen lieben es, hier zu sein. Hughes starker britischer Akzent lässt sein "love" eher wie "luv" klingen, doch der feixende Haufen vor ihm macht seine Aussage eindeutig.
Knapper Sieg im Achtelfinale
Zu lachen gibt es in den zwölf Minuten gegen den HSV wenig, der Nachwuchs des Klubs aus der Premier League tut sich schwer. Erst das späte Tor von Temple Ojinnaka rettet die "Wolves" ins Neunmeterschießen. Ty Barnett verwandelt den entscheidenden Versuch, sichert Wolverhampton so den Einzug in das Viertelfinale. Geschmeidiges Siegertänzchen, abklatschen, Schluck aus der Trinkflasche, rein in die Trainingsjacke – die Jungs sind auf dem Weg zum Fußballprofi, den stilechten Abgang nach einem Sieg haben sie längst im Repertoire.
Was verschlägt das U15-Team eines Premier-League-Klubs, das sich in der Heimat abgekoppelt vom Ligenbetrieb mit den Auswahlen anderer Nachwuchsakademien misst, für ein Hallenturnier nach Würzburg? "Wir wollen die Jungs in neue Situationen werfen", sagt Hughes. "Für sie ist alles unbekannt: das Land, die Stadt, die Gegner, das Spielfeld, die Regeln. Hallenfußball gibt es in dieser Form in England nicht." Entrissen aus ihrer Komfortzone will der Trainer neue Erkenntnisse gewinnen. Sehen, wie sich der Nachwuchs auf und neben dem Platz verhält.
Videoanalyse und GPS-Tracking
Wie sich seine Mannschaft auf dem Würzburger Hallenboden anstellt, ist gut dokumentiert. "Wir haben die Jungs mit einem GPS-Tracker ausgestattet und werten Laufwerte und -wege aus", sagt Jessica Fay. Deutlich beliebter als die Daten auf dem Tablet der Sportwissenschaftlerin sind bei den Spielern jedoch die Aufzeichnung der Partien, die Videoanalyst Tate James mitschneidet. "Besonders nach guten Aktionen kommen sie sofort zu mir und wollen es noch einmal sehen", sagt James. So kauern auch auf der Tribüne der s.Oliver Arena neun Spieler um ein Tablet, um den Auftritt gegen den HSV zu analysieren.
Für die U15-Fußballer ist alles neu, für Trainer Hughes ist Würzburg nicht ganz unbekannt. Bereits im Dezember war er in der Stadt, um die Arena, das Hotel und das Essen auf Tauglichkeit zu überprüfen. Man müsse eben das Protokoll der Akademie befolgen, meint er schulterzuckend und kaugummikauend. "Everything was fine", alles in Ordnung.
Es sind Nachwuchsspieler von Vereinen mit großen Namen, die sich in der s.Oliver Arena die Umkleiden teilen. Dass unter anderen Mannschaften wie RB Leipzig, Slavia Prag, Austria Wien und FC Augsburg vertreten sind, mache die Veranstaltung laut Hughes sicher noch attraktiver. Ausschlaggebend sei jedoch gewesen, dass der Londoner Klub FC Fulham bereits teilgenommen hatte – und wieder mit von der Partie war. "Fulham macht gute Nachwuchsarbeit und ist in England hoch angesehen. Wenn sie hier erneut teilnehmen, spricht das für das Turnier", sagt Hughes.
Aus im Viertelfinale
Für Wolverhampton ist im Viertelfinale Schluss. Austria Wien vermöbelt die Gäste von der Insel nach allen Regeln der Kunst, beim Stand von 0:4 erlöst die Sirene die jungen Engländer. Die Spieler sitzen mit hängenden Köpfen hinter der Bande auf dem Hallenboden, die Videoaufzeichnung der Partie interessiert jetzt niemanden. "Das müssen sie lernen", sagt Hughes streng. Für den Trainer ist das Turnier in Unterfranken als voller Erfolg einzuordnen. Und einige Minuten nach dem Turnier-Aus hat sich auch Ty Barnett, im Achtelfinale noch gefeierter Held, wieder berappelt: "We loved it here."
FC Augsburg - Karlsruher SC 3:1
Slavia Prag - Würzburger FV 5:1
Austria Wien - Würzburger Kickers II 9:0
RB Leipzig - SV Heidingsfeld 6:0
1. FC Kaiserslautern - FC Fulham 0:3
TSG Hoffenheim - Würzburger Kickers 1:0
FC St. Pauli - FC Union Berlin 1:0
Hamburger SV - Wolverhampton Wanderers 2:3 n.N.
Viertelfinale
FC Augsburg - TSG Hoffenheim 1:0
Slavia Prag - FC Fulham 2:0
Austria Wien - Wolverhampton Wanderers 4:0
RB Leipzig - FC St. Pauli 0:3
Halbfinale
FC Augsburg - Austria Wien 2:0
Slavia Prag - FC St. Pauli 5:6 n.N.
Finale
FC Augsburg - FC St. Pauli 4:1