
Die Kickers lassen es nicht schleifen. "Wir hatten gehofft, Ihr seid nicht so griffig in den Zweikämpfen", sagte Jenas Trainer Lukas Kwasniok nach dem 4:3-Sieg der Würzburger Drittliga-Fußballer in Thüringen. Für die Gastgeber geht es schließlich noch immer um viel. Ein Punkt trennt den FC Carl Zeiss weiterhin nur von den Abstiegsrängen, während es für die Kickers, nachdem nun auch die allerletzten Zweifel am Klassenerhalt beseitigt sind, in der Drittliga-Restsaison in erster Line um die Ehre geht. Die freilich verteidigten die Rothosen an diesem Samstag mit Kampf und Leidenschaft. Es war ein emotional aufwühlendes, ein dramatisches Fußballspiel an diesem nass-kalten Samstagnachmittag auf dem traditionsreichen Ernst-Abbe-Sportfeld. Eine Partie bei der am Ende die Emotionen hochkochten. "Am Ende ein bisschen zu viel", wie Kickers-Trainer Michael Schiele zurecht feststellte.
Zuschauer stürmen in den Innenraum
Einige Zuschauer drangen nach Schlusspfiff in den Innenraum ein, wollten den Kickers-Akteuren bei deren Schlussjubel am liebsten an die Wäsche gehen. Es gab Rangeleien mit dem Ordnungsdienst und wüste Schimpftiraden. Die Nerven bei den Anhängern der Hausherren lagen nach dem Ende ihrer bemerkenswerten Erfolgsserie blank. Sechs Spiele lang hatte Jena zuvor nicht verloren, hatte viermal in Serie gewonnen. "Es war eine besondere Motivation, diese Serie zu brechen", berichtete Kickers-Mittelfeld-Mann Patrick Sontheimer später im Kabinengang.
Um das zu schaffen hatte Schiele unter der Woche mit dem Team an der Taktik gefeilt. Nicht wie üblich mit zwei defensiven Mittelfeldspielern vor der Viererkette hatten die Kickers diesmal agiert. Stattdessen staffelte sich das Vierer-Mittelfeld in Rautenform. Ein Versuch, der "im Spiel nach vorne sehr gut geklappt hat", wie Schiele feststellte. In der Defensive aber wirkten die Kickers phasenweise doch arg verwundbar.
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Das erste Gegentor freilich entsprang eher einem Zufall. Jenas Manfred Starke wollte nämlich eigentlich flanken. Seine missglückte Hereingabe geriet aber zum Torschuss, den Kickers-Keeper Eric Verstappen, der nach einer starken Leistung gegen Fortuna Köln von Trainer Michael Schiele erneut das Vertrauen bekommen hatte, nicht mehr erreichte (6.).
Baumann mit Torvorlage und eigenem Treffer
Die Kickers lagen früh im Spiel in Rückstand und Trainer Schiele dürfte gegrübelt habe, ob seine überraschende Aufstellung nun die richtige war für diese Partie. Doch umso länger die erste Halbzeit dauerte, umso besser kamen die Kickers mit ihrem neuen Konzept zurecht. "Wir hatten das auch intensiv eingeübt", erzählte Mittelfeld-Mann Janik Bachmann. Den Hausherren glitt die Partie förmlich aus den Händen, als sich Kickers-Angreifer Dominic Baumann auf dem rechten Flügel geschickt im Zweikampf mit Dominic Volkmer durchsetzte und Simon Skarlatidis die Hereingabe zielsicher zum 1:1 verwertete (31.).
Die Hausherren, die den Kickers in der Startphase mit aggressivem Zweikampfverhalten auf dem ganzen Platz gehörig zugesetzt hatten, wirkten geschockt. Und die Rothosen nutzten diesen Moment eiskalt aus. Janik Bachmann steckte den Ball toll auf Baumann durch und der brachte die Kickers mit seinem neunten Saisontreffer in Führung (36.). "Wir haben heute nicht so viele Chancen gebraucht, um zu treffen", freute sich der starke Mittelfeldantreiber Sontheimer über die Würzburger Effektivität vor dem gegnerischen Kasten.

In der zweite Spielhälfte sollte die Partie dann aber erst richtig turbulent werden. Denn wie schon im ersten Abschnitt starteten die Hausherren aggressiv und bissig in den Zweikämpfen, jagten auf dem ganzen Spielfeld den Ball, verwickelten die Kickers ständig in Zweikämpfe und knöpften den Würzburgern so zwischenzeitlich auch die Spielkontrolle wieder ab. Zum Ausgleich führte freilich eine Slapstick-reife Abwehraktion der Rothosen: Peter Kurzweg hatte den am Boden liegenden Mitspieler Ibrahim Hajtic angeschossen, von dessen Brust wäre er Ball beinahe bereits ins Tor gefallen, Kurzweg wehrte aber zunächst noch mit dem Kopf auf der Linie ab, aber Philip Tietz drückte den Ball darauf aus kurzer Distanz zum 2:2 über die Linie (56.).
Frischer Wind von der Bank
Jena hatte wieder Oberwasser, aber Schiele noch ein paar Pfeile im Köcher. Die Kickers-Bank nämlich las sich zu Spielbeginn wie ein Auszug aus der Startaufstellung bei manch anderem Spiel: Dave Gnaase, Fabio Kaufmann und Caniggia Elva wurden eingewechselt. Orhan Ademi indes blieb über 90 Minuten draußen. Die drei Einwechselspieler sorgten dann auch gleich für frischen Wind und waren maßgeblich daran beteiligt, die Kickers auf die Siegerstraße zu bringen. Bei einer tollen Flanke von Kaufmann zeigte Elva seine klasse Kopfballtechnik und wuchtete den Bal zur 3:2-Führung über die Linie (79.). Als kurz darauf, Simon Skarlatidis das 4:2 nachlegte, bei der Entstehung stand Kaufmann im Abseits, was das Schiedsrichtergespann um Markus Wollenweber (Mönchengladbach) übersah, schien die Partie gelaufen (83.).
Doch die Hausherren kamen noch einmal zurück. Der Anschlusstreffer von Felix Brügmann ließ die Stimmung im Stadion erst so richtig hochkochen (84.). In der emotionalen Schlussphase hatten die Gastgeber Schließlich den Schiedsrichter als Schuldigen ihrer Niederlage ausgemacht. "Zu ihm will ich lieber nichts sagen", so Jenas Trainer Kwasniok. Am Ende aber war es vor allem der Kampfgeist der Kickers, an dem die Thüringer sich an diesem Nachmittag die Zähne ausbissen. Die Rothosen zeigten, dass sie keineswegs gewillt sind, an den letzten Spieltagen irgendwelche Geschenke an die Konkurrenz zu verteilen. "Wir wollen noch drei Siege bis Saisonende", stellte Kickers-Akteur Sontheimer mit spürbarem Selbstvertrauen klar. In der Liga gegen Kaiserslautern und in Lotte und natürlich im Toto-Pokal-Endspiel bei Viktoria Aschaffenburg.
Schade Herr Baumann dass Sie immer nach einem erfolgreichen Schuss aufs Tor Ihren Waschlappen zeigen müssen, nehmen Sie sich ein Beispiel an den Kollegen Elva.