Es ist die reine Freude! Wann hat ein einzelner Spieler bei den Würzburger Kickers zuletzt einen solchen Spaß bereitet wie Caniggia Elva in dieser Englischen Woche? Die endete für den 22-jährigen auf der Karibikinsel St. Lucia geborenen Kicker ganz nah bei den Fans, als Vorsänger auf dem Zaun. "Ich hatte erst ein bisschen Angst, weil mein Deutsch ein bisschen anders ist", erzählte Elva. Die Angst war völlig unbegründet, nicht nur weil Elva, der 2014 in die Jugendabteilung des VfB Stuttgart gewechselt war, schon längst gut Deutsch spricht. Er ist nach drei Startelf-Einsätze und dem 2:1-Heimsieg gegen 1860 München auf dem Weg zum Publikumsliebling, auch weil er jedes seiner Tore immer so herrlich akrobatisch mit einem Salto feiert.
Die Noten der Roten: die Kickers in der Einzelkritik
Zwei Tore und eine Vorlage stehen nach den drei Spielen in acht Tagen auf seinem Leistungsnachweis. Beeindruckende Zahlen. Es sei eben etwas anderes, wenn er vom Start weg sein Können zeigen kann, als wenn er eingewechselt werde, sagte Elva: "Da hat man ein ganz anderes Vertrauen. Das ist einfach besser." Da spielte es auch keine Rolle, dass er in ungewohnter Rolle im linken Mittelfeld seine Chance bekommen hatte. Er hat sie genutzt und stellt Trainer Michael Schiele nun vor das Problem, wo er den Spaßmacher ("Beim Feiern bin ich unter den Top-Drei") in Zukunft, da Skarlatidis sich mit einem Kurzweinsatz wieder fit meldete, hinstellen soll. Ein Luxusproblem.
Am Ende stand Elvas breites Lachen stellvertretend für die Stimmung bei den Kickers. Die ärgerlichen Unentschieden in Braunschweig (2:2) und in Meppen (1:1) waren nach dieser Englischen Woche erträglich, weil ausgerechnet vor erstmals seit dem Zweitliga-Abstieg ausverkauftem Haus gegen die Münchner Löwen der "Heimfluch" (Schiele) besiegt wurde. Nur eines der fünf vorangegangen Heimspiele hatten die Rothosen gewonnen. Orhan Ademi (20.), der mit nunmehr zehn Saisontoren die interne Schützenliste inzwischen mit deutlichem Vorsprung anführt, und Elva (27.), der bei seinem Treffer - so ehrlich muss man sein - auch Glück hatte, dass er bei der Ballmitnahme nicht über den Ball stolperte, zeigten diesmal die nötige Effizienz im Torabschluss. Eine wirkliche Ausgleichschance hatte 1860 München nach Stefan Lex' Anschlusstreffer (35.) in der ganzen zweiten Halbzeit nicht.
Wer nach den Gründen für den trotz des Fehlens des gelbgesperrten Dave Gnaase souveränen Kickers-Auftritt sucht, der landet schnell bei Patrick Sontheimer, neben Elva die zweiten Rothosen-Entdeckung dieser Tage. Der seit der Winterpause von der SpVgg Greuther Fürth ausgeliehene Mittelfeldspieler war schon in Meppen herausragender Akteur. Da stellt sich schon zwangsläufig die Frage, ob's eine Möglichkeit gibt, den 20-Jährigen über die Saison hinaus im Kickers-Dress zu sehen. Mit den Fürthern sei er ohnehin im ständigen Austausch, sagt Kickers-Vorstandsvorsitzender Daniel Sauer, und dort werde man sicher am Ende der Saison auch bewerten, was für Sontheimers Entwicklung das Beste sei. Derzeit scheinen die Kickers ihm ja ganz gut zu tun.
Bei Torhüter Leon Bätge ist die Sache indes klar. Er besitzt für die neue Saison einen Vertrag bei den Kickers. Und auch der 21-Jährige durfte sich nach dem stürmisch bejubelten Erfolg ganz besonders als Sieger fühlen. Ein bisschen war es für ihn ein Spiel gegen die eigene Vorgeschichte. Als er im vergangenen Herbst schon einmal den damals am Oberschenkel verletzten Stammkeeper Patrick Drewes ersetzen musste, hatte er in einigen Partien entscheidend gepatzt. Unterm Strich stand damals nur ein Sieg in neun Spielen. Alle Zweifel wischte Bätge mit einer insgesamt unaufgeregten Leistung beiseite. "Für ihn habe ich mich sehr gefreut", sagte Kapitän Sebastian Schuppan. Bätge wird sich auch in der kommenden Woche in Großaspach beweisen können. Wie lange Drewes ausfällt, steht noch nicht fest. Die Bänderverletzung am Knöchel soll Anfang der Woche noch einmal untersucht werden, dann gäbe es Gewissheit, sagte Trainer Schiele, dessen Team mit durch den Sprung auf Platz fünf so gut dasteht wie seit dem zehnten Spieltag, dem Hinspiel bei den Löwen (1:1), nicht mehr.
Gewiss ist auch noch nicht, wo Elva in der kommenden Spielzeit auflaufen wird. Der Vertrag des Angreifers, dessen Vater elf Länderspiele für St. Lucia absolvierte, endet im Sommer. Die Kickers besitzen allerdings eine Option auf eine Verlängerung. Auf eine Weiterverpflichtung endgültig festlegen wollte sich Vorstandschef Sauer am Samstag nicht. Nach den jüngsten Auftritten deutet aber vieles darauf hin, dass die Kickers die Option ziehen werden. Darauf hatte noch vor wenigen Wochen nur wenig hingedeutet.
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