Auf dem großen Videowürfel haben sie kurz vor dem Sprungball ziemlich auf den Putz gehauen. „Bamberg ist mehr“ machten die Hausherren Reklame für sich, und sie schreckten dabei auch vor großen Worten nicht zurück: „Leidenschaft“ leuchtete auf, „Begeisterung“, ja sogar „Liebe“.
Das selbsternannte „Basketballherz Deutschlands“ schlug also schon vor Beginn der Partie recht kräftig, und dass es am Abend des Muttertags einen Infarkt erleiden würde, stand ja auch nicht zu befürchten vor dem ersten Play-off-Viertelfinale der Brose Baskets Bamberg gegen die s.Oliver Baskets Würzburg. Dass es am Ende dann mit dem 54:95 (26:48) die höchste Schlappe für die Gäste in deren Bundesligageschichte wurde, verschlug allerdings so manchem dann doch die Sprache.
Zu eindeutig waren die Rollen zugewiesen, als dass die Partie hätte spannend werden können: Der amtierende Titelträger und souveräne Hauptrundenerste ließ gegen den Aufsteiger und Achten nach der regulären Saison von Anfang an nichts anbrennen und baute seine nach zehn Sekunden Spielzeit erzwungene Führung im ersten Viertel langsam, aber sicher aus.
Nach nicht einmal acht Minuten lagen die Hausherren dann erstmals zweistellig vorne (21:9), und diesen bereits komfortablen Vorsprung schraubten sie in der Folge nur noch weiter in die Höhe, weshalb das 95:54 (26:48) auch völlig in Ordnung geht. Das sah Baskets-Geschäftsführer Steffen Liebler ähnlich: „Das war deutlich. So hatten wir uns das überhaupt nicht vorgestellt. Aber Bamberg war natürlich auch sehr gut. Nicht umsonst haben sie hier auch ZSKA Moskau geschlagen.“
Brose Baskets spielen mit Vollgas
Was sich bereits in den ersten zehn Minuten abzeichnete, zog sich durch die gesamte Partie: Es ging zwar nicht andauernd, aber immer wieder und viel zu häufig einfach viel zu flott für die Würzburger, die sich ein ums andere Mal Anschauungsunterricht in harmonischem und passgenauem, attraktivem und effektivem Team-Basketball bekamen. Weshalb die Hausherren nach gut 15 Minuten bereits mit 37:15 in Führung lagen und nicht die geringsten Anstalten machten, einen Gang zurückzuschalten.
Einen 4:0-„Lauf“ (zum 15:23) der Gäste konterten die Hausherren mit einem 14:0. Hätten die Baskets in der ersten Hälfte sich nicht auf ihre Freiwürfe verlassen können (elf von zwölf fanden den Weg durchs Netz), wären sie auch mit einem noch größeren als dem 22-Punkte-Rückstand zum Verschnaufen gegangen. Natürlich durfte niemand erwarten, dass die Baskets – bei denen allenfalls Lamonte Ulmer dem körperbetonten Spiel der Bamberger etwas entgegenzusetzen hatte - eine reelle Chance haben würden gegen den Titelverteidiger, der selbst an einem schlechten Tag für die Würzburger weiterhin als unschlagbar gelten darf (alle nun neun Frankenderbys in der Bundesliga gewann der Klub aus dem Erzbistum).
Negative Körpersprache einiger Baskets-Akteure
Dass Spradleys Mannschaft aber derart den Hintern versohlt bekommen würde, darf schon als einigermaßen ernüchternd gelten. Dementsprechend unzufrieden war der Trainer auch, vor allem mit der Einstellung seiner Mannen, deren Motivation sicher nicht Play-off-tauglich war. „Heute gibt es nicht viel zu sagen. Ich bin mit dem Auftritt einiger Leistungsträger überhaupt nicht zufrieden“, sagte Spradley, der vor allem mit der negativen Körpersprache einiger seiner Akteure haderte.
Die Lehrstunde am Sonntagabend mündete auch in der höchsten Niederlage, die sich die Baskets jemals in der Bundesliga erlaubten. Bislang war dies die Schlappe am 2. März 2014, dem Jahr, als sie dann abstiegen, beim 66:104 – gleichfalls in Bamberg. Diesmal waren’s 41 Zähler Differenz. „Ich habe kein Problem damit, mit 20 oder 30 Punkten Unterschied zu verlieren, aber ich erwarte zumindest, dass wir kämpfen.“ Man braucht nicht allzu tief in die Glaskugel zu blicken, um davon überzeugt zu sein, dass es also vorerst bei der einen Halbfinalteilnahme der Baskets bleiben wird.
2012 hatten die Würzburger im Viertelfinale auch einen haushohen Favoriten vor der Brust, sie kegelten Berlin sensationsgleich aus dem Viertelfinale. Ähnliches wird in den beiden noch ausstehenden Play-off-Partien (am Donnerstag zu Hause, am nächsten Sonntag erneut in Bamberg) nicht geschehen. Was Hoffnung macht für die zweite Partie? „Vielleicht gibt es in Bamberg bis dahin ja eine Lebensmittelvergiftung“, sagte Spradley und lachte das vermutlich einzige Mal an diesem für die Baskets ansonsten reichlich humorfreien Abend.