TG Heidingsfeld – HSG Lauf/Heroldsberg
(Samstag, 25. November 2017, 19.30 Uhr, Sportzentrum Jahnwiese)
Wenn die Handballer der TG Heidingsfeld (3./15:5) am Samstag Tabellenführer HSG Lauf/Heroldsberg (1./18:2) zum Spitzenspiel in der Landesliga empfangen, dann wird wieder der Mann an der Seitenlinie stehen, mit dem die Bullen seit sechs Partien ungeschlagen sind. Vielleicht ein letztes Mal, vielleicht auch nicht. Ein Mann wie ein Baum. 1,87 Meter groß. 73 Jahre alt. Ein bekannter Name nicht nur im Hätzfelder, sondern im deutschen Handball. Artur Lichtlein.
Als Manfred Wirth Mitte Oktober nach nur vier Spielen mit zwei Auswärtsniederlagen als TGH-Trainer zurücktrat, bat Bullen-Manager Alexander Seelig das Urgestein: „Artur, hilf!“ Lichtleins Frau Ute, mit der er seit 51 Jahren verheiratet ist, riet ihrem Mann: „Artur, mach das!“ Und der beschloss daraufhin, so erzählt er es bei einem Café in einer Bäckerei im „Städtle“: „Ich kann den Verein in der Not nicht im Stich lassen.“ Obwohl er familiär genug zu tun hat, mit der Pflege seiner Mutter und mit fünf Enkeln. Aber der Heimatverein ist ja auch fast wie Familie. Zumal, wenn man seit fast sechs Jahrzehnten dazugehört.
Kommt Heiko Karrer?
Also half Lichtlein. Als Feuerwehrmann. „Aber wirklich nur, bis ein neuer Trainer da ist!“, betont er. Vielleicht sei das ja schon nächste Woche der Fall. „Ideal wäre es, denn nach dem Spitzenspiel haben wir drei Wochen Pause.“ Der Name Heiko Karrer geistert schon länger herum, seit dessen gerichtlichem Vergleich nach der Freistellung bei seinem Ex-Verein TV Großwallstadt gilt er als Wunschkandidat.
Bisher sind die Bullen mit Lichtlein aber bestens beraten. Tatsächlich sieht sich der 73-Jährige, der zuvor bloß die Torhüter trainierte, vor allem als „Berater“. „Eigentlich sind wir ein Dreigestirn“, sagt er: Co-Spielertrainer und Torwart Matyas Varga, der unlängst die B-Lizenz erworben hat und für die Videoanalyse zuständig ist, Defensivchef Julian Bötsch und er. „In die Abwehr haben wir viel Arbeit gesteckt, aus dem Angriff halte ich mich eher raus. Da gibt es heute moderne Systeme, ich habe von früher noch eine andere Philosophie.“
Von früher, da hat Artur Lichtlein auch viel zu erzählen. Von seiner Zeit beim TV Großwallstadt, mit dem er dreimal um die deutsche Meisterschaft auf dem Großfeld spielte, in der ersten Feldhandball-Saison 1967 den Vizetitel und in der letzten 1973 den Titel holte – „sportlich schon das schönste Erlebnis“. Von packenden Duellen gegen Grün-Weiß Dankersen oder den VfL Gummersbach mit Heiner Brand. Draußen hütete Lichtlein damals das Tor, zusammen mit Manfred Hofmann; in der Halle war er der Spielmacher im Rückraum Mitte. „Wäre Manfred was passiert, wäre ich halt wieder zwischen die Pfosten.“ So war das damals, heute ist es unvorstellbar.
Junior Carsten eiferte Senior Lichtlein nach
1973 kehrte der gelernte Industrie- und Bankkaufmann wieder nach Heidingsfeld zurück, wo er erst als Spielertrainer fungierte, später nur noch als Coach. Als solcher nahm er auch Sohn Carsten unter seine Fittiche, neben zwei Töchtern (49 und 50) das jüngste seiner drei Handballkinder. Und als Bundesliga- und Nationaltorwart, Welt- und Europameister, der sportlich Erfolgreichste der Lichtleins. „Carsten wollte als Jugendlicher dem Vater im Tor nacheifern und auch mal in Großwallstadt spielen."
Also nutzte der Senior für den Junior seine Kontakte. Bis heute – Carsten ist inzwischen 37 und in Gummersbach unter Vertrag – ist er mit die wichtigste Bezugsperson für ihn. „Wir haben ein Traumverhältnis“, sagt Artur Lichtlein.
Carsten, Pate der Hätzfelder Bullen, wird auch irgendwann heimkehren, in welcher Funktion auch immer. Dann würde die Mannschaft, die aktuell den besten Angriff und die zweitbeste Abwehr der Landesliga stellt, gerne eine Klasse höher spielen – mindestens. Um dem Aufstieg einen großen Schritt näher zu kommen, braucht es einen Sieg gegen den Tabellenführer. Zu Hause hat die TGH bisher alle Partien gewonnen – und zwar alle mit jeweils zehn bis 22 Toren Differenz. „Ich hoffe, dass ich den Buben das Selbstvertrauen gestärkt habe, dass sie auch Lauf/Heroldsberg packen können. Manchmal hab ich den Eindruck, die wissen gar nicht, wie gut sie sein können. Aber wenn sie nicht gut wären, dann wäre ich es doch auch nicht mit ihnen.“