Der Auftritt von Diana Loichinger bei den bayerischen Meisterschaften der Elite-Boxer in Würzburg wird den Anwesenden wohl ein Leben lang in Erinnerung bleiben. Dass sich die Athletin, die aus Wenzenbach bei Regensburg kommt, am Sonntag im Friedrich-König-Gymnasium ihren x-ten bayerischen Titel holte, geriet zur Nebensache. Außergewöhnlicher war, dass sie überhaupt den Ring bestiegen hatte. Dort wurde sie nicht nur zur bayerische Meisterin, sondern avancierte zur Königin der Herzen.
Mehreren Zuschauerinnen und Zuschauern liefen die Tränen übers Gesicht, als Loichinger nach dem Schlussgong auf die Knie sank und minutenlang hemmungslos weinte. Selbst gestandene Rocker waren ergriffen und schauten zu der zierlichen, 1,62 Meter kleinen Boxerin auf. Alle in der Halle erhoben sich wie auf Befehl, um Loichinger ihren Respekt zu zollen, und Landessportwart Franz-Josef Santl bat zu einer Gedenkminute für den verstorbenen Box-Trainer und Oberpfälzer Bezirksjugendwart, Armin Kerschner.
Sein überraschender Tod vor nicht einmal zwei Wochen war es nämlich, der die ambitionierte Boxerin so aus der Fassung gebracht hatte. Am 5. Oktober war der 65-jährige Kerschner im Training zusammengebrochen und in Loichingers Armen an den Folgen eines geplatzten Aneurysma gestorben. "Ich habe ihn noch reanimiert, aber ich konnte ihn nicht mehr retten", schilderte die Boxerin am Sonntag das schlimme Erlebnis, das für sie härter war als alle ihren gefangenen Treffer und Niederlagen im Boxring: "Er hat mich zum Boxen gebracht, war zwölf Jahre mein Trainer, Freund und eine Art Vater."
In Würzburg musste sie zum ersten Mal in ihrer Laufbahn einen Kampf ohne ihn bestreiten. "Ich wusste, dass das nicht einfach wird", sagte die 32-Jährige im Gespräch mit dieser Redaktion. "Der Verein ist eine Familie für mich. Alle haben mich mit Zuspruch aufgebaut, und ich habe heute für Armin geboxt, der gefühlt bei mir war. Ich glaube, dass ich zur deutschen Meisterschaft fahre, das würde dem Armin droben im Himmel gefallen", erklärte die Altenpflegerin. Von 2017 bis 2020 gehörte Loichinger dem Nationalkader an, holte auf nationaler Ebene bisher zweimal den Titel und neun Silbermedaillen.
Sportlich nicht ganz rund lief es für die Lokalmatadoren. Mittelgewichtsboxer Wycisk Jefferson, der für die Würzburger Kickers antrat, verlor im Halbfinale gegen Daniel Filipovic vom MTV Müchnen deutlich. Er wurde schon in der ersten Runde zweimal angezählt, nach halber Kampfzeit warf sein Trainer Ramush Tahiraj das Handtuch. Richard Hartmann vom Boxteam Tommy sah sich im einzigen Superschwergewichtskampf dem Ingolstädter Haris Habibovic gegenüber. "Richard hat eine starke Leistung geboten", urteilte sein Coach Tommy Schult, obwohl sein Schützling mit einer blutigen Nase gezeichnet war. Hartmann, der einstige Kickboxer, boxte ordentlich, aber in punkto Schnelligkeit und Treffsicherheit war der Ingolstädter überlegen, Hartmann durfte sich mit dem Titel des bayerischen Vizemeisters trösten.
Erfreulich aus unterfränkischer Sicht: Die Bad Kissinger Boxer Mohammad Shadab (bis 75 kg) und Kai Friedensohn (bis 86 kg) holten jeweils die Titel in ihren Gewichtsklassen.