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WÜRZBURG
Ein nimmermüder Sportler
Carolin Münzel
 |  aktualisiert: 02.04.2019 12:35 Uhr

Wer Hubert Scheuer an diesem tristen Oktobertag vor der Feggrube in Würzburg stehen sieht, würde nie im Leben darauf kommen, dass er einen 80-Jährigen vor sich hat. Der Gang aufrecht, die gebräunte Haut nur von wenigen Falten durchzogen, die blauen Augen vor Begeisterung blitzend. Und doch hat der pensionierte Frauenarzt erst vor wenigen Wochen bei den „World Masters Athletics Championchips“ – den Seniorenweltmeisterschaften – in Malaga den neunten Platz belegt. Mit ihm gingen im Wurf-Fünfkampf (Diskuswerfen, Speerwerfen, Hammerwerfen, Kugelstoßen, Gewichtwerfen) rund 40 andere Teilnehmer an den Start. Insgesamt nahmen laut Meldeliste 8206 Sportler aus über 1000 Ländern an den Wettkämpfen in Spanien teil.

Mit dem neunten Platz zufrieden

„Ich bin ein Glückspilz, weil mir gesundheitlich nichts fehlt, und dankbar, dass ich an der WM teilnehmen konnte“, sagt der gebürtige Hamburger, der durch das Medizinstudium nach Würzburg kam und sich in die Stadt verliebt hat. Mit ihm kämpften Europa- und Weltmeister sowie Olympiasieger um die Medaillen, sodass er am Ende mit dem neunten Platz – den er trotz Erkältung geholt hat – sehr zufrieden war.

„Wenn ich einen sehr, sehr guten Tag erwischt hätte, hätte ich vielleicht Siebter werden können. Für mehr hätte es aber auf keinen Fall gereicht“, ist sich Scheuer sicher. Sein Trainer Harry Büttner hätte ihm hingegen sogar Rang fünf oder sechs zugetraut: „Hubi ist ein Riesentalent, aber er tanzt auf zu vielen Hochzeiten gleichzeitig.“

Eine Aussage, die dem, Seniorensportler ein gut gelauntes Lachen entlockt. Tatsächlich ist er fast täglich unterwegs, um Sport zu treiben. Einmal die Woche rudert er mit einer Seniorengruppe, die sich aus Mitgliedern des WRVB und ARCW zusammensetzt („Der Knatsch in den Vereinen ist bei uns kein Thema“), zwei Mal die Woche geht er zum Krafttraining, außerdem wandert er regelmäßig, ist Mitglied einer Kegelgesellschaft und trainiert jeden Mittwoch auf dem Sanderrasen für das Sportabzeichen, das er einmal im Jahr ablegt. Da bleibt eben nur einmal in der Woche Zeit, um mit Trainer Harry an den Wurftechniken zu feilen.

Zwar betreibt Scheuer selbst Leistungssport, Werbung machen will er aber für den Seniorensport generell. „Ich finde es ganz schlimm, wenn die alten Leute sich gar nicht mehr bewegen, nur auf der Couch vorm Fernseher liegen und Chips essen“, sagt er. Alter sei keine Krankheit, sondern ein biologischer Vorgang, der nicht zwangsläufig mit Abstieg und Unbeweglichkeit verbunden sein müsse: „Man muss nur eine neue Einstellung zum Alter finden, nämlich die, dass man zum Wohlbefinden durch eigenes Verhalten beitragen kann.“

Scheuer macht darauf aufmerksam, dass Sportbegeisterte sich jederzeit mittwochs beim Leichtathletiktraining auf dem Sanderrasen anschließen könnten. Auch eine Schwimm-Gruppe trifft sich dort regelmäßig, um im nahe liegenden Schwimmbad Bahnen zu ziehen. Außerdem gibt es bei der TGW seit zehn Jahren eine Art Seniorengruppe, die regelmäßig gemeinsam Sport treibt, und die Trainer Harry Büttner und seine Frau ins Leben gerufen haben. „Dabei geht es darum, sich ein wenig zu bewegen und fit zu bleiben“, erklärt Büttner.

Präventionssport für Senioren will die TGW künftig in Zusammenarbeit mit der Sportwissenschaftlerin Stefanie Rödig anbieten. „Als großer Sportverein geht es uns darum, ein möglichst breites Angebot aufzustellen“, sagt Raimund Schäfer, der hauptamtlicher Geschäftsführer der rund 2400 Mitglieder starken Turngemeinde ist. Fünf Kurse soll es geben, drei unter dem Titel „Fit im Alter“, ein präventives Angebot mit dem Namen „Standhaft und stabil“ sowie ein geführtes Krafttraining. Für die Teilnahme gibt es keine Altersgrenze. „Wir definieren das über den Fitnesszustand. Da muss sich jeder selbst einordnen“, sagt Schäfer, der nach eigenen Angaben auch schon in Kontakt mit dem Seniorenbeirat der Stadt Würzburg stand.

Alter heißt nicht Unvermögen

Ob im Leistungsbereich oder einfach nur als Hobby. Für Scheuer ist wichtig, dass sich Menschen bewegen, dass sie zeigen, dass Alter nicht automatisch mit Gebrechlichkeit und Unvermögen einhergeht. Selbstverständlich aber muss man sich auch damit konfrontieren, dass die Leistungsfähigkeit schwindet. Ein Tatsache, die der 80-Jährige mit Humor nimmt. Er verweist auf ein T-Shirt, dass er gerne trägt, und auf dem steht: „Je älter ich werde, desto besser bin ich früher einmal gewesen.“

 
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