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Skispringen
Ein Duo mit Leidenschaft
Sven Hannawald und Matthias Bielek: Der legendäre Tourneesieger von 2002 und der Reporter aus Unterfranken kommentieren für Eurosport die Springen. Ein Gespräch über Wagnis, Reiz und Verzicht.
Sie harmonieren gut: Skisprung-Legende Sven Hannawald (rechts) und der aus Unterfranken stammende Reporter Matthias Bielek, die für den TV-Sender Eurosport die Springen des Winters 2016/2017 kommentieren werden.
Foto: Eurosport | Sie harmonieren gut: Skisprung-Legende Sven Hannawald (rechts) und der aus Unterfranken stammende Reporter Matthias Bielek, die für den TV-Sender Eurosport die Springen des Winters 2016/2017 kommentieren werden.
Klaus Gimmler
 |  aktualisiert: 04.01.2017 03:34 Uhr

Mit Matthias „Matze“ Bielek kommentiert ein Unterfranke seit dieser Wintersaison die Skispringen auf Eurosport. Der Partner und Experte an seiner Seite ist die Skisprunglegende Sven Hannawald. Wir sprachen in Oberstdorf kurz vor dem ersten Springen der Vierschanzentournee mit beiden über ihre neue Aufgabe, über den 17-jährigen Tourneefavoriten Domen Prevc und natürlich über den legendären Tourneesieg von Hannawald im Winter 2001/2002.

Frage: Herr Bielek, wissen Sie heute noch, wo Sie waren, als Sven Hannawald die Vierschanzentournee in Bischofshofen mit vier Siegen gewonnen hat?

Matthias Bielek: Ja natürlich. Zuhause mit meinem Vater vor dem Fernseher, ich bin abgegangen wie ein Zäpfchen.

Ich habe nachgerechnet. Sie waren damals gerade mal 18. Jetzt steht die Skisprunglegende als Experte an Ihrer Seite.

Bielek: Ja, am Anfang war das irgendwie unwirklich für mich. Sven ist ein super angenehmer Mensch. Damals hatte ich sogar ein Interview für Radio Gong im Kaufhaus Wöhrl in Würzburg mit ihm gemacht. Ich war wahninnig stolz. Aber Sven, Du wirst Dich daran nicht mehr erinnern.

Sven Hannawald: Nein, tatsächlich, ich hatte so viele Interviews damals. Das war ein Kaufhaus, sagst Du. Nein, ich erinnere mich nicht.

Herr Bielek, Sie stammen aus Dettelbach. Das ist jetzt nicht gerade ein bedeutender Wintersportort. Woher kommt Ihr Interesse oder Ihre Leidenschaft fürs Skispringen?

Bielek: Ich war schon immer ein begeisterter Skifahrer und habe auch im Fernsehen mit Begeisterung Wintersport verfolgt.

Sind Sie selbst einmal von einer Schanze gesprungen? Es gibt auch kleine für den Nachwuchs. Würden Sie da einen Sprung wagen?

Bielek: Bisher habe ich es nicht gemacht. Es würde mich aber schon reizen.

Hannawald: Wir haben schon miteinander geflunkert. Es wäre ein interessantes Experiment, wie weit man einen Erwachsenen bringen kann, der vorher noch von keiner Schanze gesprungen ist. Ich würde Dich dabei unterstützen.

Bielek (lacht): Ja, verrückt genug wäre ich.

Herr Bielek, Sie sind jetzt Kommentator bei Eurosport fürs Skispringen. Müssen Sie Expertenwissen haben?

Bielek: Natürlich muss ich mich auskennen. Als Experte habe ich aber eben Sven an meiner Seite. Er ist einer der Besten dieser Sportart. Wenn er die Sprünge mit seinem Blick fürs Detail bewertet, lerne ich auch noch ständig dazu. Ich selbst bin erst einmal für die Geschichten drumherum verantwortlich, ich will das Event emotionalisieren und in die Wohnzimmer transportieren.

Verfolgt man Ihren Facebook-Auftritt, dann sieht man Sie in bester Stimmung auch mit Andreas Goldberger, der für ORF das Springen kommentiert. Man könnte meinen, Ihre Arbeit hier im Tross ist ein reines Vergnügen.

Bielek: Ich habe mich hier in der Springerszene gleich mega wohlgefühlt. Das ist wirklich eine große Familie. Der Umgang mit Journalisten ist hier auch sehr angenehm, das habe ich in meiner Zeit als Reporter bei Sky im Fußballgeschäft auch schon mal anders erlebt.

Sie waren auch Hallensprecher der Würzburger Baskets. Wie unterscheidet sich nun Ihre Arbeit?

Bielek: Das kann man nicht vergleichen. Hallensprecher war mein Hobby, das habe ich nur aus Leidenschaft gemacht, aber zeitlich geht das jetzt leider nicht mehr. Sportreporter ist mein Beruf, den ich aber auch mit viel Leidenschaft und gerne mache.

Herr Hannawald, was haben Sie für eine Erinnerung an Ihren größten Erfolg? War der Sieg der Vierschanzentournee 2002 der sportliche Höhepunkt Ihres Lebens?

Hannawald: Ja, aber das wäre er auch gewesen, wenn ich die Tournee ohne Rekord gewonnen hätte. Der Sieg der Tournee – das war mein größtes Ziel, schon als ich klein war. Dass es mir mit vier Siegen gelungen ist, umso schöner.

Sie hatten damals immer die Qualifikation ausgelassen. War das nicht ein Wagnis?

Hannawald: Das war nie geplant. Ich habe das von Schanze zu Schanze entschieden. Nach den Probesprüngen hatte ich das Gefühl, es passt. Es war schon ein gewisses Wagnis. Misslingt dir der erste Wertungssprung, da geht es ja Mann gegen Mann, dann ist der Tourneesieg verloren.

Es gibt ja noch die Lucky Loser . . .

Hannawald: Ja, aber wenn Du auch nicht in die Wertung kommst, bist du draußen.

Freuen Sie sich eigentlich, dass es bisher noch niemand geschafft hat, Ihnen dies nachzumachen?

Hannawald: Mit jeder Tournee, in der es nicht gelingt, habe ich den Rekord alleine ein Jahr länger. Janne Ahonen war schon nah dran. Ich werde der Erste sein, der dem gratuliert, der viermal siegt.

Das könnte in diesem Jahr Domen Prevc sein, der Bruder des letzten Tourneesiegers Peter Prevc. Er wird als Favorit für die Tournee gehandelt. Was macht diesen 17-Jährigen so außergewöhnlich?

Hannawald: Er hat eine unglaubliche Beweglichkeit in seinem Fußgelenk. Dadurch gelingt es ihm, seine Sprungski noch näher an sich heranzuziehen und diese zu stabilisieren. Dies lässt seinen Stil so aggressiv wirken. Das sieht man schon in der Anlaufspur. Es ist in gewisser Weise ein Quantensprung.

Bielek: Von ihm wurde schon 2012 gesagt, dass da ein Juwel heranreift.

Nur mal rein hypothetisch. Herr Hannawald, wenn Sie jetzt noch mal dürften, würden Sie sich einen Sprung von der Großschanze zutrauen?

Hannawald: Was hätte ich davon? Es gibt drei Dinge, die dagegen sprechen. Mein Gewicht, der Fitnesszustand und mein Alter. Skisprung ist nicht so wie im Fußball oder Tennis, wo man die erlernte Schusstechnik oder das Ballgefühl auch untrainiert abrufen kann. Ich würde verzichten.

Sie haben schon einiges ausprobiert - unter anderem sind Sie Motorsport gefahren. Haben Sie jetzt als Experte bei Eurosport Ihre Erfüllung gefunden?

Hannawald: Der Motorsport ist vergleichbar mit dem Skispringen, was den Adrenalinausstoß betrifft. Aber ich freue mich, an die Schanzen zurückkehren zu dürfen. Ich war in der Vergangenheit immer wieder als Zuschauer dabei. Froh bin ich auch, mit Matze als Kommentator meinen Wunschpartner gefunden zu haben.

Wie haben Sie sich gefunden?

Bielek: Wir haben uns während unserer gemeinsamen Zeit bei Sky kennengelernt. Haben danach auch privat immer wieder Kontakt gehabt – unter anderem beim Golfspielen. Schön, dass es jetzt so geklappt hat. Mit im Team ist auch Martin Schmitt. Er wird uns als Experte im Auslauf bei den Großveranstaltungen unterstützen.

Sie lösen bei Eurosport das Duo Thiele/Siegmund ab, das auch eine Fangemeinde hatte. Ist das belastend?

Hannawald: Eurosport hatte einen Wechsel beschlossen, erst danach ist der Sender an uns herangetreten. Wir wollen versuchen, durch gute Arbeit zu überzeugen.

Die Vierschanzentournee endet in Bischofshofen, wer wird gewinnen?

Hannawald: Domen Prevc sagen ja alle. Ich tippe aber auf Daniel-Andre Tande vor Prevc und Kamil Stoch.

Bielek: Ich wette auf Prevc vor Tande und Michael Hayböck.

Und was machen die Deutschen? Wer wird Bester?

Hannawald: Bester Deutscher wird Markus Eisenbichler, aber Severin Freund ist nicht abzuschreiben.

Bielek: Ich glaube auch an Eisenbichler, aber Freund hat zum Saisonstart mit seinem Sieg in Kuusamo gezeigt, dass er auch ganz vorne mitspringen kann.

Das Kommentatoren-Duo bei Eurosport

Sven Hannawald wurde am 9. November 1974 als Sven Pöhler im sächsischen Erlabrunn geboren. Er feierte 18 Weltcupsiege, wurde zweimal Skiflug-Weltmeister, gewann 2001 die WM-Titel im Einzel- und Team-Wettbewerb und 2002 Olympia-Gold mit der Mannschaft. Sein nach eigener Ansicht größter Erfolg war der Grand Slam bei der Vierschanzentournee 2001/02, als er als bislang einziger Sportler alle vier Springen gewann. 2002 wurde er von den deutschen Sportjournalisten auch zum „Sportler des Jahres“ gewählt. Nach einem Burnout beendete er 2005 seine Karriere. Matthias „Matze“ Bielek wurde am 14. Dezember 1981 in Würzburg geboren. Seine Fernseh-Karriere startete der frühere Radiomoderator 2011 beim TV-Sender Sky Sport News HD. Dort arbeitete er zunächst als Redakteur, später als Reporter des Senders und berichtete hauptsächlich über die aktuellen Entwicklungen in den Themenfeldern Fußball, Basketball und Wintersport. Seit der Wintersaison 2016/17 kommentiert der frühere Hallensprecher bei den s.Oliver Baskets Würzburg zusammen mit Sven Hannawald die Skisprung-Übertragungen bei Eurosport. dpa/sgs
 
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