Fehlende Identität gilt in der Fußball-Fachwelt als Makel. Wofür steht ein Verein? Nach welcher Maßgabe handeln die Verantwortlichen? Beim Fußball-Kreisligisten ETSV Würzburg müssen sie sich vor solchen Fragen nicht verstecken. Sie wissen, wofür ihr Klub stehen soll und verfolgen deshalb einen festen Plan. Daniel Wegmann, stellvertretender Abteilungsleiter der Fußballer, bringt es auf den Punkt: "Wir sehen uns als Dorfverein in der Stadt."
Der 29-Jährige führt seine Aussage noch genauer aus: "Unser größtes Gut ist der Zusammenhalt von erster und zweiter Mannschaft. Die Spieler sollen sich bei uns wohlfühlen, dazu gehört auch ein Bierchen nach dem Match." Dieses hehre Gut zu pflegen, dazu passt auch das jährliche "ETSV-Oktoberfest" – sofern Corona keinen Strich durch die Rechnung macht.
Feste, Zusammenhalt und ein Sportgelände in günstiger Lage
Am 2. Oktober vergangenen Jahres führten laut Wegmann mehrere Gründe zu einem "überragenden Zuspruch und Erfolg", einer davon war wohl, dass zuvor das Würzburger "Straßenbahnderby" zwischen ETSV Würzburg und SV Heidingsfeld stattfand. Zudem lockten gelockerte Corona-Auflagen und "Kaiserwetter" im Frühherbst viele Gäste an. "Wir wollen auf Sicht auch wieder Veranstaltungen im Vereinsheim organisieren. Solche Events haben schon einige potenzielle Neuzugänge überzeugt", freut sich Wegmann über die Einnahmen und einen Imagegewinn.
Feste und Zusammenhalt seien aber nicht die einzigen Trümpfe, welche die Eisenbahner bei Gesprächen mit neuen Spielern in der Hand hielten. Das Vereinsgelände in der Mergentheimer Straße mit besagter "Straba"-Haltestelle vor der Tür sei gerade für Studenten ein schlagkräftiges Argument. Sie kämen selbst aus anderen Stadtteilen innerhalb weniger Minuten dort an.
In Kombination mit den sportlichen Aussichten sagt Wegmann: "Von den ohnehin nur drei Würzburger Kreisligisten liegen wir am zentralsten. Uns erreichen deshalb immer wieder Anfragen von interessierten Spielern, die den Sprung in diese Liga wagen wollen. Falls es für sie nicht reicht, bieten wir ihnen mit unserer A-Klassen-Mannschaft eine weitere Option."
ETSV-Fußballer mit der besten Platzierung seit 22 Jahren
Fußball-Abteilungsleiter Sercan Acan, sein Stellvertreter Daniel Wegmann und Sportleiter Stefan Kunze haben für beide Mannschaften bereits Planungssicherheit. Der aktuell Tabellendritte wird auch in der nächsten Runde wieder in der Kreisliga antreten. Mit dem früheren ETSV-Spieler Gerald Spahmann als Nachfolger von Pascal Bauer haben sie auch schon einen neuen Trainer gefunden.
"Der Verein hat Pascal unheimlich viel zu verdanken. Er übergibt ein funktionierendes Team. Wir erreichen wohl die beste Platzierung seit 22 Jahren. Den dritten Platz wollen wir bis zum Saisonende verteidigen und Pascal einen gebührenden Abschied bereiten", sagt Wegmann.
Bauers dann zweite Amtszeit endet in der Kreisliga, wohin er sie 2017 geführt hatte. Um die Jahrtausendwende kickten die Eisenbahner, die es vor mehr als 50 Jahren (1967/68) sogar in die Landesliga geschafft hatten, mal kurz wieder in der Bezirksliga, stiegen aber schnell bis in die A-Klasse ab und mussten 2010 sogar eine Runde in der B-Klasse drehen.
Abgänge werde es nach dieser Kreisliga-Saison fast keine geben, höchstens durch berufliche Veränderungen oder Studienortwechsel. Ihren Fokus richten die Verantwortlichen in Zukunft insbesondere auf eine Verzahnung der Junioren mit den beiden Männermannschaften.
Bezirksliga ist kein Muss, doch würde die Entwicklung krönen
Laut Wegmann lag in den vergangenen Jahren zu viel Potenzial brach: "Unsere JFG mit dem Post-SV löste sich durch den Anschluss der Sieboldshöhe an die Kickers auf. Dadurch hatten wir zunächst keine eigene U 19 mehr. Nun sind wir bei mehreren Juniorenteams mit anderen Vereinen organisiert." Auch in diesem Sommer kämen von dort wieder ein paar Nachwuchskicker dazu.
Daniel Wegmann nennt ambitionierte Ziele: "Zusammen mit unserem neuen Trainer haben wir vereinbart, dass wir weiterhin oben mitspielen wollen. Die Bezirksliga ist zwar kein Muss, aber ein Aufstieg wäre die Krönung für unsere konstante Entwicklung."