
Beinahe wäre es nichts geworden mit dem WM-Titel. Der 12. August 1989 war ein Tag voller Hindernisse. 300 Gramm wog Griebl zu viel, als er im Hotel ankam. Es drohte die Disqualifikation. Doch er wollte nicht aufgeben. Flugs zog er sich zwei Jacken an, setzte sich in der Hoteltiefgarage ins Auto, drehte die Heizung bis zum Anschlag auf und „kochte“ so die überflüssigen Gramm noch ab. „Es kam sogar ein Passant ans Auto und fragte, ob alles in Ordnung sei“, lacht Griebl. Stunden zuvor hatte es ohnehin schon so ausgehen, als platze sein Traum. Auf der Anfahrt ereilte ihn eine Autopanne. Griebl ließ sich zum Wettkampfort quasi abschleppen. Ein Batteriekabel hatte sich gelöst.
Auch Griebls innerer Batterie schien zunächst leer zu sein. „Ich hatte gleich zwei Fehlversuche im Bankdrücken“, erinnert er sich. „Eigentlich war alles schon gelaufen, ich hatte nämlich auch zu allem Überfluss meinen zweiten Anzug vergessen, musste also mit einem fürs Bankdrücken eher ungeeigneten ran.“ Nichts schien es nach Bronze 1987 in Peru und Silber in Großbritannien 1988 mit der Steigerung auf Gold zu werden. „Dabei hatte der Hallensprecher schon angekündigt: ,Wenn der Griebl hebt, dann hören wir hinterher die deutsche Nationalhymne'.“
Es war schließlich seine ein Jahr zuvor verstorbene Mutter, die den damals 43-jährigen Griebl zum WM-Titel trieb. „Die war immer gegen den Kraftsport. Aber irgendwie habe ich sie beim dritten Versuch vor mir gesehen. Sie hat gesagt: ,Den hebst du jetzt!'“ – und plötzlich war die Hantel ganz leicht.“ Griebl holte sich WM-Gold – krönte seine überaus erfolgreiche Laufbahn, in der er es unter anderem auch auf vier deutsche, einen EM-Titel und zum Kapitän der Bundeswehr-Nationalmannschaft gebracht hat. Bis heute hält er mit 313 Kilogramm den deutschen Rekord im Bankdrücken. Im Fitness-Center des SV Würzburg 05, das Griebl leitet, pflastern Urkunden, Medaillen, Pokale und Auszeichnungen des 62-Jährigen eine ganze Wand.
Einer breiten Öffentlichkeit freilich wurde Griebl durch spektakuläre Show-Auftritte bekannt. In der ZDF-Sendung „Wetten, dass ?!“ wuchtete er ein Karussell samt Kindern in die Luft. Jahre zuvor hatte er nur mit seinen Beinen eine Trabbi in die Höhe gestemmt. Neun Einträge ins Guiness Buch der Rekorde hat er geschafft. Seine Gagen hat er stets für tumor- und leukämiekranke Kinder an der Würzburger Uni gespendet. Insgesamt über 10 000 Euro.
Den aktiven Leistungssport hat er längst hinter sich gelassen, auch wenn er nach seiner Karriere noch zwei Marathons (Berlin und Würzburg), einen Triathlon gelaufen und mit dem Rad hinauf auf den legendären Alp d'Huez gefahren ist. „Sport ist nach wie vor mein Leben, aber ich bin weg vom Eisen.“ Er sagt es ohne Wehmut. Dem Spitzensport ist er nämlich bis heute eng verbunden. Seit 1986 ist er Leiter der Fitness-Abteilung des größten deutschen Schwimmvereins, des SV Würzburg 05. Sportwissenschaftliche Bücher hat er gemeinsam mit seinem Freund, dem Sportwissenschaftler Manfred Grosser verfasst, in Zusammenarbeit mit dem Würzburger König-Ludwig-Haus bildet er angehende Orthopäden praktisch aus, trainiert seit Jahrzehnten nationale Spitzensportler vor Großereignissen wie EM, WM oder Olympischen Spielen. Von Wolfram Huhn (Olympia-Silber mit dem Ruder-Achter), Dieter Sator (Ruderweltmeister), Thorsten Weidner (Fechtweltmeister) oder Olympiateilnehmern wie Raúl de la Pe?a, Michael Ilgner, Alexander Chigir (Wasserball), Hannah Ertl (Judo) reicht die Liste bis ins Jahr 2009, in dem etwa der achtfache Langstrecken-Schwimmweltmeister Thomas Lurz oder Box-Weltmeister Alexander Frenkel zu seinen Schützlingen zählen. „Ich will mit jungen Sportlern zusammenarbeiten, mein Wissen an den Spitzensport weitergeben. Das ist jetzt meine Motivation“, sagt Griebl. „Vieles ist gerade heute Kopfsache und eine Frage des Willens.“ Wer sollte es besser wissen als er . . .