
Als nach über einstündigem Fragen und teils launischem Plaudern die rund 100 Fans geduldig um Autogramme anstanden, auf die Fotos mit ihrem Idol warteten und das Objekt der Begierde, Schalkes Bundesliga-Keeper Timo Hildebrand, seinen Namenszug ein ums andere Mal auf Autogrammkarten, Trikots oder Schals schrieb, war von den Anhängern vor allem ein Satz immer wieder mit einer doch immensen Spur des Erstaunens zu hören: „Mann, der ist ja echt total locker.“ In der Tat hatte der Keeper des Fußball-Kultklubs aus dem Pott seine Bewunderer beim Treffen der 13 Fanklubs des Bezirks 22, der von den Jahn-Wölfen '92, einem Schalke-Nürnberg-Fanklub, im Vereinseinheim des TSV Günterleben organisiert worden war, mit seiner lockeren Art schnell für sich gewonnen.
Inmitten von S04-Trikots, -Schals und –Fahnen parlierte der 34-Jährige über sein Leben, seine Erfahrungen und über eben jenen Verein, der für alle im Raum so eine Art Lebenselixier ist. Ja, Neuzugang Leon Goretzka mache einen guten Eindruck. Ja, er habe mit ihm schon geredet („Ich sitze in der Kabine neben ihm, da passiert das schnell“). Ja, er habe vor wenigen Tagen in Salzburg zum ersten Mal ein Tor aus 64 Metern kassiert („So eines kriegst du aber nur einmal in einem Torwartleben, und dann besser in einem Test als in der Liga“). Und ja, ein Sieg über den Erzrivalen Dortmund sei etwas Besonderes („Das habe ich schnell gelernt und längst verstanden“).
Schwere Tage im Ausland
Vieles wollten die Fans wissen, von ihm, der längst zum Establishment der Liga gehört, der im Ausland gespielt und Erfahrungen gesammelt hat. „Ich wollte in Portugal und Spanien Neues erleben, dass es so problematisch wird, hätte ich aber nicht gedacht“, gestand Hildebrand, der am Ende seines spanisch-portugiesischen Abenteuers gar einige Wochen ohne Verein dastand. „Die Zeit wahr lehrreich, aber nicht immer schön.“ Heute freilich sieht er sie entspannt, plaudert locker darüber. „Das Beste an Portugal war, dass dort mein Sohn gezeugt worden ist.“
Mit Hildebrand habe man in Güntersleben „das große Los“ gezogen, eröffnete Jahn-Wölfe-Chef Christian Wolf, der auch schon S04-Nationalspieler wie Heiko Westermann oder Andreas Möller an Schalke-Fantreffen in der 900 Jahre alten Gemeinde begrüßt hat („Timo war der Erste, der überpünktlich da war!“), den Nachmittag. Ob die Spieler zugeteilt würden, oder sich einen Fanklubbesuch auswählen dürfen? Es wird gelost, verriet Hildebrand und grinste: „Und manche versuchen, danach auch zu tauschen.“ Was er nicht verriet: „Mit ihm wollte keiner tauschen.“ 600 Kilometer Autofahren gehören am Samstag natürlich auch nicht zu meinen Lieblingstätigkeiten. Ich hätte lieber zu Hause relaxed“, räumte er ein, schob aber gleich nach: „Aber für die Fans mache ich das natürlich gerne. Auch so können wir Spieler etwas zurückgeben für die tolle Unterstützung während der Saison.“
Und für den harten Kern des Knappen-Anhangs sind derartige Treffen eben sehr besonders. „So nah kommst du den Spielern ja sonst nicht“, freute sich Wolf, der wie viele im Raum schon Tickets für einige Spiele der Schalker geordert hat, „auch wenn ich noch gar nicht weiß, wann sie genau stattfinden werden.“ Den wahren Fans freilich ist es egal, ob sie die vielen Kilometer zur Arena in Gelsenkirchen und zurück an einem Freitag, einem Samstag oder einem Sonntag fahren. „Ich fahre schon 40 Jahre zu jedem Spiel“, sagt er einer im Raum. Ein anderer monologisiert in der Fragestunde fast zehn Minuten seine blau-weißes Leben und findet am Ende aus seinem Moloch von Sätzen nicht zur Frage. Hildebrand lächelt – und klatscht. Im Saal johlen sie. Auf die Frage eines Jungen, ob er denn auch etwas „richtiges“ gelernt habe, antwortet Hildebrand: „Groß- und Außenhandelskaufmann. Und auch für dich ist es wichtig, gut in der Schule zu sein.“
Ein Dankeschön für die Pizza
Selbstverständlich gibt es auch ein Foto mit Vanessa Eck aus Theilheim, die allerdings im Draxler-Trikot erschienen ist. Die 16-Jährige bewirkt sich um den Titel der „Miss Schalke“. Und auch der fragende Fan des 1. FC Nürnberg, der mit Schalke eine Fan-Freundschaft pflegt, bekommt die passende Antwort auf die Frage, ob man von der Verbundenheit als Spieler überhaupt wisse: „Wir haben doch letzte Saison drei Punkte als Geschenk in Nürnberg gelassen.“ Als Hildebrand dann noch sagt, dass man mindestens um Platz zwei und drei spielen wolle („Bayern ist eine Klasse für sich, mit Dortmund sind wir aber auf Augenhöhe!“) und sich artig für die Pizza bedankt, die er vor der Fragestunde noch schnell im Vereinsheim gegessen hatte „wirklich lecker, die hatte ich nötig“, sind alle zufrieden. Noch einmal lächeln für die letzten Fotos, die letzten Autograme sind geschrieben und ein paar persönliche Worte mit den Fans gewechselt – und schon sind alle endgültig begeistert von ihrem – ja ach so lockeren – Timo.