Die die Begegnung letztlich entscheidende Szene spielt sich gut zehn Sekunden vor Schluss ab. 84:87 steht es, und Cameron Wells will den Ball nach vorne bringen, damit die Baskets mit einem Dreier zumindest die Verlängerung erzwingen. Der Texaner dribbelt an die rechte Seitenlinie, und der Ludwigsburger Konstantin Konga kommt angerauscht und hat ganz bestimmt den Auftrag und den festen Willen, den Würzburger zu foulen. Damit der an die Linie muss, mit Freiwürfen maximal zwei Punkte erzielen könnte und Ludwigsburg anschließend wieder die Kugel in Besitz hat.
Die beiden laufen nebeneinander her, und irgendwie verheddern sie sich mit den Beinen. Konga fällt. Der Schiedsrichter pfeift. Offensivfoul gegen Wells. Der versteht die Welt nicht mehr, guggt ungläubig und wie ein begossener Pudel drein, und weil es sein fünftes Foul ist, muss Wells auch runter vom Parkett. Und die Zuschauer in der den ganzen Abend über schon sehr stimmungsvollen s.Oliver Arena beginnen das Toben. "Schieber"-Rufe schallen durch die Halle. Auch noch, als Sekunden später der mit 23 Punkten erfolgreichster Werfer der Begegnung, der Ludwigsburger Khadeen Carrington, zwei Freiwürfe zum Endstand versenkt.
"Ein interessanter Pfiff"
Mit 84:89 (42:42) verliert Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg also ein abermalig am Ende dramatisches und über 40 Minuten enges Spiel, in dem keine der beiden Mannschaften jemals zweistellig in Führung lag, gegen die MHP Riesen Ludwigsburg und kassiert die vierte Niederlage im neunten Saisonspiel. Und auch, wenn man tatsächlich etwas Fantasie benötigt, um das Offensivfoul gegen Wells nachzuvollziehen, und es ja in ausnahmslos jeder Basketballpartie immer zig strittige Entscheidungen gibt - als Ausrede für die Niederlage wollte Baskets-Trainer Denis Wucherer sie nicht gelten lassen. "Ein interessanter Pfiff" sagte er dazu und dass sie sich die Videoaufnahmen gerade von dieser Szene auch noch einmal "sehr genau anschauen" wollen.
Hier geht's zum Liveticker des Spiels zum Nachlesen
Aber der 46-Jährige machte andere Gründe aus für die dritte Heimniederlage der Spielzeit, die er bündelte in dem Satz: "Wir hatten die Chance, das Spiel zu gewinnen, aber gerade am Schluss nicht clever genug agiert. Da gab es einige Situationen, die wir als Team deutlich besser hätten lösen müssen." Als "sehr hart umkämpft", bezeichnete Ludwigsburgs Coach John Patrick, Anfang des Jahrzehnts in Würzburg tätig, die Begegnung. "Wir sind sehr stolz, in dieser heißen Atmosphäre in Würzburg gewonnen zu haben und waren am Ende vielleicht einen Tick glücklicher."
Ordentliche Zahlen auf dem Statistikbogen
Der Statistikbogen hält für die Würzburger durchaus sehr ordentliche Daten bereit: 28 Assists, nur zehn Ballverluste, 40 Prozent Dreierquote (8 Treffer bei 20 Versuchen), 88 Prozent Freiwurfquote (22 von 25), fünf Akteure trafen zweistellig. "Mit diesen Zahlen", meinte Wucherer, "hast du in acht von zehn Spielen eine sehr gute Chance zu gewinnen." Was den Trainer mit am meisten wurmte war neben Wells' Ausweichen nach rechts an die Linie ("Links war viel Platz, oder man geht halt durch die Mitte") die Reboundschwäche seiner Center an diesem Samstagabend. Über 35 Minuten standen Johannes Richter (gut zehn Minuten) und Luke Fischer (gut 25) auf dem Parkett - und nur dem Amerikaner, der ansonsten ein gutes Spiel machte und mit 20 Zählern Würzburgs Treffsicherster war, gelang es, sich zwei Abpraller zu schnappen. "Gerade in entscheidenden Phasen musst du dir halt auch mal ein paar Bälle krallen", meinte Wucherer, der "gespannt darauf ist, wie wir am Dienstag in Bamberg reagieren."
Dann geht es für die Würzburger um 19 Uhr beim einstigen Serienmeister weiter. Die Brose Arena ist die einzige Bundesligahalle dieser Republik, in der die Baskets noch nie gewinnen konnten.