Es hatte unaufschiebbaren Gesprächsbedarf gegeben bei Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg (11. Platz/14:16 Punkte) nach der in ihrem Zustandekommen durchaus als peinlich zu bezeichnenden 77:85-Pleite beim bis dato Vorletzten und bis dato zu Hause sieglosen Aufsteiger Oettinger Rockets. Noch am Dienstagabend nach der Rückkehr aus Erfurt bat Cheftrainer Dirk Bauermann seine Schützlinge in den Videoraum des Trainingszentrums in der Frankfurter Straße, wo die Mannschaft die kompletten 40 Minuten noch mal ungekürzt und ungefiltert über sich ergehen lassen musste. Erst nach Mitternacht war schließlich Feierabend nach einem unrühmlichen zweiten Weihnachtsfeiertag. Dass dieselbe Mannschaft nicht einmal 72 Stunden zuvor den Tabellendritten Ludwigsburg nach einer leidenschaftlichen Vorstellung und toller Moral nach einem zwischenzeitlichen 15-Punkte-Rückstand mit 94:87 besiegt hatte, machte den Auftritt in der thüringischen Landeshauptstadt noch ein Stück weit verstörender als ohnehin schon.
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Zwischen hellweiß und tiefschwarz
Als „hellweiß und tiefschwarz“ charakterisiert Baskets-Geschäftsführer Steffen Liebler die beiden höchst gegensätzlichen Auftritte. „Für manche Dinge gibt es keine logische Erklärung. Vielleicht haben wir Erfurt im Hochgefühl des Sieges unterbewusst unterschätzt und gedacht, es geht von allein. Es war jedenfalls eines dieser Spiele, auf das wir keinen Zugriff bekommen haben. Aber das darf nicht passieren, das haben wir der Mannschaft auch in größter Deutlichkeit gesagt“, sagte Bauermann, der sich nach der achten Niederlage in den vergangenen zehn Liga-Spielen selbstkritisch zeigte. „Wir alle haben Verantwortung für diese Niederlage, das fängt bei uns Trainern an. Die Veränderungen in der Startformation haben uns beispielsweise sicher nicht geholfen.“
Tatsächlich hatte der 60-Jährige gegenüber dem Erfolg gegen die Schwaben seine erste Fünf auf zwei Positionen verändert, und neben dem jüngsten Neuzugang Owen Klassen, der gegen Ludwigsburg mit 13 Punkten und viel Einsatz unter den Körben ein starkes Debüt feierte, auch US-Guard Vaughn Duggins von Beginn an aufs Parkett geschickt. Nach nicht einmal zweieinhalb Minuten und einem 0:8-Zwischenstand war das Experiment allerdings schon wieder beendet. Vor allem Duggins, vergangene Saison bei Vizemeister Oldenburg noch einer der Leistungsträger und Führungspersönlichkeiten, konnte seit seiner Verpflichtung Mitte November die in ihn gesteckten Erwartungen bislang nicht erfüllen. „Vaughn ist sicher noch meilenweit entfernt von dem, was er uns noch geben wird. Aber wir haben Geduld, denn wir wissen, was er zu leisten imstande ist“, sagt Bauermann über den 30-Jährigen.
Bauermann gibt sich Note drei
Auf und Ab ging es zuletzt auch bei den Fraport Skyliners Frankfurt (5./20:10). Einem 90:84-Erfolg gegen Alba Berlin folgte vergangenen Freitag eine deftige 59:83-Klatsche im Hessenderby in Gießen, ehe am Dienstag Schlusslicht Tübingen 90:63 demontiert wurde. Dennoch stehen im direkten Aufeinandertreffen an diesem Freitag (19 Uhr, Liveticker auf www.mainpost.de) die Baskets deutlich mehr unter Zugzwang, um den Anschluss an die Play-off-Plätze wieder herzustellen. „Es tut uns sicher gut, dass nicht viel Zeit zwischen den Spielen liegt. So haben wir schnell die Chance, zu zeigen, dass es auch anders geht. Denn natürlich stehen wir als Klub nicht da, wo wir wollen und sind nicht zufrieden, vor allem nach solchen Niederlagen wie in Erfurt“, macht Lieber deutlich, dass die Ansprüche andere sind als aktuell Rang elf in der Tabelle.
Und so fällt auch das Fazit von Bauermann nach ziemlich exakt einem Jahr bei den Baskets zwiegespalten aus. Am Neujahrstag hatte der Ex-Bundestrainer seine erste Übungseinheit als Nachfolger des geschassten Doug Spradley geleitet. 13 Siege und 19 Niederlagen lautet die Bilanz unter seiner Ägide im Kalenderjahr 2017 vor dem Frankfurt-Spiel. „Eine drei, nicht besser“ würde sich Bauermann als Zeugnisnote geben: „Ich bin jemand, der an sich selbst immer höhere Erwartungen stellt als andere. Insofern bin ich mit der aktuellen Situation natürlich nicht zufrieden, auch wenn es natürlich Highlights gab wie die Siege gegen Bamberg, München oder zuletzt Ludwigsburg. Aber ich habe den Hunger und Ehrgeiz, die Mannschaft bis Mai auf ein deutlich höheres Niveau zu heben und zu einer der besten Rückrunden-Mannschaften zu formen.“ Ein Sieg im Main-Derby am vorletzten Hinrunden-Spieltag wäre da sicher ein Schritt in die richtige Richtung.