Xavier Cooks und Devin Oliver tanzten und hüpften im Kreis, klatschten sich über den Köpfen immer wieder ab und feierten mit den anderen Kollegen. Wenige Minuten später sprach Denis Wucherer ins Handy: „Es ist ja noch nicht viel passiert. Wir haben sozusagen nur eine Halbzeit hinter uns.“ Aber natürlich freute sich der Trainer von Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg auch, weil er genau weiß: Durch den 79:76 (36:39)-Erfolg beim russischen Erstligisten Awtodor Saratow im Achtelfinal-Hinspiel des Europe-Cup-Wettbewerbs haben die Baskets die Tür zum Viertelfinale mehr als einen Spalt breit geöffnet.
Die Führung wechselte 26 Mal
Und was ihnen überdies Mut machen kann: Sie haben sich in dieser über die kompletten 40 Minuten ausgeglichenen Begegnung, in der die Führung alleine bis zur Halbzeit 16 Mal wechselte – insgesamt tat sie dies dann 26 Mal – und keine Mannschaft sich zu keinem Zeitpunkt auf mehr als fünf Zähler absetzen konnte, „gut gewehrt“, wie Wucherer meinte: „In der Verteidigung war das über weite Strecken sehr sehr ordentlich. In der Offensive ist schon noch Luft nach oben.“
Eine etwas seltsame Atmosphäre
Bestimmt dachte Wucherer bei diesen Sätzen nicht nur an die Szenen in den letzten 58 Sekunden: Bei einem 75:76-Rückstand ließ erst Devin Oliver einen ganz leichten Korb liegen. Dann schnappte sich Cameron Wells, der abermals effektivste Baskets-Spieler, die beim Gegenangriff von Saratows stärksten Akteur, Trae Golden, aus der Ferne an den Baskets-Ring geworfene Kugel, kurvte mit Verve übers Spielfeld und korblegte die 77:76-Führung. Beim letzten Angriff der Russen schließlich blockte Xavier Cooks dann neun Sekunden vor Schluss den Korblegerversuch von David Kravish, ehe Oliver den Fastbreak zum Endstand abschloss.
Weshalb die Baskets den mit vielleicht 2000 Zuschauern gefüllten 50 Jahre alten Sport Palast Kristall auch „mit einem guten Gefühl“ verlassen konnten und am frühen Donnerstagmorgen die 3000 Kilometer lange Heimreise antreten. Die verhaltene Atmosphäre in der ebenfalls als Eishockeyhalle genutzten Arena – bei „gefühlt acht Grad“, wie Wucherer empfand – erschien den Würzburgern sowieso ein wenig seltsam. „Das russische Publikum ist nicht so einfach zu begeistern wie etwa das türkische“, weiß der Baskets-Trainer: „Wenn du dort 4000 gegen dich hast, ist es einfacher, auf Touren zu kommen.“
Ein 10:2-Lauf der Hausherren
Das gelang den Baskets, bei denen der werdende Vater Jordan Hulls und Joshua Obiesie, der mit der Internationalen Basketball Akademie München ein wichtiges Spiel in der Nachwuchsbundesliga hatte, fehlten, dennoch: nach den beiden knapp verlorenen ersten beiden Vierteln dann vor allem im dritten Viertel. Und im Schlussabschnitt ließen sich die Würzburger auch durch einen 10:2-Lauf der Hausherren, den Wucherer mit einer Auszeit stoppte, nicht wirklich nervös machen. Der Baskets-Trainer lobte die Russen, „eine Mannschaft mit viel Talent“. Und eine, die gerne auch mal über 100 Punkte wirft. „Da kann man auch unter die Räder kommen und mit 18 oder so verlieren.“
Dafür allerdings waren die Würzburger an diesem Aschermittwoch zu konzentriert und zu willig. Vor allem Wells und Skyler Bowlin übernahmen in wichtigen Situationen immer wieder Verantwortung. Aber auch von der Bank kamen diesmal wesentlich mehr Impulse als noch am Samstag bei der Niederlage in Braunschweig.
Elfter Sieg im 13. Europapokalspiel
Nun also dürfen die Baskets durchaus guten Mutes sein, auch die nächste Play-off-Runde zu erreichen, vor allem wenn sie „in der Offensive noch beherzter zugreifen“, wie Wucherer hofft. In diesem Wettbewerb werden die Ergebnisse aus Hin- und Rückspiel addiert – nur, wenn die Baskets kommenden Mittwoch (13. März, 19 Uhr) mit mehr als drei Zählern Differenz verlieren (bei Gleichstand nach den 80 Minuten geht's in die Verlängerung), ist ihre Reise beendet. Nach dem elften Sieg im 13. Europapokalspiel dieser Saison erscheint es allerdings, als hätten sie nicht nur großen Spaß auf internationalem Parkett, sondern als wollten sie sich darauf einrichten.
Bevor sie das freilich tun können, gilt die ganze Konzentration dem Bundesliga-Heimspiel gegen den Mitteldeutschen BC am Samstag (18 Uhr), in dem die Würzburger Punkte hamstern wollen, um ihrem eigentlichen Saisonziel, der Play-off-Teilnahme, wieder näherzukommen.
Die Statistik des Spiels
Europe Cup, Achtelfinale, Hinspiel:
Awtodor Saratow – s.Oliver Würzburg 76:79 (24:23, 15:13, 17:23, 20:20)
Top-Scorer Saratow: Golden 16, Savovic 13, Mikhailovskii 13, Newbill 11.
Würzburg: Cooks 15, Oliver 15 (7 Rebounds), Wells 12 (8 Rebounds, 8 Assists), Bowlin 11 (8 Assists), Olaseni 4 (8 Rebounds), Koch 6, Morrison 6, Richter 4, Buck 3, Hoffmann 3.
Rebounds: 41 – 38
Treffer aus dem Feld: 29/63 (46 %) – 32/73 (44 %)
Dreierquote: 6/24 (25 %) – 8/22 (36 %)
Freiwürfe: 12/17 (71 %) – 7/13 (54 %)
Assists: 20 – 23
Größte Führung: 5 (39:34) – 5 (54:59)