
Der eine ist jung und trainiert die Erfahrenen, der andere ist erfahren und coacht die Jungen. Wenn Marc Reitmaiers (35) WFV an diesem Samstag (15 Uhr, Sepp-Endres-Sportanlage) die Kickers-U23 von Rainer Zietsch (53) empfängt, ist das auch ein Aufeinandertreffen unterschiedlicher Fußball-Konzepte. Am Tag vor dem Bayernliga-Derby stellten sich die Trainer den Fragen nach Unterschieden und Gemeinsamkeiten ihrer Mannschaften, spielerischem Potenzial und dem Schatten der „großen“ Rothosen.
Rainer Zietsch: Mich als Trainer interessiert das Spiel natürlich schon. Für die meisten meiner Jungs ist es außerdem die erste derartige Erfahrung im Männerbereich. Für uns ist das ein ganz wichtiges Saisonspiel, und ich hoffe schon, dass ein paar Zuschauer kommen.
Zietsch: Ich glaube schon. Das bekommen sie im Verein und in der Stadt mit, dass Rivalität zwischen den Klubs herrscht. Die Spieler haben schon vor unserer Partie am Mittwoch (gegen Neumarkt, Anm. d. Red.) vom Derby geredet. Das hat mich ein bisschen gestört, aber von daher habe ich schon das Gefühl, dass das Derby präsent ist.
Marc Reitmaier: Ich habe gestern eine relativ emotionale Ansprache an die Mannschaft gehalten, in der es darum ging, sich voll und ganz auf das Spiel am Samstag zu fokussieren. Der Pokal ist für uns noch ganz weit weg. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass meine Elf heiß auf das Derby gegen die U 23 ist.
Zietsch: Ich kenn' ja die Situation und hab' damit kein Problem. Ich war zehn Jahre NLZ-Leiter beim 1. FC Nürnberg, da stand die Reserve auch im Schatten der Ersten. Aber die zweite Mannschaft hat eine unheimlich wichtige Funktion. Die hat sie in Nürnberg gehabt und die hat sie Gott sei Dank auch noch hier in Würzburg. Ich habe das Gefühl, dass die U 23 so hier auch wahrgenommen wird. Wir wollen über diese Mannschaft Spieler für die Erste finden und entwickeln, um vielleicht auch noch ein paar mehr Jungs da oben reinzubringen.
Reitmaier: Ich fühle mich nicht im Schatten der Kickers. Das ist Profi-Fußball, und das ist ein Verein, der sich wahnsinnig weiterentwickelt hat die letzten Jahre. Dem zolle ich großen Respekt. Wir wiederum befinden uns im Amateurbereich. Das ist kein Vergleich.
Zietsch: Für mich eindeutig die Altersstruktur und die Erfahrung. Marc hat ein paar Spieler, die schon über Jahre in der Bayernliga sind, die habe ich nicht. So ist aber das Konzept. Reitmaier: Ich denke auch, dass die Erfahrung ein Unterschied ist. Nichtsdestotrotz haben die Kickers Möglichkeiten, die wir so nicht haben. Bei einer Profi-Reserve weißt du nie, ob und wie aufgefüllt wird. Das werden wir dann sehen.
Zietsch: Das war ja bisher auch nicht so. Wenn jemand runtergekommen ist, dann waren es Leonard Langhans oder Onur Ünlicifci, die bisher – außer am Mittwoch in der ersten Pokalrunde in Bad Kissingen – noch keine Minute Einsatzzeit in der ersten Mannschaft hatten. Sonst hat niemand bei uns unten gespielt, und das ist auch für morgen nicht geplant.
Zietsch: Das kann ich nicht beurteilen, weil ich nicht weiß, wie es vor meiner Zeit war. Ich kann nur sagen, dass der Austausch aktuell klasse ist, zwischen Michael (Anm. d. Red., Schiele, Trainer der Drittliga-Mannschaft), mir und allen Beteiligten. Es trainieren auch immer mal wieder Spieler von mir oben mit. Wer das ist, das entscheiden wir gemeinsam.
Zietsch: Ich finde schon, dass bei mir einige Spieler sind, die das Potenzial haben, sich in der Dritten Liga zu platzieren. Ich will aber gar keine Namen nennen, weil ich die Jungs sich noch entwickeln lassen will.
Zietsch: Zum einen muss man dem Spieler Selbstbewusstsein mitgeben. Zum anderen muss man ihn darauf vorbereiten, dass es im Profibereich vor allem Durchsetzungsvermögen braucht. Die technisch-taktischen Voraussetzungen bringen die Jungs in der Regel mit. Körperlich haben sie im Männerbereich aber noch Nachteile. Daher müssen wir sie vor allem athletisch vorbereiten.
Reitmaier: Wenn man sieht, wie wir uns die letzten drei Jahre weiterentwickelt haben, war das ein großer Schritt. Inzwischen geht es nur noch um Nuancen. Bei uns ist der Teamspirit die Basis. Da geht einer für den anderen durchs Feuer. Die mannschaftliche Geschlossenheit ist sicherlich ein Vorteil. Allerdings wollen wir uns auch taktisch weiterentwickeln. Da haben wir schon noch viel Potenzial.
Reitmaier: Ich glaube schon, dass es vielleicht einen Tick einfacher ist, Jüngere zu formen. Aber eine Weiterentwicklung kann man mit älteren Spielern auch hinbekommen.
Zietsch: Natürlich haben ältere Spieler mehr ihren eigenen Kopf. Aber ich denke, auch einen älteren Spieler kann man entwickeln. Wenn er wirklich offen ist.
Reitmaier: Ja, absolut. Wir arbeiten sehr zielgerichtet und konstruktiv zusammen.
Reitmaier: Ich hoffe vor allem, dass es auf und neben dem Platz fair zugehen wird. Wir wollen aber natürlich auf jeden Fall ungeschlagen bleiben. Auf ein Ergebnis werde ich mich nicht festlegen. (lacht)
Zietsch: Das mach' ich dann natürlich auch nicht. (lacht)
Die Trainer
Rainer Zietsch (53) hat im Juni die U 23 des FC Würzburger Kickers als Cheftrainer übernommen und ist zugleich neuer sportlicher Leiter des Nachwuchsleistungszentrums (NLZ). Der ausgebildete Fußballlehrer war unter anderem zehn Jahre lang Leiter des NLZ in Nürnberg. In der vergangenen Saison trainierter er die Männermannschaft des 1. SC Feucht in der Landesliga. Parallel zu seiner Arbeit bei den Rothosen ist er Mitglied im Trainerteam der U-16-Nationalmannschaft. Als Profi holte Zietsch 1984 mit dem VfB Stuttgart die deutsche Meisterschaft, spielte unter anderem für Nürnberg und die SpVgg Greuther Fürth.
Marc Reitmaier (35) trainiert seit 2015 den Würzburger FV. Zuvor war er Coach beim Bezirksligisten Wiesentheid. Nach wie vor ist der A-Lizenz-Inhaber als Scout für die TSG Hoffenheim im Einsatz. In seiner aktiven Zeit lief Reitmaier unter anderem für Lauda, Schweinfurt, die Kickers und den WFV auf.