„Nun wartet die fünftstärkste Klasse der Welt auf uns“, sagt Jens Bürkle – „nach der Bundesliga und den ersten Ligen in Spanien, Frankreich und Dänemark.“ Der Trainer der DJK Rimpar Wölfe, die am vergangenen Wochenende die Meisterschaft in der Dritten Liga Ost feierten, freut sich auf das Abenteuer Zweite Liga. Auch für ihn als Coach ist der Aufstieg des „Dorfvereins“, mit dem er in der kommenden Saison in der ganzen Republik unterwegs sein wird, der bislang größte Erfolg seiner noch jungen Karriere. Vor dem letzten Heimspiel der Saison an diesem Samstag gegen Bernburg sprachen er und Geschäftsführer Daniel Sauer im Interview mit dieser Zeitung über sportlichen Erfolg und strukturelle Probleme, über gelebte Träume und gefühlte Verantwortung und über Chancen und Risiken in Liga zwei. „Der Klassenerhalt für uns ist unrealistisch“, sagt Jens Bürkle – „aber das war der Aufstieg auch.“
Daniel Sauer: Das ist noch untertrieben! Vor der Saison hätte diesen Erfolg keiner auch nur in den kühnsten Träumen erhofft. Jens Bürkle: Es ist ein Wunder angesichts der Bedingungen, unter denen wir arbeiten. Dass die Mannschaft dieses Wunder Woche für Woche vollbracht hat, fast immer mit unbarmherzigem Kampf, manchmal mit ein bisschen Glück, zeigt aber, dass zumindest sportlich auch ein bisschen Können dabei ist.
Sauer: Weit voraus. Aber man muss sich auch mal vergegenwärtigen, dass wir vor fünf Jahren noch in der Landesliga gespielt haben. Wenn wir nicht so eine große Handballfamilie wären, die vieles durch ehrenamtliche Arbeit auffängt, wäre das alles nicht machbar. Bei uns greift ein Zahnrad ins andere. Und auch wenn wir strukturell noch kein Zweitliga-Niveau haben, so funktioniert es trotzdem. Weil wir uns auf unsere Leute verlassen können. Dafür sind wir wahnsinnig dankbar. Bürkle: Unsere Strukturen sind selbst in der Dritten Liga nicht mit denen anderer Vereine vergleichbar, weder in puncto Finanzen noch Trainingsbedingungen. Neulich zum Beispiel haben wir in unserer Ausweichhalle so gut wie nichts gesehen, weil die Sonne durchs Glasdach geschienen und geblendet hat. Aber gut, immerhin hatten wir überhaupt eine Halle – das haben wir montags nie. (lacht bitter) Allerdings haben wir natürlich eine riesige Kompetenz im Umfeld. Das fängt beim Manager Roland Sauer an, der die richtigen Leute an die richtigen Stellen bringt, geht bei den Spielern weiter, die das lieben und leben, was sie tun und hört bei all den ehrenamtlichen Helfern auf.
Bürkle: Das Glück ist mit den Dummen. (lacht)
Bürkle: Na ja, vielleicht einen kleinen. Ich weiß auch nicht, warum das so gut funktioniert. Ich schau' da selbst immer mit viel Spaß von meinem Stehplatz aus zu.
Sauer: Jens ist natürlich einer der großen Erfolgsfaktoren – und der einzige, der mich nicht überrascht hat. Er hat eine klare Philosophie, der er treu ist. Und er hat einen Masterplan, eine genaue Vorstellung davon, wie er jeden Einzelnen und das Team als Ganzes besser machen will. Dazu gehört auch seine akribische Vorbereitung, sowohl vor der Saison als auch vor jeder Partie. Wenn wir an Spieltag 29 gegen Bernburg spielen, hat er garantiert alle Videos des Gegners von den 28 Spielen davor analysiert und stellt die Mannschaft genau darauf ein, was auf sie zukommt.
Bürkle: Eine nicht unerhebliche. Es geht darum, dass all die Leute es lieben, Rimparer zu sein und einen gemeinsamen Traum leben. Ich wurde bei meiner Vorstellung ein wenig belächelt, als ich gesagt habe, ich möchte mit dieser Mannschaft mal in die Zweite Liga aufsteigen. Aber mir war klar, dass das möglich sein würde, wenn wir es schaffen, diesen Traum bei allen Leuten zu entfachen. Dass es so schnell gegangen ist, das freut mich natürlich und macht mich auch stolz.
Sauer: Das denke ich nicht. Die Basis ist und bleibt ja in Rimpar. Und wir müssen uns in der Zweiten Liga regional breiter aufstellen. Die weltoffenen Leute werden den Weg nach Würzburg mit uns gehen, wo wir ja auch schon erste Anerkennung erfahren haben – und zurecht erfahren haben. Denn wir leisten ja auch gesellschaftlich etwas für Mainfranken, sowohl im Eventbereich als auch mit vielen sozialen Projekten.
Bürkle: Was ist denn sportlicher Erfolg?
Bürkle: Das wird in der Zweiten Liga anders werden. Aber für mich hat sportlicher Erfolg nichts mit einem Tabellenplatz zu tun, sondern mit dem Erreichen von Zielen.
Bürkle: Das werden wir intern noch ausmachen. Aber sicher wäre der Klassenerhalt noch wesentlich höher zu bewerten als der Aufstieg, er wäre das noch größere Wunder. Denn uns muss klar sein, dass wir auf eine Hammerliga treffen. Da gibt es außer uns keine Hobbytruppe mehr von Leuten, die tagsüber schaffen und abends zum Training gehen. Da spielen Leute, die seit Jahren ihr Geld damit verdienen. Aue zum Beispiel, im Moment Tabellen-16., hatte letzte Saison 18 Punkte Vorsprung auf Rimpar. Die haben für die Zweite Liga ihr Team mit Hochkarätern aufgefüllt – und steigen jetzt vielleicht wieder ab. Für uns wird das ein Abenteuer. Wir werden unsere Leistung von dieser Saison um ein Vielfaches toppen müssen, um es zu bestehen. Aber das wollen wir, wir wollen dort bestehen, und dafür werden wir alles geben. Wir treten nicht an, um direkt wieder abzusteigen.
Bürkle: Aktuell bei zehn Prozent. Wir sind sportlich limitiert und individuell noch nicht so weit, wie wir sein sollten. Sauer: Und wir werden definitiv den kleinsten Etat aller Zweitligisten jemals haben, auch wenn er um knapp 100 000 Euro höher sein wird als jetzt. Ferndorf hatte in dieser Saison als finanzschwächster Klub der Zweiten Bundesliga um die 550 000 Euro, wir werden das noch mal ein bisschen unterbieten. Der Durchschnittsetat liegt schätzungsweise bei einer Million, bei Topvereinen wie dem Bergischen HC vielleicht bei 2,5 Millionen Euro.
Bürkle: Wie kannst du dir selbst einen Traum erfüllen, wenn du ihn dann nicht lebst? Ich würde mich zu Tode aufregen, wenn der Verein sagen würde, wir steigen nicht auf, wir kriegen das nicht hin. Ich glaube, dann würde ich gehen. Es kann nicht sein, dass du dir die Nächte um die Ohren haust mit Vorbereitung, dass du sonntags um halb Acht aufstehst, zwei Stunden, bevor deine Frau wach wird, um gegnerische Videos zu schauen, damit deine Spieler, die auch jeden Tag von morgens bis abends schaffen und danach zum Training kommen und sich quälen und schinden, wenigstens nur eine halbe Stunde Video schauen müssen – und dann sagt jemand: Wir machen das nicht. Das ist nicht meine Mentalität. Wir opfern so viel, wir arbeiten so hart, wir versuchen, die paar Ressourcen, die wir haben, so effizient zu nutzen, wie es nur geht, um damit maximalen Erfolg zu haben. Jeder von uns war ein Jahr lang am Limit – und dann sollst du dich nur mit dem Meisterwimpel zufrieden geben? Wem kannst du das verkaufen, wem kannst du da noch in die Augen schauen? Da wirst du völlig unglaubwürdig!
Sauer: Wir sehen uns hier natürlich auch in der Verantwortung unseren Jungs, unseren Sponsoren und unserer Region gegenüber. Intern liefen die Planungen für Liga zwei im Hintergrund schon seit Dezember, daher stand ein Verzicht auf den Aufstieg von vornherein außer Frage.
Bürkle: Erst mal schon. Wir suchen noch einen zusätzlichen Linkshänder für den rechten Rückraum, aber mit diesen drei Spielern wollen wir dann probieren, den Weggang von Patrick Schmidt zu kompensieren.
Bürkle: Abgesehen davon, dass wir uns keinen leisten können – würden wir uns eine Truppe zusammenkaufen, würde doch alles verloren gehen, was diesen Verein ausmacht. Unsere Mentalität ist es, dass sich jede Woche alle den Arsch aufreißen und sich aufopfern für den Erfolg der Mannschaft. Was bringt es da, wenn ich mir einen abgehalfterten Profi hole, der viel Geld kostet und diese Mentalität nicht an den Tag legt? Der macht doch alles kaputt.
Bürkle: Unser Erfolg gründet zum Großteil darauf, dass jeder, wirklich jeder, seinen Teil dazu beiträgt. Sauer: In dieser Saison hat uns stark gemacht, dass in jedem Spiel ein anderer die entscheidenden Akzente setzen konnte. Um diese Stärke auch in der nächsten Runde zu wahren, müssen wir Führungsspieler alle noch eine Schippe drauflegen. Aber diese Teamarbeit war immer unsere Philosophie und wird es auch bleiben – eine andere können wir uns auch gar nicht leisten. (lacht)
DJK Wölfe Rimpar – SV Anhalt Bernburg (Samstag, 19 Uhr)
Die Meisterschaft in der Dritten Liga Ost haben Rimpars Handballer zwar schon gewonnen, trotzdem gibt es gute Gründe, warum Sie das letzte Heimspiel der Saison am Samstag gegen den Tabellenachten SV Anhalt Bernburg sehen sollten:
1. Es ist das letzte Drittliga-Spiel der Wölfe – zumindest für über ein Jahr.
2. Publikumsliebling Patrick Schmidt wird zum letzten Mal im grün-weißen DJK-Trikot in der Dreifachsporthalle auflaufen. Wenn er das nächste Mal dort spielt, wird er in Blau gewandet sein und versuchen, die Punkte aus Rimpar auf das Konto seines neuen Vereins TV Hüttenberg zu entführen.
3. Saisonabschlüsse in Rimpar sind immer ein Fest.
Achtung: Da an den letzten beiden Spieltagen die Anwurfzeiten für alle Partien einheitlich sind, startet die Begegnung eine Stunde vor der gewohnten Anwurfzeit bereits um 19 Uhr.
Nur drei Absteiger aus der Zweiten Liga
Manche wollen nicht, andere können nicht, wiederum andere dürfen nicht: in die Zweite Handball-Bundesliga der Männer aufsteigen. Mangels Bewerbern aus der Dritten Liga werden nur drei Mannschaften absteigen. Diese Entscheidung traf der Ligaverband HBL in Absprache mit dem Spielleiter. Bis zum Ablauf der Frist am 30. April hatten neben der DJK Rimpar Wölfe nur der TSV Altenholz und die HSG Tarp/Wanderup – Tabellenerster und -zweiter der Nord-Staffel – Lizenzanträge für die Zweite Liga eingereicht. Verzichtet der Meister auf den Aufstieg, kommt jeweils nur der Zweite in Frage. Im Osten hatte Bad Neustadt seine Absage erklärt, im Westen wollen oder dürfen die noch um den Titel kämpfenden Teams aus Leichlingen, Edewecht und Dormagen nicht, und im Süden verzichten Meister Friedberg und Heilbronn/Horkheim. Als erster Absteiger in die Drittklassigkeit steht Post Schwerin fest.