„Ich hatte halt eine starke physische Präsenz“, drückt der Fels in der Brandung unterm Korb, der gerne als „Koloss von Moos“ betitelte Center, es selber etwas vornehmer mit einem immer noch bubenhaften Grinsen aus. Die „starke physische Präsenz“, sprich enorme Robustheit, herrührend aus der mächtigen Leibesfülle und dem – sobald der ganze Kerl in Bewegung geraten war – bulligen Antritt: Das waren immer die Attribute, die den Landwirt aus dem Landkreis-Örtchen Moos auszeichneten und ihn, den manchmal etwas tapsigen Riesen, zum „Burgel“ machten, zum Helden der Fans.
Auf 140 Kilogramm Lebendmasse bringt es Burkhard Steinbach zurzeit: „Mein ideales Kampfgewicht lag vor zehn Jahren bei 115 Kilogramm.“ Noch immer betreibt der 40-jährige 2,12-Meter-Hüne seinen Sport als Spielertrainer der DJK Schweinfurt in der Zweiten Regionalliga. „Das sind zwar ab Moos 60 Kilometer einfach, jedes Spiel ist wie ein Auswärtsspiel. Aber ich kenne den Klaus Ludwig gut, den Macher in Schweinfurt. Er war mein Trauzeuge Er war mein Trauzeuge und überzeugte mich, dass wir gemeinsam in Schweinfurt was bewegen können.“ Seit 2002 ist der Motorradfahrer (BMW GS 1200) mit seiner Petra verheiratet, mit der er die beiden Kinder Karla/7 und Hannes/4 hat. „Und nebenher hab ich den B-Trainerschein gemacht, damit keiner sagen kann, der ist ja ahnungslos.“
Das indes hätte doch nie jemand von einem wie ihm behauptet, der so stabil ins Würzburger Erfolgs-Team zementiert war. Nach wie vor gerät Burkhard Steinbach ins Schwärmen, wenn er an seine einmaligen, nahezu unwiederbringlichen Jahre von 1998 bis 2003 mit den Würzburger DJK-Basketballern in der Bundesliga denkt, vor allem an die ersten zwei Jahre dort und die drei Anläufe davor, um aus der Zweiten in die Erste Liga aufzusteigen. „Was unsere Truppe für eine Entwicklung nahm, war eine Sensation“, sagt er: „Diese Truppe mit Dirk Nowitzki, Robert Garrett, später Demond Greene und einem Holger Geschwindner, der uns alle weiterbrachte. Eine geile Zeit!“ Als feste Größe dieser großen Mannschaft war er in einer Saison tatsächlich Liga-Spitze. „Ich hatte eine Feldwurf-Trefferquote von über 60 Prozent und im Schnitt fast neun Rebounds.“
Irgendwann ereilte ihn trotzdem das Schicksal etlicher Sportler, aus Mannschaften gedrängt zu werden – der Mooser Nebenerwerbs-Landwirt und BayWa-Verkaufsberater für den Agrarbereich in Marktheidenfeld knabberte schwer daran: „Ich wurde zu einem Publikumsliebling, über den gelächelt wurde.“ Coach Aaron McCarthy hatte Probleme mit dem Halbprofi Steinbach, wogegen dieser wetterte. „Ich hab mir doch mal das Morgentraining angeschaut, das war nur wie ein Beschäftigungsnachweis für den Trainer. Da war es körperlich besser, wenn ich stattdessen auf dem Schlepper saß.“ Seine Ära endete peu a peu und unsentimental, verziehen hat der sensible Riese den seinerzeit Verantwortlichen dies bis heute nie: „Wenn man elf Jahre die Knochen hingehalten hat, um festzustellen, dass keiner den Mut hat, wenigstens anzurufen und zu sagen: 'Burgel wir planen nächste Saison ohne dich', dann ist das eben einfach nicht in Ordnung.“
Es folgte an der Stätte der größten Erfolge noch der rasch gescheiterte Versuch von Dirk Nowitzkis Mentor Holger Geschwindner, einen „USC Mainfranken“ zu installieren. „Der Einzige, der immer im Training war, war ich“, erzählt er: „Dieses Projekt hatte keine richtige Chance.“ Umso überraschter ist Steinbach von der jüngsten Positiv-Entwicklung. „Das ist eine gute Geschichte, vor allem den enormen Zuspruch finde ich klasse – wobei viele Gesichter auch schon bei uns in der Halle zu sehen waren.“
Rein sportlich kann er sich mit der neuen und athletischeren Spielweise allerdings kaum anfreunden. „Man bräuchte mehr Platz, ein größeres Feld. Wenn ich übliche Ergebnisse von 65:62 nehme, könnte man ja auch gleich Handball spielen. Diese Zweite Liga, der ganze Basketball in Deutschland ist mir viel zu systemgesteuert und nicht kreativ genug. Als ich neulich zu Gast war, wurde sogar ein Fast-Break abgebrochen, das war erschreckend und zu unserer Zeit undenkbar!“
Bei der DJK Schweinfurt jedenfalls sind unter seine Regie solche Systemangriffe undenkbar. Seit 2007 ist er dort gelandet – es war, wie wenn sich ein Kreis schlösse. Denn dort hatte er als 18-Jähriger mit dem Basketballspielen begonnen. Der Koloss von Moos ist eigentlich ein Gigant aus Obbach. Von dort, dem Landkreis Schweinfurt, stammt er her, war er als jüngstes von vier Kindern des Gutsverwalters Otto Steinbach zur Welt gekommen. Schon der kleine Burkhard besaß sein eigenes Pferd, in der Aufzucht und Pferdepension des Bruders im Gut Moos stehen 30 im Stall. Erst nach der Anfrage 1992, bei der DJK Würzburg Körbe zu jagen, war er auf den 1935 erworbenen Hof der Großeltern übersiedelt: „Felder umzupflügen hat mir stets mehr Spaß gemacht als Rechnungswesen an der Fachoberschule.“ Mit seinem Hund Bello, einem Chesapeake Bay Retriever, geht er jeden Morgen spazieren – auf seinem Gelände, das er teilweise an den Solarpark Moos verpachtet hat.
Burkard Steinbach
Wie er seine Bundesliga-Zeit in der Erinnerung bewertet? „Dafür, dass ich mit 18 erst angefangen habe, ist es doch ganz gut gelaufen“, meint Burkhard Steinbach. Doch einmal, so hat es ihm sein Lieblingstrainer Holger Geschwindner verraten, habe er eine falsche Antwort gegeben. Das war, als Geschwindner vom jungen Steinbach hatte wissen wollen, was er basketballerisch mal werden wolle. Bundesliga-Spieler, sagte Steinbach. Darauf Geschwindner Jahre später: „Hättest Du damals halt mal NBA-Profi gesagt . . .“
Burkhard Steinbach
Er ist ein echter Landmann: Geboren am 30. Juli 1970, wuchs Burkard Steinbach in Obbach bei Schweinfurt auf dem Gutsbetrieb von „Kugelfischer“ auf. Erst mit 18 Jahren begann der exzellente Reiter dann bei der DJK Schweinfurt mit dem Basketballspielen. Nach den Stationen Triesdorf und Ansbach kam er – auf den Tipp seines Mitspielers Klaus Perneker – zur Saison 1992/93 zum Zweitliga-Team der DJK Würzburg. Steinbach zog aufs Gut Moos der Großeltern um, wurde zum Publikumsliebling in den Bundesliga-Jahren, ehe er 2003 eher unwürdig ausgemustert wurde, was ihn bis heute noch wurmt. Es folgten die jeweils einjährigen Stationen Breitengüßbach und Nördlingen in der Zweiten Liga sowie „USC Mainfranken“ und Marktheidenfeld in der Regionalliga. Seit 2007 ist er nunmehr Spielertrainer seines ersten Vereins DJK Schweinfurt und blickt auf eine bewegt schillernde Sportlerkarriere zurück: „Fitter als 2001 unter Trainer Gordon Herbert war ich in meiner gesamten Laufbahn nie gewesen.“
Zu unserer Serie
Der Basketballsport ist in Würzburg wieder aufgeblüht – lange zwölf Jahre nach Dirk Nowitzkis Abflug gen Dallas in die nordamerikanische Profiliga erlebt die hiesige Korbjäger-Szene eine neue, ungeahnte Renaissance.
Unvergessen bleiben derweil unter den Traditionalisten und seinerzeit schon mitfiebernden Fans jene Trainer, Spieler und Aktive, die mit dazu beigetragen haben, dass nicht nur Dirk Nowitzki zum besten deutschen Basketballer wurde, sondern auch seine Heimatstadt zu einer namhaften Adresse in der attraktiven Mannschafts-Sportart. Wir wollen in unserer neuen, in loser Folge erscheinenden Serie die Idole der ersten Erfolgsstunde in Erinnerung rufen und fragen, was aus ihnen geworden ist. Nach den Trainern Klaus Perneker und Pit Stahl, die in der Bundesliga mit der DJK s. Oliver seinerzeit eine stolze Serie von sieben Siegen hinlegten, widmen wir die dritte Folge einem auch in seiner Unvollkommenheit unheimlich beliebten Spieler, der dann aber keinen schönen Abschied erlebte: Burkhard Steinbach.