Würzburger FV – SpVgg Jahn Forchheim
(Samstag, 30. September 2017, 15 Uhr, Sepp-Endres-Sportanlage)
Sebastian Fries ist ein Fußballer, der Eindruck hinterlässt und ein Mensch, mit dem man sich gerne unterhält. Seit dieser Saison steht er für den Würzburger FV (2. Platz/30 Punkte) auf dem Platz, gibt der Mannschaft als Kapitän ein Gesicht und als Offensivkraft Impulse. Sechs Tore hat der Linksfuß bisher geschossen, unter anderem ging der Siegtreffer in der Partie gegen Tabellenführer Eltersdorf auf sein Konto. Unermüdlich rackert der 24-Jährige auf dem Platz, macht hinter Stürmer Cristian Alexeandru Dan das Spiel. Meist agiert er zentral, des Öfteren kommt er auch über Linksaußen.
Auffällig ist, dass Fries immer 100 Prozent gibt, über 90 Minuten – egal bei welchem Spielstand. Dass er das kann, ist seiner herausragenden körperlichen Verfassung zuzuschreiben, die er auf seine fußballerische Ausbildung beim FC Carl Zeiss Jena zurückführt: „Bei uns hieß es ab der B-Jugend laufen und kämpfen bis zum Umfallen. Wir waren (in der Jugend-Bundesliga, Anm. d. Red.
) vielleicht technisch nicht die Besten, aber dafür haben wir 90 Minuten lang Gas gegeben.“ Dass er das in jedem Spiel will, liegt an seiner scheinbar nie versiegenden Motivation. Woher er die nimmt? „Ich hab keine Ahnung“, sagt Fries, der einen älteren Bruder hat, und zuckt mit den Achseln. Dann schiebt er nach: „Vielleicht ist das Erziehungssache. Wir haben von zu Hause schon mitbekommen, Dinge bis zum Ende durchzuziehen.“
Ausbildung in Jena
Zu Hause, das ist für Fries Wiesenfeld (Landkreis Main-Spessart). Dort hat er beim TSV mit dem Fußballspielen begonnen, kickte bis zur D-Jugend in seinem Heimatverein, bevor er zu Viktoria Aschaffenburg wechselte. Mit 15 Jahren wurde er vom FC Carl Zeiss Jena entdeckt und entschied sich schnell, das dortige Sportinternat zu besuchen: „Mein Traum war es, Profifußballer zu werden. Und mir war klar, dass ich diesen Schritt gehen muss.“ Das erste halbe Jahr fiel dem jungen Sebastian schwer und war von Heimweh geprägt. Doch dann akklimatisierte er sich, fand Freunde und eine sportliche Heimat. Schon in seinem zweiten Jahr in der A-Jugend trainierte er regelmäßig bei der ersten Mannschaft mit, damals wie heute in der dritten Liga beheimatet.
Insgesamt kam er auf 22 Einsätze für die Thüringer, 2014 folgte er dem Ruf von Bernd Hollerbach.
Die Würzburger Kickers spielten da noch in der Regionalliga und machten gerade mit ihrem 3 x 3-Konzept von sich reden: in drei Jahren in die dritte Liga. Bekanntlich haben die Rothosen ihr Zeil erreicht. Für Fries aber war es ein einschneidendes Erlebnis, dass er keine Chance bekam, sich in der Regionalliga zu beweisen. Nur zweimal wurde er eingewechselt. „Ich hatte das Gefühl, dass meine Anstrengungen im Training null geschätzt wurden“, sagt er heute. Als Fries nach einem halben Jahr den Trainer fragte, was er denn tun könne, um mehr Einsatzzeiten zu bekommen, antwortete Hollerbach lapidar: „Immer weiter Gas geben.“
Das tat der Wiesenfelder, von da an aber vor allem in der Reservemannschaft, mit der er erst in die Landes- und dann in die Bayernliga aufstieg. Sein neuer Coach Claudiu Bozesan setzte Vertrauen in ihn und machte ihn zum Kapitän der jungen Truppe, die nach dem Aufstieg der ersten Mannschaft in die Zweite Bundesliga zu einer U 23 geworden war. Fries und sein Team spielten eine souveräne Saison, die sie mit dem neunten Tabellenplatz beendeten.
Allerdings fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit, den Reserveteams von Profimannschaften wird eben nur selten Aufmerksamkeit geschenkt. Das war einer der Gründe, der Fries zu seinem Wechsel zum WFV bewog. An der Mainaustraße lebte er sich schnell ein: „Die Mannschaft hat es mir von Anfang an leicht gemacht.“
Trainer Marc Reitmaier wusste um das Potenzial des Neuzugangs – sportlich wie menschlich – und machte Fries zum Kapitän. „Er ist eine Führungspersönlichkeit und ein sportliches Vorbild. Er ist loyal, versteht, was ich will und gibt immer 100 Prozent Gas“, begründet der Coach seine Entscheidung. Bei diesen Worten lächelt Fries und senkt etwas verlegen den Kopf. Der Lehramtsstudent, der neben Sport in Zukunft katholische Religionslehre unterrichten will, wirkt bescheiden und bodenständig. Doch wenn man genau hinschaut, kann man auch den Stolz auf seine Leistung und seine Rolle in seinen Augen erkennen. „Ich seh' es als meine Aufgabe, nicht nur auf dem Platz Gas zu geben, sondern auch das Team zusammenzuhalten. Dazu gehört auch, die Spieler, die gerade keine Einsatzzeiten haben, bei Laune und motiviert zu halten“, sagt Fries.
Trainer mit Bundesliga-Erfahrung
Tatsächlich haben die Zellerauer in dieser Saison einen breiten Kader. Für jeden Mann auf dem Platz hat Reitmaier gleichwertige Alternativen auf der Bank. Gegen Forchheim (7./19), das wie der dienstägliche Gegner Viktoria Aschaffenburg bisher ein Spiel weniger absolviert hat als die restlichen Bayernligisten, kann er mit Ausnahme von David Drösler, der wegen einer Bauchmuskelzerrung weiter ausfällt, auf den kompletten Kader setzen.
Trotz dieser Tatsache und obwohl der in dieser Saison zu Hause ungeschlagene WFV gegen den Aufsteiger als Favorit in die Partie geht, warnt der Trainer in gewohnter Manier vor dem Gegner: „Die stehen sehr kompakt, haben, das zeigen die bisher erzielten 31 Tore, eine gute Offensive und ein schnelles Umschaltspiel. Das ist eine technisch gut ausgebildete Mannschaft.“ An der Seitenlinie der Oberfranken steht Christian Springer, der von 1995 bis 1997 für Zweitligist FC St. Pauli und von 1998 bis 2006 für den 1. FC Köln in der zweiten und ersten Bundesliga auf dem Platz stand. Fries wird bei der Partie am Samstag übrigens auf einen alten Bekannten treffen. Mit Innenverteidiger Andre Jerundow, ebenfalls einem talentierten Linksfuß, hat er schon in der Jugend in Jena zusammengespielt.