Understatement ist seine Sache eher nicht. Extrovertiert, immer etwas großspurig daherkommend ist das Bild, das Dennis Schröder, Deutschlands derzeit wohl bester Basketballer, in der öffentlichen Wahrnehmung abgibt. Ein auf seinen Social-Media-Kanälen gepostetes Foto von zwei goldenen Audi R8 vor seiner Villa steht beispielhaft für sein offenbar durchaus ausgeprägtes Geltungsbedürfnis. Dementsprechend war auch die Wortwahl, mit der 27-Jährige im Frühsommer verkündete, ab 1. Juli Alleingesellschafter seines Heimatklubs Basketball Löwen Braunschweig zu sein: "Lasst uns Geschichte schreiben", schrieb Schröder ganz unbescheiden auf seinem Instagram-Account.
Mit der Komplett-Übernahme des Klubs, an dem er zuvor 70 Prozent der Anteile gehalten hatte, sicherte Schröder den Löwen etwas mehr Glamour in der Basketball-Welt. Und in einer wirtschaftlich angespannten Situation die Existenz, die durch die Corona-Pandemie ernsthaft gefährdet war: "Braunschweig ist meine Heimatstadt, ich möchte der Region etwas zurückgeben. Ich bin überzeugt davon, dass wir den Standort weiterentwickeln und zu einem Top-Klub in der Liga machen können", sagte der künftige Mannschaftskollege von LeBron James bei den Los Angeles Lakers bei seiner Präsentation. "Wir wollen Contender (Anwärter, Anm. d. Red.) für die Meisterschaft werden", präzisierte er jüngst in einem Interview bei "MagentaSport." Einen Zeitpunkt, wann es soweit sein könnte, hat Schröder jüngst auch auserkoren – mit ihm in einer der dann zu vergebenden Hauptrollen: "Ich würde schon gerne mit knapp 35 noch einmal nach Braunschweig kommen und für die Löwen spielen. Und dass wir dann eine Meisterschaft holen. Das ist mein Ziel für Braunschweig und auch für mich", so Schröder bei "Sky Sports News".
Bei all der Aufmerksamkeit, die der NBA-Star auf sich zieht, geht fast ein wenig unter, dass das Braunschweiger Basketball-Projekt das sportlich derzeit vielleicht spannendste in der Bundesliga ist – und ein wenig an "Würzburgs Junge Wilde" erinnert, als die damaligen X-Rays vor der Jahrtausendwende mit Dirk Nowitzki, Robert Garrett, Demond Greene oder Marvin Willoughby für Furore in der Liga sorgten. "Jugend forsch" könnte man es nun in Braunschweig nennen, denn nirgendwo sonst im Oberhaus wird derart konsequent auf heimische Spieler und Nachwuchskräfte gesetzt wie bei den Niedersachsen, die am Sonntagabend (20.30 Uhr) bei s.Oliver Würzburg antreten. Nur drei ausländische Akteure stehen im Kader des austro-amerikanischen Cheftrainers Pete Strobl.
Die Last der Verantwortung schultern Spieler wie Karim Jallow (23), Kostja Mushidi (22), der Ex-Würzburger Lukas Wank (23) oder Luc van Slooten (18), die noch in den Anfängen ihrer Karriere stecken. Der Ex-Bayreuther Lukas Meisner (25) oder Gave Schilling (25), aus Ulm in den Norden gewechselt, zählen da fast schon zu den Routiniers im Team. Zuletzt beim 96:78-Erfolg gegen Vechta glückte den Braunschweigern vermutlich Historisches: Gleich fünf deutsche Spieler punkteten zweistellig, erzielten insgesamt 82 der 96 Zähler. "Wir sind sehr jung, uns fehlt Erfahrung. Aber ich bin sehr stolz, dass meine Mannschaft mit Leidenschaft, mit Kampfgeist und als Mannschaft gespielt hat", sagte Strobel nach dem ersten Saisonsieg.
Dennis Schröder, bei den ersten Saisonauftritten im Pokal-Turnier war er noch als mitfiebernder Tribünengast zu sehen, dürfte die Kunde in den USA erfreut zur Kenntnis genommen haben. Weniger glücklich dürften ihn freilich die Schlagzeilen machen, die die "Bild"-Zeitung am Montag publizierte. Angeblich schuldet Schröder der Veranstaltungsagentur seiner letztjährigen Hochzeit noch einen fünfstelligen Betrag, auf exakt 67 234,65 Euro taxiert das Boulevard-Blatt die Forderungen der Firma, die beim Amtsgericht Uelzen/Niedersachsen einen Vollstreckungsbescheid erwirkte und die gerichtliche Pfändung ankündigte. Schröder zeigte sich über seinen Anwalt "wirklich sehr enttäuscht", wies die Ansprüche als "unbegründet" zurück und habe bereits Ende Oktober Einspruch gegen den Bescheid eingelegt.