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Basketball
„Den klassischen Baskets-Fan gibt es nicht“
Mehr als 2000 Fans im Schnitt garantierten vergangene Saison für beste Stimmung in der s.-Oliver-Arena.
Foto: FOTO Fabian Frühwirth | Mehr als 2000 Fans im Schnitt garantierten vergangene Saison für beste Stimmung in der s.-Oliver-Arena.
Das Gespräch führte Fabian Frühwirth
 |  aktualisiert: 07.09.2017 19:15 Uhr

Die Würzburg Baskets sind zweifelsfrei das große Zugpferd in einer vom Sport nicht gerade verwöhnten Stadt. In der abgelaufenen Saison – mehr als 2000 Zuschauer kamen durchschnittlich zu den Heimspielen – stieg das Team von Trainer Berthold Bisselik verlustpunktfrei in die Zweite Bundesliga ProB auf. Auch dort ist dem Neuling der Start mit dem klaren 85:66-Auswärtssieg in Speyer geglückt. Vor dem ersten Heimspiel am Samstag gegen das schwäbische Weißenhorn (19 Uhr, s. Oliver Arena) reden die beiden Baskets-Manager Jochen Bähr (39) und Klaus Heuberger (45) über Visionen, das Geheimnis des Erfolges und einen Saisonetat von rund einer halben Million Euro.

Frage: Am Samstag ist es endlich soweit, die Würzburg Baskets haben ihre Heimpremiere in der Zweiten Liga ProB. Kribbelt es nach so langer Zeit ohne Basketball wieder?

Jochen Bähr: Kribbeln ja. Aber wir hatten keine Pause. Für uns ist die Zeit zwischen zwei Spielzeiten immer die anstrengendste des Jahres. Die Mannschaft muss rekrutiert, Sponsorengespräche müssen geführt werden. Außerdem haben wir sehr viel Zeit und Geld in infrastrukturelle Veränderungen investiert. Uns ist ganz bestimmt nicht langweilig geworden, aber wir freuen uns, dass der Ball jetzt wieder in den Mittelpunkt rückt.

Der Auftakt ist mit dem deutlichen Auswärtssieg in Speyer bereits gelungen. Vieles deutet darauf hin, dass auch diese Saison eine sportlich eher langweilige werden könnte. Die Favoritenrolle schieben alle Konkurrenten nach Würzburg.

Bähr: Das mag sein, aber von Langeweile wird nicht die Rede sein. Solch eine Dominanz, wie wir sie in der Regionalliga-Runde erlebt haben, dürfte es nicht mehr geben. Es gibt durchaus drei, vier weitere Teams, die Aufstiegsambitionen hegen. Natürlich aber machen wir kein Geheimnis daraus, dass wir ganz vorne dabei sein möchten. Wir werden sehen, was am Ende dabei rauskommt. Wir müssen nicht aufsteigen, wollen aber.

Was den Saisonetat von rund einer halben Million Euro angeht, sind die Würzburg Baskets aber sicherlich der Liga-Krösus, oder nicht?

Klaus Heuberger: Das wissen wir nicht, weil wir die anderen Etats nicht kennen. Vermutlich wird es so sein, weil wir selbst den für die ProA vorgeschriebenen Etat erreicht hätten. Wir dürfen aber nicht außer acht lassen, dass wir sehr viel in Grundlagen wie unser gesamtes Trainerteam oder die Nachwuchsarbeit investiert haben. Auch in punkto Infrastruktur geben wir Geld aus, das andere erst gar nicht anpacken. Bestes Beispiel ist unser VIP-Bereich, den andere Vereine überhaupt nicht haben und deshalb alleine 90 Prozent ihres Etats für Spieler ausgeben. Bei uns fließt maximal die Hälfte in den Spielerbereich.

Der Basketball ist zweifelsfrei Türöffner zu einem gesellschaftlichen Ereignis in der Stadt. Die Heimspiele – das zeigt die professionelle Infrastruktur in der Halle – sollen ein Rundum-Erlebnis sein, nicht nur für Sportbegeisterte.

Bähr: Wir wollen – das ist ganz klar – eine Plattform für die Würzburger schaffen. Das gilt sowohl für die Zuschauer als auch für unsere Sponsoren. Deswegen stecken wir Geld in die Infrastruktur. Wir haben einiges in der Halle gemacht – von der Videowand bis hin zu mehr Verpflegungsständen und der Qualität des VIP-Raumes. Neben dem sportlichen wollen wir auch ein gesellschaftliches Ereignis bieten. Heuberger: Dabei dürfen wir die Stadt nicht außer acht lassen. Die Videowand war eine Investition, die die Stadt getätigt hat. Außerdem werden die sanitären Anlagen gerade saniert, und es soll ein neuer Boden kommen.

Welche Rolle spielt das Drumherum? Hätten die Baskets auch dann so viele Zuschauer, wenn es – wie bei den meisten ProB-Klubs der Fall – ein reines Basketball-Spiel ohne das gekonnt inszenierte Rahmenprogramm wäre?

Bähr: Gerade für Würzburg ist ein passender, außergewöhnlicher Rahmen sehr entscheidend. Hier gab es schon einmal Erstliga-Basketball, die Leute sind die Standards von früher gewohnt. Wir wollen der Sport-Event Nummer eins in der Stadt sein, da spielt das Außenherum eine elementare Rolle. Wir haben sportliche Ziele, aber die können wir nur dann realisieren, wenn das Gesamtpaket auch passt. Heuberger: Das Drumherum alleine beeinflusst die Zuschauerzahlen nicht so sehr. Wir hätten auch ohne das in Würzburg relativ viele Zuschauer – der Basketball hier lebt von seiner Vorgeschichte. Das Ambiente ist viel wichtiger für Sponsoren oder welche, die es werden möchten. Wir bringen zum Ausdruck, wie wichtig es uns ist, zum Sport auch einen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten.

Den Würzburg Baskets, so werden jetzt wieder viele sagen, wird seitens der Stadt geholfen. Beim Thema Fußball aber hält sich das Rathaus zurück.

Bähr: Wir legen großen Wert darauf, dass das keine Investitionen in die Baskets sind, sondern in die s. Oliver Arena, die übrigens alle Vereine nutzen können. Dennoch ist es ein vernünftiges Miteinander mit den Verantwortlichen in der Stadt. Dort hat man erkannt, dass wir ein Aushängeschild sind – deswegen erhalten wir die nötige Unterstützung. Heuberger: Wir sehen uns nicht als Konkurrenz zum Fußball oder anderen Sportarten. Unser Ansatz ist es vielmehr, zu zeigen, dass in Würzburg sportlich etwas auf die Beine gestellt werden kann. Wenn andere das auch machen, dann freut uns das. Und am Ende stellen wir uns auch dem Wettbewerb um Sponsoren. Im übrigen sehe ich es nicht als städtische Aufgabe, die Fußballvereine Würzburgs an einen Tisch zu bekommen, um gemeinsame Sache zu machen. Das müssen die Klubs schon von sich aus machen – und sie müssen es vor allem selbst auch wollen.

Welche Zeiträume sind aus Ihrer Sicht realistisch, wenn man von der Rückkehr des Bundesliga-Basketballs in der Stadt spricht?

Bähr: Bei unserem Start vor drei Jahren hatten wir uns zum Ziel gesetzt, binnen fünf Jahren zurück im Profigeschäft zu sein. Das haben wir bereits jetzt geschafft. Der Basketball-Job ist mittlerweile mit großem Aufwand verbunden – wir arbeiten alle noch und nehmen unsere Berufe sehr ernst, zusätzlich investieren wir noch sehr viel Zeit in die Baskets. Jetzt müssen wir sehen, ob wir das auch weiterhin wollen und inwieweit wir Verstärkung benötigen. Das betrifft weniger den sportlichen Bereich, sondern vielmehr das Management. Eine erste Antwort geben wir bereits, am 17. Oktober eröffnen wir in der Innenstadt eine Geschäftsstelle. Das ist ein nächster Schritt in die richtige Richtung. Wir wollen noch professioneller werden. Um aber in der BBL zu spielen, muss schon alles passen. Aus diesem Grund würden wir gerne mit unseren Sponsoren und denen, die noch hinzukommen, einen Fünfjahresplan ausarbeiten und dann die Resonanz abwarten. Da spielt dann auch die Hallen-Frage eine Rolle. Was uns positiv stimmt: Immer dann, wenn wir der Stadt eine solide Planung vorgelegt haben, sind wir dort auch auf offene Ohren gestoßen.

Sie betonen beide immer wieder, dass der Aufstieg kein Muss ist. Im Umfeld aber ist die Erwartungshaltung groß. Sollte es nicht klappen, würde der Zuspruch dann nachlassen?

Bähr: Mittelfristig soll es natürlich klappen. Aber wenn es zwei Jahre dauert, dann dauert es eben zwei Jahre. Wir haben jetzt auch zwei Jahre Regionalliga hinter uns, zwei Jahre ließe es sich auch in der ProB aushalten. Ganz sicher. Wichtig wird sein, dass wir nicht nur sportlich wachsen, sondern alles im Gleichschritt vorankommt. Heuberger: Der Zuspruch würde sicherlich nicht zurückgehen, sportlich ist der Reiz in der ProB gegeben – das würde dort auch in einer weiteren Saison nicht anders sein.

In der vergangenen Saison deutlich mehr als 2000 Zuschauer bei den Heimspielen – wie sieht in Ihren Augen der klassische Baskets-Fan aus?

Bähr: Den gibt es meiner Meinung nach gar nicht. Altersmäßig ist alles dabei. Von drei Jahren bis 80, Familien, großer Frauenanteil, Studenten, Geschäftsleute. Bei uns kann sich jeder wiederfinden, das ist sicherlich ein Vorteil. Heuberger: Für mich ist es interessanter zu wissen, wie der Zuspruch in drei, vier Jahren aussieht, wenn etwa eine Entwicklung ihr Ende gefunden hat. Wie sieht es dann aus mit dem Würzburger Zuschauer? Auch wenn der Vergleich etwas hinkt, ich sehe das wie in Dortmund oder Gelsenkirchen. Dort gibt es den Fußball, den die Leute lieben und mit dem sich die Menschen eindeutig identifizieren. Da spielt es keine Rolle, ob der Verein jetzt deutscher Meister wird oder in der Tabelle auf Platz 14 steht. Die Leute glauben einfach ganz fest an ihre Klubs, kennen jedes Ergebnis. Die Menschen leiden und ärgern sich, fiebern mit und sind mit vollem Herzen dabei. Vielleicht schaffen wir es ja auch hier, in diese Richtung vorzustoßen – und die Würzburger identifizieren sich nicht nur mit ihrer Residenz oder der Festung, sondern auch mit dem Basketball.

 
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