Die Talfahrt der Kickers ist erst einmal gebremst. Im letzten Heimspiel des Jahres feierten die Würzburger Drittliga-Fußballer einen wertvollen 3:1 (0:0)-Sieg gegen Viktoria Köln und zogen damit im Tableau an den nun schon seit zehn Partien sieglosen Rheinländern vorbei. Ob das Spiel schon zum Wendepunkt in dieser Saison taugt? Vor der Winterpause stehen für die Kickers nun noch zwei Auswärtsspiele an: beim Halleschen FC und bei der zweiten Mannschaft des FC Bayern München.
Am Samstagnachmittag wirkte es tatsächlich so, als hätten die Kickers einen Rucksack voller Ballast abwerfen können. All das, was zuletzt so schwer schien, stellte in der Schlussphase mit einer Führung im Rücken kein Problem mehr da. Fußball ist eben oft auch Kopfsache. Und manchmal ist der Weg hinaus aus einem Leistungsloch eben einfach mühselig.
Auf drei Positionen hatte Trainer Michael Schiele seine Mannschaft gegenüber dem 0:1 in Rostock verändert: Leroy Kwadwo, Luke Hemmerich und Dominik Widemann blieben draußen, Robert Herrmann, Frank Ronstadt und Patrick Sontheimer durften wieder ran. Gerade Letzterer sollte seine Aufstellung rechtfertigen.
In der ersten Halbzeit war den Kickers noch anzumerken, dass das Selbstvertrauen bei ihnen in den letzten Wochen gelitten hatte. Nur einen Sieg gab es in den sechs vorangegangenen Spielen. Das Absacken auf Tabellenplatz 16 hatte seine Spuren hinterlassen. Nicht dass die Kölner die Würzburger in deren Hälfte gedrückt hätten. Bis auf eine vom flinken Linksaußen Simon Handle recht leichtfertig vergebene Chance blieben die Kölner ziemlich harmlos. Vor dem gegnerischen Gehäuse schien aber auch den Kickers ein ums andere Mal das Herz in die Hose zu rutschen, fehlte bisweilen auch die Courage, das Selbstvertrauen.
Die Rothosen hätten eigentlich schon vor der Pause die Weichen in Richtung Sieg stellen können. "Wir hatten enorm viele Ballgewinne in der gegnerischen Hälfte", stellte Kickers-Coach Schiele fest. Ob es nun an der aggressiven Würzburger Herangehensweise oder an der spürbaren Kölner Verunsicherung lag. Ein ums andere Mal konnten die Kickers den Viktoria-Kickern den Ball vom Fuß klauen und sich dadurch gute Torchancen erspielen. Nur beim Torabschluss wollte es zunächst nicht klappen.
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"Da habe ich mich etwas duselig angestellt", stellte Patrick Sontheimer mit Blick auf seine dicke Chance zum 1:0 fest. Nachdem Luca Pfeiffer den Ball knapp vor der Sechzehnerlinie einem Viktoria-Spieler abgeluchst hatte, war Sontheimer recht unbedrängt aufs Kölner Tor zugestürmt, machte aber am Ende einen Haken zu viel. Die Gäste konnten Sontheimers Versuch noch abblocken. "Da hat vielleicht auch ein bisschen Entschlossenheit gefehlt", so Sontheimer. Die Kickers dominierten die Partie, das erlösende Tor wollte aber nicht fallen.
Und so kam es eine Minute nach der Pause ganz dick für die Gastgeber. Aus einem Würzburger Einwurf auf Höhe des gegnerischen Strafraums resultierte ein Konter wie aus dem Bilderbuch. Am Ende der Ballstaffette stand der bislang beste Torjäger dieser Drittliga-Saison Albert Bunjaku, der aus kurzer Distanz seinen 13. Treffer in dieser Saison erzielte. Plötzlich führte der Gast mit 1:0 (46.).
Charaktertest nennt man in der Sportsprache jene Probe, vor der die Kickers nun standen und die sie in - das kann man durchaus so sagen - beeindruckender Manier bestanden. Es wäre nämlich kaum verwunderlich gewesen, wenn die Rothosen angesichts des jüngsten Negativlaufs nun mit hängenden Schultern über den Rasen gelaufen wären. Doch die Kickers krempelten nun so richtig die Ärmel hoch, nahmen ihr Herz in die Hand und wurden flugs belohnt.
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Sechs Minuten nach der Kölner Führung war es Sontheimer, der in der ersten Halbzeit noch aus bester Position vergeben hatte, der zum 1:1 traf. "Mit links", wie er hinterher betonte: "vielleicht sollte ich öfter einmal diesen Fuß nehmen." Es war der zweite Treffer für Sontheimer im Profifußball. Sein erstes Tor war ihm in dieser Saison beim 3:2-Sieg gegen Meppen gelungen. "Ich weiß mittlerweile wo das Tor steht", so Sontheimer: "Es war ganz, ganz wichtig zurückzukommen. Insgesamt können wir heute viel Positives aus dem Spiel ziehen."
Auch weil der Kapitän mal wieder im entscheidenden Moment zur Stelle war. Sebastian Schuppan war bei einem Eckball, wie eigentlich immer bei solchen Situationen, in den gegnerischen Strafraum aufgerückt. Als die Kölner den von Simon Rhein in die Mitte getretenen Ball nicht richtig klären konnten und das Spielgerät Schuppan vor die Füße fiel, fackelte der nicht lange und drosch ihn mit Vehemenz zum 2:1 über die Linie (64.). Schon das vierte Saisontor für Schuppan. Keine schlechte Bilanz für einen Innenverteidiger ist das. Schon der stürmische Jubel vor dem Fanblock zeigte, welch Last bei den Kickers mit diesem Treffer abfiel.
"Es tut gut eine Führung im Rücken zu spüren", sagte auch Sontheimer. In Gefahr sollte der Sieg hernach nämlich nicht mehr geraten. Die Kickers beherrschten Spiel und Gegner und verpassten es ein noch höheres Ergebnis herauszuschießen. Ein Kopfballtreffer von Luca Pfeiffer (75.), als die Kickers gerade nach einer Verletzung des Kölner Abwehrmanns Fabian Holthaus für einige Sekunden in Überzahl waren, war das einzige Tor, was den Rothosen noch gelingen sollte. Aber das war am Schluss dann auch nicht mehr so wichtig. "Jetzt haben wir Rückenwind. Wir fahren mit breiter Brust nach Halle", so Sontheimer. Nach dem Befreiunggschlag soll noch in diesem Jahr, so hoffen die Kickers, die Trendwende gelingen.