
Der Radio-Wort-Akrobat Günther Koch ist unter die Schriftsteller gegangen: "Der Ball spricht" heißt das Buch und es ist . . .
Günther Koch: Ja, in gewisser Weise eine Liebeserklärung an den Ball, an das Radio, an Franken, und es ist auch ein Eingeständnis an die Liebe zum FC Bayern.
Gerade den Hang zum Münchner Meister-Klub werfen Ihnen die Club-Fans vor.
Koch: Ich bin Club-Fan und Bayern-Fan. Das geht, das funktioniert. Aber wenn ich im Frankenstadion beim Spiel gegen Dortmund sitze und den größten Jubel gibt es, als der Mainzer Ausgleich in München eingeblendet wird, dann zeugt das von blindem Hass verbunden mit großer Dummheit. Mainz ist ein Mitkonkurrent des 1. FC Nürnberg im Kampf um den Klassenerhalt.
Ihre Geschichten drehen sie viel um die gute alte Zeit des Fußballs. War früher alles besser?
Koch: Ein bisschen Wehmut ist sicher dabei. Denn ich fürchte, dass der wahre Fußball-Fan immer mehr vertrieben wird. Er wird an den Rand gedrängt und auf die Holzklasse verbannt, während Promis der ersten, zweiten und dritte Güte mit gelben und roten und grünen Bändchen in die Arena geführt werden.
Wo dann, wie Sie schreiben, "das große Fußballfressen stattfindet", mit einem Spiel als Randereignis . . .
Koch: Ja, das sieht alles aus wie eine große Shopping-Tour. So kommt es, dass der Mainzer Torwart Wache von der Stimmung in der Allianz Arena enttäuscht ist: "Bei uns sind zwar nur 19 000 in der Bude, aber da ist mehr los." Am unglücklichsten aber ist der Rasen.
Weshalb?
Koch: Weil er nicht mehr gedeiht. Schauen Sie sich doch die Arenen an in München, Hamburg oder sonstwo. Da wird alle paar Wochen ein neuer Rasen reingerollt. Da lobe ich mir das Frankenstadion. Da frierst zwar und da zieht's, aber der Rasen hat alles, was er braucht: Sonne, Regen und den Wind.
Zurück zum sprechenden Ball, den Sie als letzte unbestechliche Instanz des Fußballs bezeichnen...
Koch: Ja, er ist der springende Punkt in diesem wunderbaren Spiel. Alle sind ihm ausgeliefert. Ich will nicht ins Mystische gehen, aber ich glaube, der Ball bekommt nicht die Wertschätzung, die er verdient. Ein Bowlingspieler pflegt seine Kugel, und ein Tennisspieler wird den Ball, mit dem er gerade ein Ass geschlagen hat, so lange nicht mehr aus dem Auge lassen, bis er ihn wieder in der Tasche hat. Aber unsere Fußballer treten ihn nur. Vielleicht ist es ja kein Zufall, dass die Brasilianer den Ball ganz anders behandeln, ihn nahezu streicheln.
Auf Seite 156 greifen Sie ein heißes Eisen auf und befürworten eine Fusion des 1. FC Nürnberg mit der SpVgg Greuther Fürth. Glauben Sie wirklich daran?
Koch: Nein. Aber ich will, dass man darüber nachdenkt und nicht verharrt in einer schädlichen Engstirnigkeit. Solch ein Klub hätte Zukunft, und er wäre realisierbar, wenn man den will. Der FC Franken ist mehr als eine Provokation.
Sie haben auch Ihre Lieblingsmannschaften und -trainer der bayerischen Top-Klubs zusammengestellt. Zwei Einwände dazu. Bei den Bayern fehlt Udo Lattek.
Koch: Naa, bittschön. Den habe ich bewusst weggelassen, der nimmt sich selbst zu wichtig. Der hatte damals eine Mannschaft mit Beckenbauer, Müller und Breitner, mit der wäre auch ein Achim Muth deutscher Meister geworden. Was noch?
Bei 1860 München fehlt der Franke Bernhard Winkler, immerhin der zweitbeste Torschütze nach Rudi Brunnenmeier.
Koch: Hmm. Tja. Der Winkler. Den habe ich glatt vergessen. Einwand akzeptiert, er hat die Berechtigung, in dieser Löwen-Mannschaft zu stehen.
Daten & Fakten
Lesung mit Günther Koch
"Der Ball spricht" heißt ein ver-
gnüglicher Abend rund um den
Fußball am Dienstag, 13. Dezem-
ber. Im Gewölbekeller des Meisner-
hofes in Erlabrunn liest der preis-
gekrönte Radio-Reporter ("Heute
im Stadion") aus seinem Buch und
erzählt Anekdoten über den Club,
die Bayern und die Briten. Karten
unter Tel. (0 93 64) 8 08 70.