Die Diskussionen um die Causa Mesut Özil nehmen kein Ende. Obwohl es scheint, als sei die Debatte in der Politik und in den Medien lauter, als an der Basis – im lokalen Fußball.
Für Ercan Öztürk beispielsweise, seit zwölf Jahren Führungsspieler, teils auch Kapitän des Bezirksligisten FT Schweinfurt, ist Özil kein großes Thema. „Das Foto mit Erdogan war unglücklich“, sagt der 30-jährige, „jetzt aber eine Rassismus-Debatte anzustoßen, halte ich für zu weit gegriffen.“
Fußballer fühlen sich wohl
Eine ähnliche Meinung hat auch Murat Akgün. Der 39-Jährige war zuletzt sechs Jahre Spielertrainer beim Kreisklassisten Türkiyemspor Schweinfurt, vormals Hilalspor. Auch er feierte als Spieler höherklassig Erfolge bei der FTS und beim FC Sand. „Özils Rassismusvorwurf kann ich nicht nachvollziehen.“ Die beiden sind die vielleicht prominentesten türkisch-stämmigen Fußballer im Schweinfurter Raum.
Wobei beide auch in der Kugellagerstadt geboren wurden. „Ich fühle mich hier bestens integriert“, sagt Öztürk, auch Akgün ergänzt: „Im Alltag erlebe ich nicht mehr oder weniger Rassismus als jeder andere auch.“ Neben seiner Tätigkeit in den türkischen Vereinen – auch beim FV Türk Gücü war er mal ein Jahr lang aktiv – trainierte Akgün auch schon alle Kinderteams des FC 05 Schweinfurt von den Bambinis bis zur U 11, weil da seine Söhne spielen. Aktuell noch die U 9. „Sonst mache ich als Trainer mal ein Jahr Pause. Danach will ich wieder einsteigen und auch noch ein wenig kicken“, sagt er.
Beschimpfungen kommen vor
Wer das Sportgeschehen im Kreis Schweinfurt verfolgt, der mag durchaus den Eindruck haben, Rassismus habe vor vielleicht 20 oder 25 Jahren tatsächlich eine größere Rolle gespielt. Damals, als es nur Türk Gücü gab und die Türken noch als „Exoten“ galten. Da gab es öfter Probleme, weil sich der FV von Schiedsrichtern verpfiffen fühlte oder von Zuschauern oder vom Gegner beschimpft. In der Zwischenzeit haben sich alle längst aneinander gewöhnt, da gehören Vereine wie Türkiyemspor, Türk Gücü oder die russisch-stämmigen Kicker von Fortuna 96 Schweinfurt einfach dazu.
Wirklich? „Man wird schon noch sehr viel beschimpft“, berichtet Akgün. „Allerdings haben wir alle ein dickes Fell: Das geht rechts rein und links wieder raus.“ Meist würden er und seine Mannschaftskameraden auch schon vorher die „Kandidaten“ kennen, bei denen es hoch her geht.
„Das sind immer die gleichen Mannschaften. Da wird dann gerne der ein oder andere Spieler herausgepickt, auf den sich alle einschießen, in der Hoffnung ihn provozieren zu können, vielleicht sogar zu einer Aktion, die eine Rote Karte nach sich zieht.“ Ob das tatsächlich Rassismus in Reinkultur sei, könne er schwer sagen. Öztürk hat bei den Freien Turnern „schon seit Jahren überhaupt keine Probleme. Ganz früher vielleicht mal, aber da mussten wir schon sehr weit aufs Land rausfahren.“ Was sich Beide wünschen würden: Dampf aus der Debatte raus nehmen und wieder mehr miteinander, statt gegeneinander zu sprechen. Auch Özil und der DFB.