Für Trainer Bernd Hollerbach ist sein FC Würzburger Kickers an diesem Freitagabend (18.30 Uhr, Stadion Nürnberg) beim Fußball-Zweitliga-Spiel gegen den 1. FC Nürnberg der klare Außenseiter. In der Tabelle aber steht der Aufsteiger aus Unterfranken als Sechster derzeit zwei Punkte und drei Ränge vor dem FCN. Wer ist nun die Nummer eins in Franken? Vor dem Vergleich auf dem Rasen haben wir den Faktencheck gemacht:
Die Mannschaft
Auf 18,63 Millionen Euro beziffert das Internetportal „transfermarkt.de“ den Marktwert der Spieler im Kader des 1. FC Nürnberg. Das Kickers-Team ist, laut der Internetseite, 10,65 Millionen Euro wert. Gewiss ist dies nur eine Spielerei. Harter Fakt ist freilich, dass in den Reihen der Nürnberger acht Akteure stehen, die schon einmal für die A-Nationalmannschaft ihres Landes angetreten sind. Edgar Salli (Kamerun) und Even Hovland (Norwegen) waren auch in den vergangenen beiden Wochen mit ihren Nationalteams unterwegs. Bei den Kickers haben lediglich Valdet Rama (Albanien) und Junior Diaz (Costa Rica) Länderspielerfahrung. Nejmeddin Daghfous wurde in dieser Saison zum tunesischen Auswahlteam eingeladen, kam aber nicht zum Einsatz.
Auch in Sachen Erstliga-Erfahrung haben die Cluberer eindeutig mehr zu bieten. 496 Einsätze in der ersten Bundesliga haben die FCN-Akteure insgesamt auf dem Buckel. Bei den Würzburgern gibt es immerhin fünf Spieler mit Erfahrung in der höchsten deutschen Spielklasse. Insgesamt 103 Erstligaspiele haben sie dort bestritten. Mit 69 Einsätzen entfällt der Großteil freilich auf einen Spieler: den ehemaligen Mainzer und Darmstädter Junior Diaz.
Der Nachwuchs
Weil die Kickers erst seit dieser Saison dabei sind, ein Nachwuchsleistungszentrum nach Profistandards aufbauen, hinkt dieser Vergleich natürlich. Mit Lukas Mühl, Patrick Kammerbauer und Cedric Teuchert kamen in dieser Saison beim Club immerhin schon drei Spieler zum Einsatz, die aus dem eigenen Nachwuchs stammen. Bei den Kickers kam beim Testspiel gegen Jahn Ragensburg mit Nico Wagner immerhin ein Akteur aus dem U-19-Team zu einem Kurzeinsatz. Vielleicht schafft er es ja mal ins Profiteam.
Die Torjäger
In dieser Kategorie ist der Club im Vorteil: Guido Burgstaller ist mit zehn Treffern in elf Spielen bester Torschütze der zweiten Liga. Treffsicherster Kickers-Akteur ist Elia Soriano mit vier Toren. Die Würzburger indes haben den Vorlagen-König der bisherigen Zweitliga-Saison in ihren Reihen: der Deutsch-Tunesier Daghfous leistete bei sieben Treffern die Vorarbeit – das ist der Liga-Bestwert.
Die Fans
An diesem Freitag werden gut 2000 Anhänger den FC Würzburger Kickers zum Auswärtsspiel in Nürnberg begleiten. Eine Ausnahme. Im Schnitt bringen die Würzburger in dieser Saison rund 400 Fans zu ihren Auftritten in der Fremde mit. Der 1. FC Nürnberg bewegt in Franken nicht nur die Gemüter, sondern auch die Massen. Schon die Zahl der Fanklubs ist beeindruckend: 675. Über 40 000 Menschen bekennen sich als Fan-Klub-Mitglieder zum FCN. Die Kickers haben neun Fanklubs. Außerdem sind rund 350 Anhänger beim Dallenberg Supporters-Club, der sich als Dachorganisation aller Rothosen-Anhänger versteht, organisiert. Insgesamt werden 35 000 Zuschauer zu dem fränkischen Vergleich erwartet und damit deutlich mehr als im Schnitt bislang zu Nürnberger Heimspielen kamen: Mit durchschnittlich 28 122 Zuschauern liegt der Club im Liga-Vergleich auf Platz fünf.
Auch wenn die absoluten Zahlen eindeutig sind: Was die durchschnittliche Auslastung des Stadions angeht, liegen die Kickers weit vor dem Club. Mit 11 533 Zuschauern im Schnitt ist die Flyeralarm Arena zu 87,9 Prozent gefüllt – der fünftbeste Wert der Liga. Das 50 000 Besucher fassende Nürnberger Stadion ist in dieser Saison nur zu 56,2 Prozent ausgelastet.
Der Trainer
Für Übungsleiter ist der 1. FC Nürnberg, jener Verein der als Erster nach Gründung der Bundesliga seinen Trainer entließ, kein einfaches Pflaster. Als Bernd Hollerbach im Sommer 2014 sein Amt bei den Würzburger Kickers antrat, hieß der Club-Trainer Valérien Ismael. Danach waren dort Roger Prinzen als Interimscoach und René Weiler tätig, ehe Alois Schwartz im Sommer sein Amt antrat. Wobei an ehrlicherweise schon hinzufügen sollte, dass Weiler im Sommer den Verein von sich aus Richtung Belgien verließ und nicht entlassen wurde.
Der Verein
Während die Kickers 2014 schon als Regionalligist eine AG gründeten, die seither die Geschicke im Profifußball führt, ist der 1. FC Nürnberg noch immer ganz und gar ein eingetragener Verein: Das heißt auch Trainer und Spieler sind dort angestellt. Die 16 000 Mitglieder sind also – zumindest bis zu einem gewissen Grad – mitspracheberechtigt. Bei den Kickers ist der Verein, der auch eine Tischtennis und eine Boxabteilung besitzt, Eigentümer der AG. Dieser Stammverein hat gerade einmal 1400 Mitglieder.
Die Tradition
Die Kickers feierten am Donnerstag ihren 109. Geburtstag, der FCN ist sieben Jahre älter. Aber das alleine macht einen Traditionsverein nun mal nicht aus. Dass beim Wörtchen Club in Deutschland jeder Fußball-Fan gleich weiß, welcher gemeint ist, sagt eigentlich schon alles. Neun deutsche Meistertitel und vier DFB-Pokalsiege hat der 1. FC Nürnberg gewonnen. Von den meisten Erfolgen gibt es aber nur Schwarz-Weiß-Bilder in den Archiven. Und die Titel der Kickers? Wenn man großzügig ist, könnte man hier die Bayernliga-Meisterschaft 1977, Platz eins in der bayerischen Regionalliga 2014 und die beiden Siege im bayerischen Toto-Pokal-Wettbewerb 2014 und 2018 nennen.
Kein Vergleich also!