Es war bereits das Jahr 2021 als die Würzburger Kickers in der Hinrunde dieser Fußball-Zweitliga-Saison den FC St. Pauli empfingen. 1:1 endete die Partie am Dallenberg und die Rothosen ärgerten sich, dass es trotz Überzahl und 1:0-Führung nicht zum Sieg gereicht hatte in diesem Kellerduell des Letzten gegen den Vorletzten. Tabellenschlusslicht sind die Kickers noch immer, aber der FC St. Pauli hat seit dem letzten Aufeinandertreffen eine erstaunliche Entwicklung genommen.
"Ein Schlüsselpunkt" sei dieses Spiel für seine Mannschaft gewesen, meint Timo Schultz, der Trainer der Hamburger: "Wir verbinden deshalb mit Würzburg gute Gedanken." In den 14 darauffolgenden Spielen verlor St. Pauli nur noch zweimal, mit dem Abstieg haben die Hamburger längst nichts mehr zu tun. So schnell kann das gehen. Und so ist der Gegner vom Samstag für Kickers-Trainer Ralf Santelli auch ein Vorbild: "St. Pauli hat recht früh den Lauf für sich entdeckt. Vielleicht gelingt uns das in den nächsten Spielen auch noch." Ein drittes ungeschlagenes Spiel in Serie wäre da schon einmal ein Anfang. Aber eigentlich helfen den Kickers nur noch Siege. Was vor dem Gastspiel am Millerntor noch zu klären wäre:
Offenbar keine. "Ich habe überhaupt keine Informationen dazu, wie es dazu kam und wie der Hintergrund war", sagt Trainer Santelli zu Fischers Aktion. Er habe derzeit andere Dinge, mit denen er sich beschäftige. Damit war das Thema bei der Online-Presserunde am Donnerstag dann auch abgehakt. Und beim Gegner? Ob man bei St. Pauli befürchte, dass sich der Schiedsrichter womöglich beeindrucken lasse, wurde Trainer Schultz von den Hamburger Medien gefragt. "Das kann ich mir nicht vorstellen", lautete die Antwort.
"Rotation ist eine Notwendigkeit", sagt der Kickers-Coach mit Blick darauf, dass mit der Partie am Samstag in Hamburg wieder eine englische Woche beginnt. Bereits am Dienstag geht es am Dallenberg gegen Darmstadt, ehe nächste Woche Freitag das Auswärtsspiel in Karlsruhe auf dem Programm steht. So habe er auch das Training dosiert, erzählt Santelli. Es gäbe nun weniger aber intensivere Einheiten als in der Vergangenheit. Wechselspiele im Team seien trotzdem nötig: "Es geht darum, Frische ins Team zu bringen." Außerdem ist mit Patrick Sontheimer ein zentraler Akteur der Kickers gelbgesperrt. Ob Torjäger Ridge Munsy am Millerntor auflaufen kann, ist noch ein bisschen fraglich. Der Schweizer war wegen des nur mit Gelb bestraften aber eigentlich rotwürdigen Rempler von Nürnbergs Lukas Mühl beim Spiel am Sonntag auf seine Schulter gefallen und hatte deshalb unter der Woche Schmerzen. Am Donnerstag fehlte der Angreifer aber auch aus privaten Gründen beim Training. Ob es zum Einsatz reicht, wird erst das Abschlusstraining am Freitag zeigen.
Ein deutliches Fragezeichen steht hinter dem Einsatz von Stammtorhüter Hendrik Bonmann. Der 27-Jährige hat sich im Training unter der Woche eine Muskelverletzung zugezogen und fehlte am Donnerstag auf dem Trainingsplatz. Bonmann, der seit dem Hinspiel gegen St. Pauli Fabian Giefer als Nummer eins der Rothosen abgelöst hat, hat auch unter Santelli einen hohen Stellenwert für das Team. Der Beweis: Beim Auswärtsspiel in Hannover machte der Kickers-Trainer den Keeper sogar zum Kapitän. Sollte Bonmann am Samstag nicht spielen können, worauf einiges hindeutet, muss der Rothosen-Coach sich zwischen Giefer und Erik Verstappen entscheiden. Die Erfahrung spricht dabei eindeutig für die einstige Nummer eins im Rothosen Kasten. Der Niederländer Verstappen hat nur ein Zweitliga-Spiel in seiner Vita: als eingewechselter Feldspieler beim 0:2 in Darmstadt. Trotzdem sieht Santelli, einst selbst unter Cheftrainer Ralf Rangnick in Ulm und Hannover als Torwarttrainer tätig, beide Keeper auf einem ähnlichen Niveau. Im Fall der Fälle werde er zusammen mit Torwarttrainer Marco Langner entscheiden, wem er in St. Pauli das Vertrauen schenkt. "Ich habe zu allen drei Torhütern absolutes Vertrauen."
"Solange wir mathematisch die Chance haben, wollen wir es versuchen.", sagt Santelli und die Niederlage von Konkurrent Osnabrück am Mittwoch gegen Regensburg habe bei ihm schon dafür gesorgt, "dass ich gut eingeschlafen bin. Auch wenn ich keinem Kollegen eine Niederlage wünsche." Sechs Punkte beträgt aktuell der Rückstand zum Relegationsplatz 16. An Selbstvertrauen soll es nicht mangeln. Daran habe man gearbeitet. "Die Körpersprache ist besser geworden", so Santelli, der einen mutigen Auftritt von seinem Team fordert: "Wir wollen uns nicht bloß wehren. Wir wollen selbst agieren und St. Pauli zu Fehlern zwingen. " Am Ende müsse sein Team noch effizienter werden: "Die Top-Teams der Liga machen aus drei Chancen zwei Tore. Wir brauchen fünf bis sechs Chancen für ein oder zwei Treffer. Das muss besser werden."
Und der Vertreter kann sich neu beweisen. Das ist eine Chance für ihn.