
Wirklich prominent ist er nicht. Dabei ist er Nationalspieler. Seit März 2013 hat Enrico Göbel sieben Länderspiele als Torwart der Blindenfußball-Nationalmannschaft gemacht. Bei der Europameisterschaft in Italien trug er 2013 dazu bei, dass Deutschland am Ende Platz vier belegte. Nun hofft der Veitshöchheimer, auch bei der Weltmeisterschaft im November in Japan das deutsche Tor zu hüten. Der 32-Jährige steht zurzeit beim einzigen bayerischen Blindenfußball-Team von Vital-Sportverein (VSV) und Berufsförderungswerk (BFW) Würzburg. Am Wochenende wollen Enrico Göbel und seine Mitstreiter ein Fußballspiel der besonderen Art zeigen: Auf dem Gelände des Sportzentrums der Universität Würzburg am Hubland trifft die Deutsche Blindenfußball-Nationalmannschaft am Samstag, um 15 Uhr auf die französische Vereinsmannschaft Girondins Bordeaux (der Eintritt ist frei). Der IT-Lehrer des BFW Würzburg, einem Bildungszentrum für Menschen mit Seheinschränkung, ist als Torwart der einzige sehende Spieler seines Teams, die vier Feldspieler jeder Mannschaft sind blind und orten Ball und Gegner nur nach Gehör.
Enrico Göbel: Am Wochenende findet in Zusammenarbeit mit dem Sportzentrum der Uni eine neue Auflage unseres Blindenfußball-Seminars statt. Gemeinsam mit meinem Trainer und Förderer Ansgar Lipecki vermitteln wir Lehramtsstudenten die anspruchsvolle Sportart Blindenfußball. Unser Ziel ist es, bei den Studierenden ein Gefühl dafür zu entwickeln, was Menschen trotz Seheinschränkung leisten. Das können wir mit Unterstützung der Blindenfußball-Nationalmannschaft tun.
Göbel: Im Rahmen unseres Seminars trifft sich der aktuelle deutsche Auswahlkader am Würzburger Hubland zur Vorbereitung auf die Blindenfußball-WM in Japan. Mit dem französischen Meister Girondins Bordeaux hat eine der weltbesten Vereinsmannschaften im Blindenfußball für das Vorbereitungsspiel zugesagt.
Göbel: Startschuss waren 2013 die Planungen zum Sportfest „NoLimits“, einem großartigen Sporterlebnis für Menschen mit und ohne Behinderung. Im Mai 2015 wird es eine Neuauflage von „NoLimits“ geben. Durch mein Mitwirken im Organisationskomitee entstanden der Kontakt zum Sportzentrum der Universität Würzburg und die Idee, ein Blindenfußball-Seminar zu entwickeln und durchzuführen.
Göbel: Die Studierenden sind begeistert. Ich freue mich, dass wir mit dem WM-Vorbereitungsspiel noch mehr Wettkampfcharakter und Praxisbezug in unserem Seminar unterbringen. Besonders spannend werden das Zusammentreffen der Studenten mit dem Team und der Erfahrungsaustausch.
Göbel: Blindenfußball wird auf einem handballfeldgroßen Platz gespielt. An den Längsseiten gibt es hüfthohe Banden. Pro Team treten vier blinde Feldspieler und ein sehender Torwart an. Der Spielball ist innen mit Schellen versehen und rasselt, so können die Augenpflaster und Schwarzbrille tragenden Spieler ihn durch ihr Gehör orten. Zwei Guides pro Mannschaft geben zusätzlich zum Torwart Kommandos und unterstützen die Spieler durch Zurufe. Die wichtigste Regel lautet: Sobald ein Spieler auf den Ballführenden zuläuft, muss er „Voy“ rufen, um vor einem Zusammenprall zu warnen. Die Spielzeit beträgt zweimal 25 Minuten. Am besten, man schaut sich das Ganze am Samstag einmal an.
Göbel: Bei der Europameisterschaft in Italien im vergangenen Jahr auf dem Platz zu stehen war unglaublich. Die Nationalhymne zu singen und Teil des Teams gewesen zu sein, das mit dem vierten Platz den bisher größten deutschen Erfolg eingefahren hat, ist großartig. Natürlich gibt es auch immer wieder tolle Kontakte und Gespräche zu prominenten Sportlern. Das Faszinierendste ist aber etwas anderes . . .
Göbel: Das wirklich Wunderbare am Blindenfußball ist, dass er über alle vermeintlichen Grenzen und Handicaps hinweg verbindet. Blinde, sehbehinderte und sehende Sportler, Frauen und Männer über alle Altersklassen kommen in einem Team zusammen. Und auch kulturelle Grenzen werden überwunden: Bei einem Training mit sehenden Straßenfußballern aus Tansania hatten wir trotz mutmaßlicher Barrieren eine gemeinsame Sprache und die hieß Fußball.
Göbel: Wir haben uns erstmals für eine Weltmeisterschaft qualifiziert und wollen uns so teuer wie möglich verkaufen. Aber wir müssen realistisch sein: In andere Nationen wird Jahrzehnte länger Blindenfußball gespielt als bei uns. In Deutschland ist der Sport noch sehr jung und bei Weitem nicht so professionalisiert wie in anderen Ländern. Dennoch wollen wir in der starken Gruppe mit Spanien, Argentinien und Südkorea die Vorrunde überstehen. Dann ist alles möglich.
Göbel: Meine Saison war von Verletzungspech geprägt. Umso mehr freue ich mich über das Vertrauen von Bundestrainer Ulrich Pfisterer. Bei einer Weltmeisterschaft möchte man natürlich auf dem Platz und nicht nur am Rand stehen. Ich werde in den verbleibenden Wochen alles dafür tun, mich wieder zurückzukämpfen. Das Spiel am Samstag kommt aber noch zu früh für mich.
Göbel: Ein Blindenfußballerlebnis! Auch wenn wir im Nationalteam momentan mit einigen Verletzungssorgen zu kämpfen haben, wollen wir Werbung für unseren Sport machen. Ein Spiel gegen eine der besten Vereinsmannschaften der Welt ist ein spannender Test.
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