Mit diesem Ergebnis war nicht zu rechnen. Dass ein Spiel der Würzburger Kickers 0:0 endet, ist schon an sich ein erstaunlicher Fakt. Schließlich hatten die Drittliga-Fußballer vom Dallenberg in dieser Saison noch in jeder Partie mindestens einen Treffer kassiert und verfügen mit 33 Gegentoren über die schlechteste Defensiv-Bilanz aller Klubs in der Liga. Dass nun ausgerechnet beim Auswärtsspiel in Chemnitz die Abwehr dicht hielt, war auch deshalb erstaunlich, weil sich die Sachsen in den letzten Heimspielen als torhungrig erwiesen hatten. Drei Siege mit neun Toren gab es bei den letzten drei Heimspielen im für Drittliga-Verhältnisse sehr schmucken Stadion an der Gellertstraße. Fünfmal in Folge haben die äußerst schwach in die Saison gestarteten Chemnitzer nun nicht mehr verloren.
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Den 100. Drittliga-Sieg wollten die Gastgeber an diesem Sonntag ihrer Vereinschronik hinzufügen. Es kam nicht dazu. Am Ende mussten sich die Kickers ärgern, dass sie sich nicht mit dem zweiten Auswärtsdreier in Serie im Gepäck auf die 300 Kilometer weite Heimfahrt machen konnten. Es lief die 87. Minute einer Partie, in der sich beide Teams aneinander aufgerieben hatten. Da hätten die Würzburger fast noch "einen dreckigen Sieg" (Kickers-Trainer Michael Schiele) klar gemacht. Frank Ronstadt, ansonsten selten mit Zug zum Tor, hatte geflankt. Torjäger Luca Pfeiffer, bis dahin überhaupt nicht zu sehen, schraubte sich nach oben und köpfte den Ball an die Latte. Dominik Widemann, nach 71 Minuten eingewechselt, stand plötzlich ganz alleine direkt vor dem Kasten, köpfte aber CFC-Torhüter Jakub Jakubov aus kurzer Distanz an den Kopf. "Schade, dass er nicht zwei Kilogramm mehr wiegt, dann kommt er in dieser Szene nicht so schnell auf die Beine", scherzte Kickers-Coach Schiele mit Blick auf den Schlussmann der Hausherren.
Es wäre, so ehrlich sollte man sein, kein verdienter Sieg für die Kickers gewesen. Denn die Partie war über weite Strecken ein ziemliches Gestocher und Gewürge, zumindest, wenn es darum ging, in der Offensive aktiv zu werden. "Wir haben vorne nicht ganz so genau gespielt, wie wir es sonst machen", fand Kickers-Linksverteidiger Robert Herrmann. Die Leistung des aus Aue ausgeliehenen Akteurs stand stellvertretend für das Spiel de Gäste: deutlich verbessert und konzentriert in der Defensive, aber ohne die rechte Präzision bei den Vorstößen nach vorne. Das Resultat war ein Drittliga-Spiel, das die Zuschauer, unter ihnen auch der einst in Chemnitz ausgebildete einstige Nationalmannschafs-Kapitän Michael Ballack, an diesem herbstlich-frischen November-Nachmittag nicht wirklich erwärmen konnte.
Es war ein Partie mit wenigen chten Torchancen, in dem die Hausherren lange Zeit etwas zielstrebiger wirkten: Philipp Hosiner (8.) und Tobias Müller (30.) vergaben vor dem Würzburger Tor aber kläglich. In der zweiten Halbzeit hatten die Kickers Glück, als Schiedsrichter Robin Braun (Wuppertal) einen Einsatz des Chemnitzers Erik Tallig gegen Ronstadt als Foulspiel wertete und das anschließende Tor nicht zählte (53.).
Erst danach kamen die Rothosen durch Hemmerich, der nach einem tollen Spielzug über Fabio Kufmann und und Patrick Sontheimer, plötzlich frei vor Jakubov auftauchte, zu einer guten Gelegenheit (56.). Ansonsten aber blieb es in den Strafräumen arg ereignisarm. "Wir haben dem Gegner den Wind aus den Segeln genommen", stellte Schiele nach der Partie heraus. Der Kickers-Coach hatte sein Team im Vergleich zum 3:2-Sieg in Kaiserslautern nur auf einer Position verändert: Kapitän Sebastian Schuppan kehrte ins Team zurück, dafür musste Leroy Kwadwo auf der Bank Platz nehmen. Dort saß auf Chemnitzer Seite übrigens auch der Ex-Würzburger Clemens Schoppenhauer. Der Innenverteidiger, der einst mit den Rothosen den Doppelaufstieg aus der Regionalliga in die zweite Bundesliga gemeistert hatte, blieb wie so oft in diese Saison in Chemnitz außen vor.
Auf Würzburger Seite indes musste sich erneut Simon Rhein mit einer Rolle als Einwechselspieler zufrieden geben. Das entspricht sicher nicht den Ansprüchen des Mittelfeldmannes, den die Kickers als Leihspieler vom 1. FC Nürnberg nachverpflichtet hatten. "Er wird noch wichtig werden", stellte Schiele mit Blick auf ihn fest.
Eine sehr wichtige Rolle im Kickes-Team erarbeitet hat sich indes Vincent Müller. Zum nunmehr fünften Mal stand der 19-Jährige im Tor der Rothosen und freute sich selbstverständlich mit am meisten darüber, dass diesmal die Null stand. "Ich spüre das Vertrauen der ganzen Mannschaft", sagte der Keeper. Auch dass er beim 1:1 in Jena einmal mit einem Fehler das Gegentor verursacht hatte, habe er schnell abgehakt gehabt: "Damals war ich nach einigen guten Aktionen im Spiel zu gierig und wollte den Ball unbedingt und habe daneben gelangt. Das haben wir danach aufgearbeitet und das war dann auch schnell vergessen", erzählt Müller, der nun im Zweikampf mit Eric Verstappen um den Posten zwischen den Pfosten des Kickers-Kastens im Vorteil ist. "Ich denke, ich mache meine Sache im Moment ganz gut", sagte er. Mit dem ersten Spiel ohne Gegentor hat er zusätzliche Argumente gesammelt. Einen Gewinner gab es also auch bei diesem Remis.