FC Bayern München – s.Oliver Würzburg
(Freitag, 19.30 Uhr, AudiDome, live auf Sport1)
Auf ein Wiedersehen würde sich Dirk Bauermann am Freitag, wenn er bestimmt einige alte Weggefährten trifft, offenbar besonders freuen. „Vielleicht kommt ja Jupp Heynckes“, sagt er und lächelt. Der Trainer von Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg und der Erneut-Trainer des deutschen Fußball-Rekordmeisters FC Bayern München kennen sich seit langem, laut Bauermann schon seit seiner Leverkusener Zeit von Ende der 1980er bis Ende der 90er, als er Bayer sieben deutsche Meistertitel bescherte. Und die beiden Trainer standen für ein Jahr auch mal gemeinsam auf der Gehaltsliste des FC Ruhmreich. 2011 war das, als Bauermann mit den Münchner Basketballern in die Bundesliga zurückgekehrt war und Heynckes zum dritten Mal an der Säbener Straße angeheuert hatte.
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Nun also ist Heynckes erneut an der Isar gestrandet, und Bauermann kehrt zumindest für ein paar Stunden zurück. Zurück an den Ort seiner wahrscheinlich größten Schmach.
Gelingt Würzburg bei den Bayern der nächste Coup?
Die Ohrfeigen von Uli Hoeneß
Spektakuläre Geschichten haben es so an sich, dass sie gerne und oft wiederholt werden, und selbst wenn die Geschichte von Dirk Bauermann und dem FC Bayern München schon häufig erzählt worden ist, so ist sie dennoch so bemerkenswert – auch und vor allem wegen ihres Aufsehen erregenden Endes –, dass sie erzählt werden muss, wenn Bauermann auf seinen ehemaligen Arbeitgeber trifft.
Um das Außergewöhnliche der Geschichte in seiner Gänze zu begreifen, muss man die Hintergründe kennen. 2010 folgte der damalige Bundestrainer und neunmalige deutsche Meister Dirk Bauermann dem Lockruf aus München und übernahm erst mal zusätzlich zu seiner Arbeit beim Basketball-Bund die Mannschaft des Zweitligisten FC Bayern und führte sie auf Anhieb in die Bundesliga. In seiner ersten und einzigen Münchner Bundesligasaison wurde Bauermann nach der Hauptrunde Fünfter und flog bereits im Viertelfinale gegen die Artland Dragons aus den Play-offs.
Eine Woche vor Beginn der neuen Spielzeit warf Uli Hoeneß Bauermann raus. Der Präsident des FC Bayern gab dem Fernsehsender Sport1 nach einer 61:80-Heimklatsche gegen Oldenburg zum Saisonauftakt dann ein denkwürdiges Interview. Um im Basketball-Jargon zu bleiben: Es war mindestens ein unsportliches Foul, im Grunde eigentlich ein disqualifizierendes. Hoeneß trat öffentlich nach, behauptete, Bauermann habe zu wenig gearbeitet, habe die Mannschaft nicht im Griff gehabt, er erzählte von regelmäßigen abendlichen und nächtlichen Ausflügen der Spieler, davon, dass das Team körperlich nicht auf der Höhe gewesen sei und er mehrfach angemahnt habe, mehr zu arbeiten. Solch ein Abwatschen in der Öffentlichkeit, gegen die der Geohrfeigte sich nicht wehren kann, würde selbstverständlich jeden Trainer sehr schmerzen. Bauermann aber, dem stets der Ruf vorauseilte und noch immer vorauseilt, allergrößten Wert auf Disziplin zu legen und auf den körperlichen Topzustand seiner Spieler, wird diese Demütigung ins Mark getroffen haben.
Spricht man ihn nun also auf seine Münchner Zeit an, sagt er – natürlich: „Es geht doch nicht um mich, ob ich da mal Trainer war oder nicht. Jetzt geht es nur um s.Oliver.“ Zwar erwähnt er noch, dass er das Amt des Bundestrainers dann auch niederlegte, um „das Projekt in München aufzubauen“, aber, ach, herrje: „Das ist doch schon so lange her. Es geht immer nur um den Augenblick.“
Um die Schwere der Aufgabe in der Partie zweier (von noch sechs) ungeschlagener Klubs wissen sie alle in Würzburg. „Wir reisen mit viel Selbstvertrauen nach München“, sagt Nationalmannschaftskapitän Robin Benzing, der von 2011 bis 2015 das Bayern-Leibchen trug. „Wir haben den nötigen Respekt, aber keine Angst.“
Bauermann leiht sich das Bild vom Kaninchen, das vor der Schlange steht – dieses Verhalten, also gelähmt zu sein aus Angst vor dem übermächtigen Gegner, sollen seine Mannen tunlichst nicht an den Tag legen. „Wir müssen deutlich beständiger werden, um beim FC Bayern zu bestehen“, fordert Bauermann, dem die Hoch-und-runter-Phasen vor allem in den jüngsten zwei Partien gar nicht passten.
Anderson vor Bundesligadebüt
Kresimir Loncar, laut Bauermann ein „absoluter Vorzeigeprofi“, der die Baskets im Schlussviertel zum Heimsieg gegen Bremerhaven warf, glaubt, dass der FC Bayern die „vielleicht beste Mannschaft Deutschlands“ ist. Ob Loncar nach seiner Knieverletzung notfalls mit Schmerzmitteln mithelfen darf in München, entscheidet sich erst am Freitagvormittag. Sicher ist dagegen, dass der wiedergenesene Flügelspieler Ryan Anderson sein Bundesligadebüt geben wird.
Die Bayern haben ihre ersten drei Saisonspiele (in Gießen und Göttingen sowie gegen Braunschweig) mit im Schnitt über 30 Punkten Differenz gewonnen. Die Baskets hoffen bestimmt auch darauf, dass die Münchner ihrem Spiel- und Reisestress ein wenig Tribut zollen müssen. Es ist ihr zweites Spiel innerhalb von 48 Stunden, am Mittwochabend gewannen die Bayern ihr EuroCup-Saisondebüt bei Galatasaray Istanbul 86:69 (50:34).
Weil ein Trainer auch immer ein bisschen Psychologe ist, bemüht der studierte Sportlehrer Bauermann das Wort „Resilienz“, was die psychische Widerstandsfähigkeit eines Menschen oder einer Gruppe umschreibt, der/die in der Lage ist, Krisen zu bewältigen und sie als Anlass für eine Entwicklung zu nutzen. Bauermann spricht von der „mentalen Qualität“ seiner Mannen, die zuletzt „Härte, Willen und auch Stolz gezeigt“ hätten. Das macht ihm Mut für die kommenden Aufgaben: „Andere hätten da vielleicht das Köpfchen hängen lassen.“
Und dann sagt Bauermann noch etwas, das den Anhängern fast schon wie eine kleine Verheißung in den Ohren klingeln könnte: „Wir haben bislang vielleicht 60 bis 65 Prozent von dem gesehen, was mit dieser Mannschaft möglich ist.“
Im München freilich, so scheint's jedenfalls, werden aber selbst 90 Prozent kaum ausreichen, um ungeschlagen zu bleiben.