
Gleich zwei Serien haben nach dem ersten Bundesliga-Heimspiel der s.Oliver Baskets in der Saison 2015/16 Bestand. Zum 55. Mal in der Klubgeschichte – und damit in sämtlichen Erstliga-Partien – war die s.Oliver Arena mit 3140 Zuschauern ausverkauft. Und auch gegen die Gießen 46ers bleibt die Weste weiß. Im fünften Bundesliga-Vergleich behielten die Würzburger zum fünften Mal die Oberhand. Am Mittwochabend gewannen sie nach einer für die Anhänger wahren Achterbahnfahrt der Gefühle in einem Herzschlagfinale mit 104:101 (87:87, 52:49) nach Verlängerung.
1,2 Sekunden vor Ertönen der Schluss-Sirene warf Maurice Stuckey mit dem spielentscheidenden Dreier seine Farben ins Glück – und verwandelte die sowie so schon brodelnde Arena in ein wahres Tollhaus. „Für solche Momente lebst du als Basketballer. Ich habe keine Angst, solche Würfe zu nehmen, sondern trage gerne Verantwortung“, sagte der gefeierte Rückkehrer.
Ein Ehrengast sorgte in der picke-packevollen Halle für besondere Aufmerksamkeit: Gerhard Schröder, von 1998 bis 2005 Regierungschef der rot-grünen Koalition, gab sich auf Einladung von s.Oliver-Chef und Baskets-Miteigentümer Bernd Freier die Ehre. Der Politiker und der Wirtschaftsboss sind seit Jahren freundschaftlich verbunden – und der Altkanzler verfolgte sichtlich amüsiert und gut gelaunt das kurzweilige Treiben auf dem Parkett. Es war nach eigener Aussage sein erstes Basketball-Spiel überhaupt, das er live erlebte – und er hätte sich kaum ein besseres aussuchen können.
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Denn das Aufsteiger-Duell bot so ziemlich alles, was diesen Sport auszeichnet. Spannung, Dramatik, Wendungen – insgesamt 14-mal wechselte die Führung, 16-mal stand die Partie unentschieden. Die Würzburger hatten bei ihrer Heimpremiere anfangs spürbar mit Lampenfieber zu kämpfen, anders als am Sonntag beim 86:78-Überraschungscoup in Ulm fehlte ihnen die Leichtigkeit im Spiel. „Klar, der Druck war höher. Wir haben das erste Mal vor unseren Fans gespielt, da will sich jeder zeigen und es besonders gut machen“, erkannte auch US-Spielmacher Dru Joyce, der sein Team maßgeblich durch die erste Halbzeit trug.
Der 31-jährige Routinier hatte da schon 16 Zähler markiert und seine Mannschaft zwischenzeitlich zu einem 36:26-Zwischenstand (14.) geführt. Am Ende standen für den Kapitän 24 Punkte und zwölf Korbvorlagen auf dem Statistikbogen.
Doch die Mittelhessen blieben dran, hatten immer eine Antwort parat und schienen in der Schlussphase den längeren Atem zu haben, wie auch Schröder geglaubt hatte: „Fünf Minuten vor Schluss hätte ich nicht mehr auf die Würzburger gewettet.“ 82:75 führten da die stark aufspielenden Gäste da. Doch die Hausherren packten ihr Kämpferherz aus, Cheftrainer Doug Spradley entledigte sich seines Sakkos und krempelte die Ärmel hoch. Sein Team verstand die Zeichen des 49-Jährigen und rettete sich dank zweier von Seth Tuttle verwandelter Freiwürfe in die Verlängerung. „Wir waren teilweise zu zurückhaltend in der Verteidigung. Aber wir haben gekämpft, das rechne ich der Mannschaft hoch an. Und am Ende zählt für uns nur der Sieg, über den ich mich unheimlich freue. Die Fehler arbeiten wir ab Donnerstag auf“, resümierte Spradley.
Was in den fünf Extra-Minuten folgte, war nichts für schwache Nerven. Erst zogen die Hausherren bis auf 94:88 davon (43.), dann konterten die Gäste abermals und glichen zum 98:98 46 Sekunden vor Schluss aus. Es folgten „verrückte 24 Sekunden“ (Spradley): Lamonte Ulmer per Dreier schien den Deckel für die Hausherren auf die Partie zu machen, doch 6,4 Sekunden vor Ende der Verlängerung glich Cameron Wells nochmals für die Gießener aus. Es sollte dennoch nicht reichen für die wacker kämpfenden Gäste, weil Stuckey mit dem letzten Wurf den zweiten Saisonsieg für die s.Oliver Baskets eintüten sollte. „Ich gewinne lieber ein Spiel, in dem wir einige Fehler machen, als dass wir alles richtig machen und am Ende verlieren“, so Spradley.