Als die meisten Spieler die Ehrenrunde hinter sich hatten, stand der Kapitän der Mannschaft vor den Stühlen, auf denen seine Kollegen, die gerade nicht auf dem Parkett unterwegs gewesen waren, kurz zuvor noch gesessen hatten. Kresimir Loncar war in Zivil. Eine der wenigen Identifikationsfiguren des Klubs, die seit Wochen wegen einer Verletzung am linken Handgelenk nicht mehr mittun kann und allem Anschein nach auch nicht mehr mittun wird als aktiver Basketballprofi, trommelte mit seiner rechten Hand rhythmisch auf die Werbebande und schrie immer wieder "Feeeeeelixxx Hoff-mann".
So wie es üblicherweise die Fans während der Partie tun, wenn dem Würzburger Eigengewächs eine Aktion besonders gut gelungen ist. Hoffmann sprach da gerade in die Kamera des lokalen Fernsehens, und die Fans auf den Rängen hinter ihm intonierten plötzlich: "Kreso. Kreso. Kreso." Loncar winkte zurück. Es waren sehr entspannte und fröhliche Momente, und in diesen war die Erleichterung, die seit dem Ertönen der Schlusssirene durch die s.Oliver Arena waberte, vielleicht am leichtesten greifbar. Vermutlich auch deshalb, weil die Verkrampfung in den 40 Spielminuten zuvor über weiteste Strecken so groß war, dass ein Neurologenkongress ganz zwanglos empirische Feldforschung hätte betreiben können.
Nun wieder ausgeglichene Bilanz
"Es war die erwartet schwere Partie", meinte Denis Wucherer, und dem Trainer von Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg sah man an, dass eine Last von seinen Schultern gefallen war nach dem 84:77 (36:35)-Erfolg gegen den Mitteldeutschen BC am Samstagabend. Der elfte Saisonsieg, mit dem die Baskets ihre Bilanz wieder ausgeglichen haben, war einer der Sorte Kärrnerarbeit. Nach 28 weitestgehend genauso ausgeglichenen wie zerfahrenen Minuten Gekrampfe, in denen die Gäste zweimal mit sieben Punkten Differenz vorne lagen, sich aber nicht weiter entscheidend absetzen, die Hausherren aber jeweils aufholen konnten, genügten den Würzburgern letztlich die zwei letzten Minuten des dritten und die ersten drei des vierten Viertels, um die Begegnung gegen den Tabellenvorletzten zu entscheiden. "Da ist das Spiel gekippt", sagte MBC-Trainer Silvano Poropat, den das dämliche Gefühl beschlich, "dass heute ein bisschen mehr drin gewesen wäre". Und dieses Gefühl durfte er unwidersprochen auch haben.
"Ein richtig hartes Stück Arbeit"
Die Würzburger hatten es letztlich vor allem mal wieder Xavier Cooks zu verdanken, dass sie in der Liga nach zwei Niederlagen wieder feiern durften. Der 23-jährige Australier nahm nach eher schüchternem Start zur rechten Zeit die Kugel und damit das Heft des Handelns in die Hand und steuerte zu dem viertelübergreifenden 22:5-Lauf in den gut fünf die Partie entscheidenden Minuten 13 seiner insgesamt 19 Punkte bei. "Es war ein richtig hartes Stück Arbeit", sagte der treffsicherste Spieler der Begegnung, der freilich auch bemerkt hatte, dass "wir etwas lethargisch waren", vor allem in der ersten Hälfte, "aber dann das Tempo und die Intensität erhöhen konnten".
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Der 2,03 Meter lange Schlaks, der seine Rastas auf dem Parkett stets als kleinen Dutt trägt, ist aktuell nicht nur statistisch der Effektivste im Baskets-Leibchen - er ist derjenige, der seit Saisonbeginn bestimmt auch den größten Sprung gemacht hat. "Ich bin wieder bei mir und fühle mich gut", meinte er am Samstag. Und dass er auch deshalb in wichtigen Situationen gerne Verantwortung übernimmt: "Ich bin ein selbstbewusster Spieler." Und in der gesamten Liga gibt es derzeit nur wenige, die auch noch so viel und erfolgreich blocken wie der schmächtige Flügelspieler in seiner ersten Saison als Profi.
Seinen Trainer freut's. "Xavier kann Sachen, die andere nicht können", urteilt Wucherer, der davon überzeugt ist: "Früher oder später wird er auch auf einem ganz anderen internationalen Niveau spielen." Das fehlende "als bei uns" verkneift sich Wucherer in dem Moment, lobt lieber Cooks Fortschritte und Talent: "Sein Potenzial ist riesengroß und seine Entwicklung enorm. Inzwischen kann er Spiele drehen und auch gewinnen." Wie am Samstag nicht zum ersten Mal in dieser Runde.
Dass Xavier Cooks sich auch auf internationalem Parkett wohl fühlt, bewies er nicht zuletzt vergangenen Mittwoch beim so nicht zwingend zu erwartenden 79:76-Achtelfinalhinspiel-Erfolg in Saratow, als er den Erfolg des letzten Angriffs der Russen, der ihnen dann vermutlich auch den Sieg beschert hätte, mit einem fast schon zirkusreifen Block vereitelte. Die Folgen des strapaziösen Russland-Ausflugs mit über 13-stündiger Heimreise am Donnerstag bei dreistündiger Zeitverschiebung merkte man den Baskets am Samstag durchaus an. "Man hat gemerkt, dass zumindest einige von uns müde waren", sagte Wucherer, der seinem Team dennoch oder vor allem deshalb "ein großes Kompliment" spendieren mochte.
Der lange Trip nach Russland
"Kann schon sein, dass der lange Trip nach Russland uns am Anfang noch ein bisschen in den Beinen steckte. Es war bis weit ins dritte Viertel knapp, aber wir blieben konzentriert und spielten dann auch härter", meinte Devin Oliver. Der 26-jährige international erfahrene Amerikaner - nach Cooks und Dreierspezialist Jordan Hulls (17 Punkte) mit 13 Zählern dritterfolgreichster Baskets-Werfer am Samstag - bewies mit seinem zwar bisweilen ein wenig hektisch anmutenden, aber sehr engagierten und letztlich eindrucksvollen Auftritt, dass die Baskets gut daran taten, ihn nachzuverpflichten: "Wir wollten es ein bisschen mehr." Offensichtlich.
Play-offs und Viertelfinale in Reichweite
Beim Einbiegen ins letzte Drittel der Hauptrunde - noch stehen zwölf Partien aus - sind die Baskets als nunmehr Neunter also maximal einen Sieg von den Play-off-Rängen entfernt. Und am kommenden Mittwoch (19 Uhr, s.Oliver Arena) können sie ins Viertelfinale des Europe-Cup-Wettbewerbs einziehen. Es gab Phasen in dieser Spielzeit, da mussten sich Verantwortliche und Anhängerschaft der Baskets mehr Sorgen um ihre Lieblinge machen.