Am Ende mischte sich in die Freude und den Jubel dann noch eine gehörige Portion Sentimentalität. Nicht, weil eines dieser unsäglichen Weihnachtslieder durch die Halle tönte. Nein, die ins Publikum zurückapplaudierenden Baskets-Spieler hatten ihre verschwitzten Trikots eingetauscht gegen frische weiße T-Shirts. Auf denen stand in Versalien gedruckt: „R.I.P. SVEN“. Die Akteure erinnerten so an Sven Haas, einen jener im Rollstuhl sitzenden Baskets-Anhänger, die zu diesem Klub gehören wie die zwei Korbanlagen aufs Parkett. Der Klub hatte ja bereits vor dem Sprungball zur Europapokalpartie gegen Prishtina mit einer Schweigeminute Haas gedacht. Im vergangenen Jahrzehnt hatte er angeblich jedes Heimspiel gesehen und die Mannschaft auch bei zahlreichen Partien in der Fremde unterstützt. Haas war unlängst völlig überraschend im Alter von nur 36 Jahren gestorben. R.I.P. – Rest in peace, möge er also in Frieden ruhen: eine Aktion des Teams, die sicher manchem Zuschauer das Herz erwärmte.
Knapp zwei Stunden zuvor hatte die überwiegende Mehrheit der 3009 Besucher der s.Oliver Arena einem Gästespieler einen besonders herzlichen Empfang bereitet. Dru Joyce, der die Würzburger vor gut zweieinhalb Jahren in die Play-offs geführt hatte, hatte beim Einlaufen fast so viel Applaus bekommen wie die Baskets-Akteure – und bestimmte dann die erste Hälfte der Begegnung von Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg gegen Science City Jena.
Xavier Cooks' Selbstvertrauen
„Ich habe es genossen, hierher zurückzukommen. Wir hatten damals eine tolle erfolgreiche Saison, und der warmherzige Empfang der Fans hat mich sehr gefreut“, sagte der 33-jährige US-Amerikaner nach dem 80:65 (30:32)-Heimerfolg der Würzburger. „Würzburg hat verdient gewonnen, weil wir in der zweiten Halbzeit zugelassen haben, dass es seinen Rhythmus gefunden hat. Wir haben zu leichte Körbe zugelassen und selber nicht genug getroffen.“
Viel treffender kann man den vierten Ligaerfolg der Baskets, der die Würzburger nun also bis auf einen Sieg an Play-off-Rang acht herangebracht hat, nicht analysieren. Vielleicht noch genauso korrekt mit einer Bemerkung von Jenas Trainer Björn Harmsen: „Wir haben es in der zweiten Halbzeit nicht geschafft, auch nur ansatzweise Intensität aufs Feld zu bekommen. Das Enttäuschendste ist für mich, dass wir mit dieser Niederlage nach Hause fahren und in der gesamten Partie gerade mal 13 Fouls begangen haben.“ In der die Partie entscheidenden Phase zu Beginn der zweiten Hälfte, in der die Baskets einen Zwei-Punkte-Halbzeitrückstand erst dank eines 6:0- und kurz darauf dank eines 8:0-Laufs in einen Neun-Punkte-Vorsprung (44:35) verwandelten, foulten die Thüringer gerade einmal.
Die Verteidigung stand gut
Baskets-Trainer Denis Wucherer jedenfalls war ziemlich zufrieden, natürlich auch, weil er weiß: „Zur Zeit ist jeder Sieg wichtig.“ Vor allem von seiner Verteidigung konnte der 45-Jährige diesmal recht angetan sein, weil er erkannte, dass „beide Mannschaften in der ersten Halbzeit ja gut verteidigt haben, aber wir diesmal die Intensität über 40 Minuten hochhalten konnten.“ Und dann traf es sich natürlich auch gut, dass die Baskets vor allem in Abschnitt zwei auch aus der Ferne trafen und ihre Dreierquote auf gute 47 Prozent schraubten (neun ihrer 19 Versuche saßen, fünf von acht in den zweiten 20 Minuten).
„Wir sind mit viel Energie aus der Kabine gekommen und haben uns vorgenommen, das Tempo anzuziehen und Jena in Grund und Boden zu laufen“, meinte Xavier Cooks, mit einem Fässchen Bier belohnter wertvollster Spieler der Partie und mit 17 Punkten erfolgreichster Baskets-Akteur. Mit seiner Leistung durfte er zurecht zufrieden sein, wenngleich er gestand: „Anfangs war ich ein bisschen schüchtern, aber die letzten Partien spiele ich mit mehr Selbstvertrauen.“ Das hat ihm offenbar sein Coach mit eingeflößt, der seinen Flügelspieler in den jüngsten Begegnungen „sehr sehr stark“ gesehen hat.
Olaseni auf einem guten Weg
Und auch auf der Langzeitbaustelle unter den Brettern tut sich was. Center Gabriel Olaseni scheint auf einem recht guten Weg zu sein, seine Krise zu überwinden. Mit elf Rebounds war er der mit Abstand zupackendste aller Akteure auf dem Feld. „Ihm tut offenbar gut, nicht mehr die einzige Geige unterm Korb spielen zu müssen. Ich glaube, da haben wir ihm auch ein wenig Druck genommen“, meinte Wucherer mit Blick auf Neuzugang Mike Morrison – was freilich auch einer halben Ohrfeige für Kresimir Loncar nahekommt. Der nach der Handgelenksverletzung aus der vergangenen Saison offenbar noch immer nicht richtig fitte Kapitän kam zuletzt allenfalls sporadisch bis gar nicht zum Einsatz und wird sich sicher auch Gedanken über seine aktuelle Rolle machen.
Morrisons spektakulärer Dunk
Morrison konnte sich diesmal zwar auch nicht so wirklich häufig richtig durchsetzen, aber immerhin stopfte er mal einen reichlich spektakulären Dunk – und bedachte seinen Kollegen unterm Korb mit einem Extralob: „Es hat Spaß gemacht, die Stimmung war super. Vor allem im dritten Viertel haben wir unsere Würfe getroffen, defensiv angezogen, und Gabe Olaseni hat sich gefühlt jeden Rebound gekrallt. Das waren die Schlüssel zum Sieg.“ So kann man den höchsten Ligaerfolg dieser Spielzeit auch ganz gelungen beschreiben.
Mit dem dritten Sieg in Serie reist es sich nun auch entspannter an den Bosporus, wo am Mittwoch in Izmir Pinar Karsiyaka auf die Baskets in der zweiten Gruppenphase des Europe-Cup-Wettbewerbs wartet.
Mitarbeit: Stefan Mantel