Déja-vu am Golf von Izmir: Die Szenen glichen sich aufs Haar, und erneut war Cameron Wells der heldenhafte Hauptdarsteller. Wieder waren nur noch wenige Sekunden zu spielen, und wieder dribbelte er sich unwiderstehlich auf der linken Seite durch zum Korbleger. Tütete er unlängst im Ligaspiel in Bremerhaven so den 87:85-Sieg ein, traf der US-amerikanische Guard am Mittwochabend zum 82:82 und führte Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg auf diese unnachahmliche Weise in die Verlängerung. Dort belohnten dann Jordan Hulls, Perry Ellis und Xavier Cooks mit ihren Körben die Baskets für einen engagierten und über weite Strecken dominanten Auftritt. Mit 96:87 (42:37, 82:82) setzten sich die Würzburger im zweiten Gruppenspiel der zweiten Gruppenphase des Europe-Cup-Wettbewerbs bei Pinar Karsiyaka auch deshalb verdient durch, weil sie lange Zeit (insgesamt knapp 31 der 45 Minuten) und zwischenzeitlich sogar mit zehn Punkten Vorsprung geführt hatten. Es war im siebten Spiel erst der zweite Erfolg der Unterfranken gegen eine türkische Mannschaft.
Die Entwicklung der Mannschaft
„Ich bin sehr froh“, sagte Trainer Denis Wucherer unmittelbar nach Spielschluss dieser Redaktion, „dass wir hinten raus doch noch gewinnen konnten. Weil das auch eine Entwicklung der Mannschaft zeigt.“ Die behielt in der gut gefüllten, 5000 Besuchern Platz bietenden „Mustafa Kemal Atatürk Karsiyaka Spor Salonu“ auch bei südländischer Stimmung am Ende kühlen Kopf und ihre Nerven im Griff. „Die Atmosphäre war für manchen der Jungs sicher ungewohnt“, meinte Wucherer, „es wurde viel gesungen, es war laut, und wir wurden die ganze Zeit ausgepfiffen.“
Starkes Comeback von Bowlin
Nach einem nicht nur ergebnistechnisch völlig ausgeglichenen ersten Viertel (17:17), in dem sich vor allem Cooks und Gabriel Olaseni auf Würzburger Seite hervortaten, übernahmen die Baskets im zweiten Abschnitt zunehmend die Herrschaft über die Begegnung. Vor allem in Person von Jordan Hulls, der einfach mal fünf Dreier versenkte und so hauptverantwortlich dafür war, dass die Würzburger zwei Minuten vor der Pause erstmals zweistellig vorne lagen (39:29).
Aber auch Comebacker Skyler Bowlin zeigte nach vierwöchiger verletzungsbedingter Pause, dass ihm offenbar etwas gefehlt hat in den letzten Wochen, so giftig und engagiert wie der US-Amerikaner ans Abendwerk ging, was man auch vor seiner Verletzung so noch nicht gesehen hatte im Baskets-Leibchen. „Das ist sein Spiel“, meinte Wucherer. Bowlin war es auch, der 28 Sekunden vor Schluss den Türken den Ball klaute, den Wells anschließend versenkte.
Dass Wucherer vermutlich Recht hat mit seiner Einschätzung, die Türken seien der wahrscheinlich stärkste Gegner in dieser Gruppe, bewies der zweifache Titelträger dann nach der Halbzeit. Als vor allem im Schlussviertel das Wurfglück die Würzburger vorübergehend verließ und die in türkischen Diensten stehenden Amerikaner Sek Henry und Erving Walker auch nicht nur nach Wucherers Einschätzung „wirklich verrückte Dreier“ trafen. Und womöglich habe dann eben auch die immer lauter werdende Stimmung in der Halle ihren Teil dazu beigetragen, „dass wir dann erst mal ein bisschen ratlos waren“.
Gastgeber wurden am Ende müde
Der Baskets-Trainer hatte aber auch erkannt, dass die Türken müde wurden. „Wir waren die deutlich fittere Mannschaft.“ Was sich in der fünfminütigen Extraschicht dann auch auszahlte, als die Hausherren kaum noch Gegenwehr bieten und die Gäste die Partie recht flott entscheiden konnten. Für den Baskets-Trainer jedenfalls eine „gute Erfahrung“.
Pinar Karsiyaka – s.Oliver Würzburg
87:96 (17:17, 20:25, 19:17, 26:23, 5:14)
Top-Scorer Karsiyaka: Henry 26, Walker 25, Marei 17 (10 Rebounds)
Würzburg: Olaseni 8, Hulls 27 (5 von 9 Dreiern), ooks 18 (16 Rebounds), Bowlin 9 (8 Vorlagen), Ellis 14, Obiesie 3, Koch 5, Wells 2 (12 Vorlagen), Morrison 10, Richter
Rebounds: 38 – 49
Treffer aus dem Feld: 28/68 (41 %) – 35/73 (48 %)
Dreierquote: 36 % – 36 %
Freiwurfquote: 56 % – 68 %
Vorlagen: 12 – 28