Es gibt keine Kaffeemaschine, die Wände zieren weder Poster noch Bilder, auf dem blanken Küchentisch stehen ein paar Gläser Wasser. Das ist zum einen nachvollziehbar - Robert Seiffert und Lennart Böhme wohnen erst seit ein paar Monaten hier - zum anderen sehr praktisch: Für die Einweihungsfeier, zu der die beiden das gesamte Team der Bundesliga-Wasserballer des SV Würzburg 05 eingeladen hatten, musste die WG nicht extra leergeräumt werden. Ein Vorteil, denn es war eine Party "mit allem drum und dran. Irgendwann nachts standen auch die Nachbarn vor der Tür".
Zumindest hatten die beiden Wasserballer nicht alle Hausbewohner gegen sich. Mit Benjamin Flammersberger und Michael Hanft wohnen noch zwei weitere Mannschaftskollegen in dem Mehrparteienhaus in der Würzburger Sanderau - und die waren selbstverständlich auch auf der Feier vertreten. Ein Zufall ist es freilich nicht, dass gleich vier Sportler des SVW im selben Gebäude wohnen: Hanfts Vater ist der Vermieter.
Zusammenziehen? Keine schwierige Entscheidung
Während Michael Hanft und Benjamin Flammersberger bereits länger und jeweils mit Freundin beziehungsweise Frau in dem Haus wohnen, ist es für Seiffert und Böhme die erste "eigene" Bude. Für die Entscheidung, mit dem Mannschaftskameraden zusammenzuziehen, hat keiner der beiden lange überlegen müssen. "Wenn der Gedanke erst einmal da ist, von zu Hause auszuziehen - und du dann auch noch die Möglichkeit hast, mit so einem geilen Typen zusammenzuwohnen, da fackelst du nicht lange", sagt der 22-jährige Seiffert, der einen anerkennenden Schlag auf die Schulter seines Nebenmanns folgen lässt.
Die Stimmung am kargen Küchentisch ist hervorragend. Und, wie die Wasserballer beteuern, ist es diese Chemie, die das Team des SV ausmacht. Die vier aus dem Haus in der Sanderau kennen sich von Kindesbeinen an, sind im Verein und mit dem Sport großgeworden. Zum Wasserball sind sie durch Familie oder Freunde gekommen - und geblieben. "Ich habe jeden erdenklichen Sport ausprobiert", sagt Flammersberger. "Aber beim Wasserball bin ich hängengeblieben." Seine Teamkameraden nicken zustimmend.
Irres Pensum: Wasserballer trainieren vier Mal pro Woche
Wer nun denkt, die vier seien eben ein paar junge Kerle, die gerne feiern und sich ab und an ein paar Bälle in Badehosen zuwerfen - der irrt. "Wir nehmen unseren Sport sehr ernst", sagt Flammersberger. Das Trainingspensum der Würzburger bestätigt das. Vier Mal wöchentlich steigen die Wasserballer für knapp zwei Stunden ins Becken, hinzu kommen Fitness- und Laufeinheiten.
Angeleitet werden sie dabei von Trainer Inaki Urkiaga, der mit 40 Jahren gleichzeitig wohl auch der älteste Spieler der Pro B ist. Bis zu welchem Alter kann ein Wasserballer auf Bundesebene überhaupt mithalten? "39", sagt Flammersberger, die Runde johlt. "Nein, im Ernst. Inaki ist bärenstark. Ein offener und sehr hilfsbereiter Spaßvogel", lautet das Urteil seiner knapp 20 Jahre jüngeren Mitspieler.
Die Jungs sind Anfang 20, Seiffert (BWL) und Flammersberger (Lehramt) studieren. Hanft (Physiotherapeut) und Böhme (KFZ-Mechatroniker) gehen arbeiten. Nebenbei Wasserball auf Bundesniveau zu spielen, lässt kaum noch Platz für andere Hobbys. "Aber wir sind das gewohnt", sagt Flammersberger. Auf Feiern gehen könne man auch noch nach dem Training. "Der Trainer meinte immer, wir sollen sagen, dass wir vom Wasserballtraining kommen." In der Hoffnung, damit Eindruck zu schinden. Zieht die Masche denn bei den Frauen? "Bei meiner Freundin schon", sagt Flammersberger und erntet schallendes Gelächter.
Derby gegen Weiden am Samstag
Am Samstag steht für den SV Würzburg 05 das letzte Heimspiel der regulären Saison an. Gegner im Wolfgang-Adami-Bad wird um 16.30 Uhr der SV Weiden sein. "Eine richtig wichtige Partie", sagt Böhme. Gut, dass die Würzburger Heimvorteil genießen. "Das ist gerade im Wasserball ein totaler Vorteil", erklärt Seiffert. "Auswärtsteams spielen richtig ungern bei uns." Zum einen aufgrund der lautstarken Würzburger Fans, zum anderen wegen der relativ niedrigen Decken.
Gegen die Oberpfälzer, die zwei Plätze hinter dem Tabellenfünften aus Würzburg rangieren, soll unbedingt ein Sieg her. Denn die Mannschaften nehmen die Punkte aus der Hauptrunde gegen die Konkurrenz mit in die anstehenden Play-downs. Der Tabellenletzte der Abstiegsrunde steigt direkt ab, der Vorletzte muss sich mit den Aufstiegsaspiranten der Zweiten Liga messen.
Eine theoretische Möglichkeit haben die Würzburger sogar noch, statt den Play-downs die Play-offs zu erreichen. Dafür müsste der viertplatzierte SV Bayer Uerdingen beide Partien verlieren, der SVW beide Begegnungen gewinnen - und wäre Teil der Aufstiegsrunde. Spätestens dann ist "die nächste Feier fällig. Und dann wird hier alles abgerissen", sagt Seiffert lachend. Vorsicht! Ob diese Worte dem Vermieter gefallen würden? Geschenkt. Der gehört ja irgendwie auch zur Familie im Würzburger Wasserball-Haus.