Sind die Würzburger Kickers auf ihrem Weg in Richtung Zweite Bundesliga noch aufzuhalten? Nein, möchte man nach dem 3:1 (2:0)-Sieg der Rothosen gegen Hansa Rostock glauben. Noch ist rechnerisch nichts geklärt. Die Kickers stehen einen Zähler hinter dem nicht aufstiegsberechtigten FC Bayern München II und der FC Ingolstadt könnte am Sonntag mit einem Sieg beim SV Meppen den Rückstand auf die Kickers auf drei Punkte verkürzen.
Mit dem Dreier gegen den direkten Kontrahenten von der Ostsee sendeten die Kickers ein deutliches Zeichen. Die Art und Weise, wie die Rothosen als zweitbeste gegen die drittstärkste Rückrundenmannschaft siegten, war - das kann man nicht anders sagen - eine Demonstration der Stärke. Bei optimalem Verlauf könnten die Kickers nun bereits am Mittwoch beim Auswärtsspiel bei Viktoria Köln drei Jahre nach dem Abstieg die Rückkehr in Liga zwei perfekt machen.
Es scheint auch tatsächlich relativ egal zu ein, welche Startelf Schiele dieser Tage auf den Platz schickt. Wie viele Änderungen er auch vornimmt, es läuft trotzdem wie am Schnürchen. Ein großer Vorteil in diesen Tagen, in denen eine Partie die andere jagt. Diesmal hatte der Rothosen-Chefcoach seine Anfangsformation wieder auf fünf Positionen verändert: Daniel Hägele, Frank Ronstadt, Niklas Hoffmann, Robert Herrmann und Luca Pfeiffer rückten ins Team. Leroy Kwadwo, Dave Gnaase, Albion Vrenezi, Maximilian Breunig und Kapitän Sebstian Schuppan blieben zunächst draußen.
Rhein wegen bakteriellem Infekt nicht dabei
Erneut nicht dabei war Mittelfeldmann Simon Rhein. Er leidet, so teilten es die Kickers mit, an einem bakteriellen Infekt. Diskussionen um eine mögliche Diskussion Relegation gegen Rheins Stammverein 1. FC Nürnberg können sich die Kickers, Stand jetzt, sparen. Fast alles spricht nun für einen Direktaufstieg der Würzburger, zumal mit dem MSV Duisburg (2:2 gegen Halle) und Eintracht Braunschweig (2:3 in Zwickau) zwei weitere Kontrahenten im Aufstiegsrennen Federn ließen. Selbst Kickers-Trainer Schiele scheint, ohne das Wort Aufstieg auszusprechen, nun seine Zurückhaltung beiseite zu legen: "Mit Rostock haben wir einen Kontrahenten distanziert. Die können uns nicht mehr einholen, das ist schon einmal wichtig."
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Für Hansa Rostock war die Partie am Dallenberg die große Chance gewesen, den Kickers im Tableau noch einmal auf den Pelz zu rücken. Die Hanseaten wollten nichts dem Zufall überlassen, entschieden sich, angesichts des engen Terminplans, sich daheim auf die Partie vorzubereiten und reisten am Samstag mit einem Privatjet direkt über Giebelstadt nach Würzburg. "Ein Endspiel" war die Partie für Gäste-Trainer Jens Härtel.
Starker Auftritt vor Magaths Augen
Auf dem Spielfeld waren es dann aber die Kickers, die recht schnell das Heft des Handelns in die Hand nahmen. Flyeralarm-Fußball-Chef Felix Magath verfolgte, wie schon beim 3:0-Sieg gegen Chemnitz, die Partie von der Terasse der Stadiongaststätte aus. Und der starke Mann am Dallenberg dürfte durchaus angetan von dem gewesen sein, was er zu sehen bekam. "Die ersten 25 Minuten haben den Ausschlag gegeben", war Hansa-Coach Härtel nach der Partie überzeugt. Aggressiv und bissig in den Zweikämpfen, mit viel Lauf- und Spielfreude erarbeiteten sich die Hausherren ein Übergewicht und machten den Norddeutschen rasch klar, dass es hier und heute verdammt schwer für sie werden würde.
Es dauerte bis zur 19. Minute, ehe sich die Kickers-Überlegenheit auch im Ergebnis zeigte. Wenn es seit dem Saison-Neustart nach der Corana-Pause am Kickers-Spiel etwas zu kritisieren gab, dann war das die Harmlosigkeit bei Standardsituationen. Diesmal waren die Kickers nach eine von Robert Herrmann getretenen Ecke erfolgreich. Dabei hatten die Würzburger freilich auch das Glück auf ihrer Seite, als der Ball Daniel Hägele, der an diesem Nachmittag die Kapitänsbinde trug, direkt vor die Füße fiel. Der Innenverteidiger zog entschlossen ab, die entscheidende Richtungsänderung erfuhr sein Schuss aber vom Rücken von Frank Ronstadt, der den Ball unhaltbar für Rostocks Keeper Marius Kolke abfälschte.
Pfeiffer erhöht auf 2:0
Und die Kickers setzten nach. Beim zweiten Treffer war es ein Eckball von Fabio Kaufmann, der den Weg in Richtung Tor ebnete. Patrick Sontheimer leitete weiter, Dominic Baumann legte gefühlvoll auf und Luca Pfeiffer entwischte der Hansa-Verteidigung, ehe er im Stil eines Klassestürmers zum 2:0 traf. Die Verhältnisse waren schnell geklärt. Es war eine Machtdemonstration der Kickers im Spiel zweier Teams, die zuvor beide sechsmal in Serie nicht verloren hatten.
Als Würzburgs Abwehrmann Hendrik Hansen einen mit Zug in den Strafraum getretenen Freistoß an den Pfosten des eigenen Tores lenkte (36.) war das eine der wenigen Situationen, in denen die Partie womöglich in eine andere Richtung hätte kippen können. "In den zehn Minuten vor der Pause waren wir nicht ganz so griffig", kritisierte Schiele, dessen Team sofort nach dem Seitenwechsel die Zügel aber wieder anzog: Herrmann traf mit einem Distanzschuss Sekunden nach dem Seitenwechsel den Pfosten (46.).
Müller hält, Pfeiffer trifft
Als dann auch noch Kickers-Keeper Müller bei der besten Gäste-Gelegenheit durch Lukas Scherff famos parierte (60.), dürften die Rostocker so langsam registriert haben, dass an diesem Tag am Dallenberg für sie kaum noch etwas zu holen war. Pfeiffer schnürte schließlich noch den Doppelpack. Vor seinem Treffer zum 3:0 (70.) tanzte er zunächst Scherff im Strafraum regelrecht aus, ehe er mit seinem 14. Saisontreffer früh den Deckel auf diese Partie machte. Der Angreifer ist nun vor Kaufmann (13 Tore) treffsicherster Rothosen-Akteur.
Der Rostocker Anschlusstreffer zum 1:3 (87.) war letztlich zwar nur ein Schönheitsfehler, brachte Kickers-Coach Schiele angesichts der vorangegangenen Fehlerkette aber gehörig auf die Palme. Auch ein Zeichen, wie perfektionistisch und akribisch der Kickers-Coach dieser Tage arbeitet. Arbeit, die am Ende einer völlig außergewöhnlichen Saison zum Aufstieg führen kann.
Wir wollen auch in der Saison 20/21 wieder die "Schiele-Kickers" und keinen "Magath-Mauschel- und Moschel-Trainer"! Wenn Herr Schiele jetzt nach dieser Rückrunde die Sensation schafft und aufsteigt, kann es nur EINEN geben