„Es wird sich in den nächsten Wochen zeigen, ob uns der Punkt hilft oder ob zwei verloren gegangen sind“, sagte Michael Köllner nach dem 1:1 in Dresden. So lange musste der Trainer des 1. FC Nürnberg aber gar nicht warten. Schon tags darauf sorgte Holstein Kiel mit dem gleichen Ergebnis in Bielefeld dafür, dass sich in der Zweitliga-Tabelle für Nürnberg wenigstens nichts verschlechterte.
Trotz des schon fünften Spiels ohne Sieg blieb der Club auf dem zweiten Platz, mit zwei Zählern Vorsprung auf Kiel. Da konnte man von einem netten Ostergeschenk sprechen, denn die Nürnberger hatten damit rechnen müssen, erstmals seit neun Spieltagen aus den beiden direkten Aufstiegsrängen zu fallen. Doch dieser psychologische Tiefschlag im ohnehin fordernden Saison-Endspurt blieb ihnen erspart.
Nun soll die Negativserie am kommenden Samstag (13 Uhr) im Heimspiel gegen den auf einen Abstiegsplatz zurückgefallenen FC Heidenheim beendet werden. „Wir müssen Heidenheim schlagen“, forderte Köllner ohne Umschweife. Dagegen steht die erschreckende Harmlosigkeit im Angriff, die der Club auch in Dresden an den Tag legte. Alle Hoffnungen richten sich jedoch auf das geplante Comeback von Mikael Ishak, der knapp zwei Monate nach seinem Innenbandriss wieder auflaufen soll.
Lang ist's her: Das letzte Nürnberger Stürmer-Tor gelang Tobias Werner zum 4:1 gegen Aue am 2. Februar. In Dresden half Mittelfeldspieler Hanno Behrens mit seinem Ausgleichstreffer (53. Minute) gegen die Angriffsmisere. Nach bewährtem Muster: Enrico Valentinis Flankenball köpfte der Kapitän per Aufsetzer genau neben dem Pfosten ins Netz.
„Es wäre schön, wenn Mikael gleich trifft, aber er kommt aus einer Verletzung“, warnte Behrens vor allzu hohe Erwartungen an Ishak, zumal dem Schweden 2018 vor seiner Verletzung noch kein Tor gelungen war. Trotzdem ist er der Zielspieler, der für den Club unersetzlich ist. „Jede Mannschaft hat Probleme, wenn so ein Mann ausfällt“, sagte Köllner.
Alle Sturmvarianten ohne Ishak, die der Trainer seitdem ausprobierte, funktionierten nicht. In Dresden hoffte er auf die Schnelligkeit von Edgar Salli im Sturmzentrum, flankiert von Federico Palacios und Marvin Stefaniak auf den Seiten. Der Plan hätte aufgehen können, wenn Salli nach Pass von Kevin Möhwald alleine vor dem Dynamo-Tor nicht ein Musterbeispiel an Unentschlossenheit geliefert und die Führung verpasst hätte (35.). Oder wenn der ebenfalls freistehende Stefaniak bei der Rückkehr nach Dresden mit platziererem Schuss den Ausgleich erzielt hätte (45.+1).
Salli haue sich wenigstens rein, bemerkte Köllner vielsagend zur hohen Fehlerquote des kleingewachsenen Offensivtrios. Die Winterneuzugänge Palacios und Stefaniak täten sich schwer, „die Bindung zu unserem Spiel“ zu finden. Gleiches gelte für Adam Zrelak nach zwei verpassten Vorbereitungen im Sommer und im Winter. Wie unbeholfen der eingewechselte Slowake in der Nachspielzeit die mögliche Siegchance versemmelte, machte jedoch fassungslos. Noch immer wartet Zrelak auf sein erstes Tor für den Club, das hemmt.
Dresden wirkt entschlossener als der Club
Unter dem Strich waren die Franken mit dem Remis in Sachsen gut bedient, auch wenn Dresdens Trainer Uwe Neuhaus („Ein hochintensives Spiel“) das 1:1 als gerecht bezeichnete. Seine Mannschaft wirkte viel entschlossener als der Club, der sich über weite Strecken in der Defensive befand. Dass es dennoch nur einmal einschlug im FCN-Gehäuse, lag an Dynamos spielerischer Limitiertheit und des von vielen Standardsituationen und Flanken nicht aus der Ruhe zu bringenden Deckungszentrums des FCN. Innenverteidiger Georg Margreitter, Nürnbergs Bester, muss gegen Heidenheim allerdings auf seinen Standpartner Ewerton verzichten, der nach der fünften Gelben Karte gesperrt ist.
Der Rückstand ging auf die Kappe von Torwart Fabian Bredlow, der einen Flankenball so abfälschte, das er förmlich in der Luft stand. Rico Benatelli, der erstmals seit acht Spielen wieder für Dynamos Startformation berücksichtige Ex-Würzburger, war mit seinem Kopfball der Nutznießer (45.). Es war nicht Bredlows erster Patzer in den letzten Wochen. Köllner verweist zwar weiter darauf, dass es bei ihm keine klare Nummer 1 gebe, aber ob der zu Saisonbeginn nicht überzeugende Thorsten Kirschbaum in dieser sensiblen Situation wirklich in den Kasten zurückkehrt, ist eher unwahrscheinlich.
Mit dem meisten, was er gesehen hatte, war Köllner einverstanden und wirkte entsprechend gelassen: „Dresden ist schwer zu spielen. Wir sind in Rückstand geraten, haben aber kühlen Kopf bewahrt, was im sicher lautesten Stadion der Liga nicht ganz so einfach ist.“ Die Einstellung stimme, also müsse er trotz der bestehenden Negativserie in seiner Ansprache nichts ändern. „Wir haben griffig und kompakt gespielt, das wird auch für die letzten sechs Spiele der entscheidende Faktor sein.“
Positiv war zu sehen, wie die Führungsspieler Möhwald und Behrens zusammen mit dem als Einwechselspieler unterbewerteten Eduard Löwen in den letzten Minuten versuchten, noch die Entscheidung zu erzwingen. Anders als viele zitternde Fans freut sich Kapitän Behrens auf das, was nun noch kommt: „Sechs Spiele, sechs Endspiele. Mir persönlich macht das sehr viel Spaß.“