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LONDON
Von Würzburg nach London
Katze Lolita       -  Die Katze Lolita begleitet die Sportreporter in London bei den olympischen Spielen.
Foto: Jürgen Höpfl | Die Katze Lolita begleitet die Sportreporter in London bei den olympischen Spielen.
Von unserem Redaktionsmitglied JÜRGEN HÖPFL
 |  aktualisiert: 15.02.2019 02:39 Uhr
Dienstag, 24. Juli

13 Uhr
Aller Anfang ist schwer, zumindest schwer genug, auch oder gerade wenn man sich auf etwas freut. Und deshalb werd' ich nie verstehen, warum die Bahn nicht in der Lage ist, in mehr als 22,8 Prozent der Fälle, in denen ich sie nutze, einen reibungslosen Verkehr zu gewährleisten. Diesmal gab's mal wieder kurzzeitige Änderungen in der Wagenfolge, lang bezahlte Reservierungen galten nichts mehr, fast wäre ich vom Würzburger Hauptbahnhof aus in in Fulda statt am Frankfurter Flughafen gelandet, weil aus zwei Zügen einer wurde und kein Bahnmensch Bescheid wusste. Haha, wenn man so doof ist, fast in den falschen Waggon einzusteigen, gell?
 
14.30 Uhr
Aber was heißt Frankfurter Flughafen: Am Frankfurter Hauptbahnhof ist Schluss, ICE kaputt. Alle aussteigen! Alle umsteigen! Auf Sizilien hatte ich so was Ähnliches im Mai mal erlebt, da war das Fachpersonal auch nicht ahnungsloser. Aber immerhin erreicht der neue Zug seinen Bestimmungsort, sprich Airport. Wäre ja noch schöner gewesen. Aber im Unterfangen, von Würzburg-Stadtmitte nach Südost-London zu gelangen, war die unterfränkisch-hessische Anfangsetappe die schwierigste. 
 
16.30 Uhr
Mein Koffer - für drei Wochen bitte!! - hatte auch ohne einen verzichtbaren Wintermantel sicher mehr als die erlaubten Kilos. Aber ich wiege ja auch (und verbitte mir jeden Spott!!) deutlich weniger als der bullige Herr am Lufthansa-Counter neben mir, Typ russischer Schwergewichtsringer, dessen Koffer das erlaubte Gewicht minimal unterschreitet. In der Addition von Koffer und Kerl brauche ich also kein Unrechts-Bewusstheit zu haben. Wie durch ein Wunder sieht der Herr am Schalter über mein Übergepäck freundlich hinweg: Und deshalb sehe ich wiederum über die mangelhafte Verköstigung mit einer abfallreichen Miniportion "Kartoffelsalat mit Geflügelwürstchen und 2er-Grissini" gnädig hinweg. Die laut Aufkleber insgesamt "ca. 140 g" enthalten allerlei Mono-und Diglyceride von Speisefettsäuren nebst Citronensäureester, igittigitt, verkürzen aber den Flug, der laut Zeittafel ohnehin nur 20 Minuten gedauert hat. Die eine Stunde Zeitunterschied macht's möglich.
 
18 Uhr, ab jetzt Londoner Zeit
London-Gatwick ist einer jener Flughäfen, die allenfalls ihren Zweck erfüllen und sonst nichts Nettes vermitteln. Manchmal wundere ich mich, wie wenig Wert die meisten Städte oder anderen Flug-Destinationen auf ein auch nur etwas hübscheres Begrüßungs-Bild legen.
 
18.30 Uhr
Die Fahrt im Zug von Gatwick zur Station "New Cross" gerät mit dem ganzen Gepäckkram durchs zweimalige Umsteigen länger und mühsamer, als mein Düsseldorfer Lieblingskollege Christoph, mein Heilbronner Lieblingskollege Lars und ich gehofft hatten - wir waren gemeinsam geflogen. Also beschließen Würzburg und Düsseldorf, den letzten Rest des Weges durch eine Taxifahrt in einem feinen englischen "Cab" zu vollenden. Heilbronn wäre eher weiter im Zug geblieben. Doch die Fahrt lohnt sich menschlich (netter schrulliger Fahrer wie aus dem Buch der London-Klischees!) und geographisch sehr; tolle Eindrücke entführen uns atmosphärisch in die Olympia-Stadt. Wir kommen geistig begeistert an - und erfahren auf der Fahrt viel über die neue Fahrrad-Begeisterung der Londoner Citizens, die teils waghalsig schnell zwischen den roten Doppeldeckerbussen und hupenden Bänkerlimousinen umherflitzen, irr. Würzburg spendiert den Kollegen das Taxi - 16,20 Pfund plus 1,80 Trinkgeld.
 
19 Uhr
Das Haus in der Amersham Road 61 hatten wir uns ein wenig anders vorgestellt. Zugegeben, wir bekommen einen ziemlichen Kulturschock. Da also sollen wir jetzt drei Wochen lang, 21 Tage wohnen? Es wird noch viel zur Unterkunft zu sagen geben, sehr viel, versprochen - daher sage ich jetzt erstmal  n-i-c-h-t-s.
 
19.30 Uhr
Lolita, die älteste und größte Katze des Hauses, sucht sich mein Bein als Kuschelstätte aus und schnurrt dran liegend munter drauf los. Das überrascht mich als ausgewiesenen Hundetypen und stimmt milde. 
 
21 Uhr
Mit einem Barbecue im Hintergärtchen versuchen wir uns, in olympische Form zu bringen. Das Fleisch wird schwarz, dafür bleibt das Dosenbier warm, und meine Osnabrücker Lieblingskollegin Susanne, eine ausgewanderte Oberfränkin, beanstandet ihren eigenen Nudelsalat als zu gewürzlos - Kerle wie wir lassen sich freilich durch nichts unterkriegen.
 
0 Uhr
Nach den seriösen Besprechungen zur Gesamtlage klingt der erste Abend in London in angemessen gespannter Erwartung bei zunehmender Heiterkeit aus. Da haben wir schon andere Krisen gemeistert....
 
Mittwoch, 25. Juli
 
5.30 Uhr
Lolita weckt meinen Bielefelder Lieblingskollegen Rainer, der ganz spät auch noch zur Truppe gestoßen ist. 
 
7.30 Uhr
Beim gemeinsamen Breakfast in Jugendherbergsqualität erweist sich mein Bemühen um ausreichend Tee am Morgen als erfreulich für alle Mitfrühstücker: Kaffee ist in der Kitchen keiner aufzutreiben. Der Würzburger Assamvorrat geht schneller zur Neige als berechnet.
 
9 Uhr
Wenn man so hört und via Haus-Internet liest, was in den deutschen Medien Vor-Olympisches kolportiert und berichtet wird, wünscht man sich vor Ort nur eines: Mögen die Spiele bald beginnen!! Damit es endlich Vernünftigeres und vielleicht auch Richtigeres zu berichten gibt.
 
10.30 Uhr
Das also wird unser täglicher Weg zum Olympiapark sein. Ufff!!! Wir müssen noch nach zweiten Verbindungen schauen. 
 
11.30 Uhr
Die Inbetriebnahme des Laptops für die Olympia-Zeit gerät für viele Kollegen inklusive des Verfassers dieser Zeilen in Ermangelung übertriebener Technikkenntnisse zur echten Herausforderung: Schließlich gilt es, die speziellen Zulassungsvorschriften des Organisationskomitees zu registrieren, diverse PIN-Nummern einzugeben, die dann nur an den olympischen Schauplätzen Web-Zugang gewähren - kurz: die Kiste muss auch hier laufen!! Dass es mir sogleich gelingt, ist der erste große Erfolg in London aus persönlicher Sicht. Ein anderer Jürgen, mein Lieblingskollege aus Münster, tut sich deutlich schwerer - ach, wie ich sein Leid teile.
 
13 Uhr
Ich beginne mit diesem Internet-Tagebuch, denke an die Lieben daheim - und nur kurz daran, dass am Dienstag der "Würzburger Hafensommer" begonnen hat, der zeitlich parallel zu den Olympischen Spielen läuft, bedauerlicherweise: London sollte uns kulturell doch mindestens genauso voranbringen. 
 
13.30 Uhr
Der andere Jürgen ist drin. In der Zwischenzeit haben Christoph und ich an Platz 01-D-13 und 01-D-15 des "Main Press Centres" (kurz MPC, das Hauptpressezentrum der Spiele im Olympiapark) die immer mehr eintrudelnden Kollegen aus der Heimat begrüßt, darunter Hartmut Scherzer, den Grandseigneuer des deutschen Sportjournalismus, der doch bestimmt schon fast seine hundertste Olympia-Teilnahme oder so begeht (okay, ich reiche die korrekte Zahl nach!!).
 
14 Uhr
Mein Heilbronner Lieblingskollege Lars, lese ich, hat ebenfalls eine erste Kolumne geschrieben - bei ihm heißt sie "Very british". Thema ist - ich glaub's ja nicht, die Fahrt im Taxi - "was wäre London ohne eine Fahrt im Black Cab", schreibt er, der Lieber-Zu-Fuß-Geher und zur Taxifahrt Überredete!!!!? Ich zitiere weiter: "Dass es im Gedränge mit den Herden von Radfahrern nicht zu drei Unfällen pro Kilometer kommt, ist ein Wunder. London ist eine Fahrradstadt geworden. Kein Wunder, schließlich quälen sich die Autos mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von elf Stundenkilometern durch die Innenstadt. Nach 20 Minuten endet der Anschauungsunterricht. 18 Euro inklusive Trinkgeld hat der Spaß gekostet. War die Sache wert. Denn jetzt ist klar: Radfahren in London – never ever." Wer die 18 Euro spendiert hat, steht allerdings in der "Heilbronner Stimme" nicht. Freundinnen und Freunde dort - ein Trollinger-Lemberger vom Großbottwarer Wunnenstein ist dafür nach der Rückkehr als Gegenleistung aber das Mindeste!!!!
 
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