Noch selten hatte es im Vorfeld von Neuwahlen beim Bayerischen Landes-Sportverbandeine derart unklare Ausgangslage gegeben. Klar ist eigentlich nur, dass auf dem BLSV-Verbandstag an diesem Samstag der amtierende Präsident Jörg Ammon gegen seinen Herausforderer Harald Güller antritt. Erst kurzfristig hatte der langjährige SPD-Landtagspolitiker Güller und sportpolitische Sprecher seiner Partei, der in Neusäß bei Augsburg beheimatet ist, seinen Hut in den Ring geworfen. Ihm wird eine Nähe zum Team Sport-Bayern attestiert, das als lautstarke Opposition außerhalb des BLSV tätig ist. Dort geben vor allem Fußballer und Wintersportler den Ton an.
Machtkampf zwischen BLSV und Team Sport-Bayern
Die Wahl ist also auch ein Ausdruck des Machtkampfs, der den bayerischen Dachverband schon seit Jahren in Atem hält. Höhepunkt der internen Querelen und Auseinandersetzungen war, als die Präsidiumsmitglieder Harald Stempfer, Klaus Drauschke und Alfons Hölzl Anzeige gegen Ammon erstatteten. Sie warfen dem Präsidenten unsauberes Finanzgebaren vor. Die Staatsanwaltschaft allerdings stellte das Verfahren ein, das Trio wurde daraufhin vom BLSV suspendiert. Hinter den Kulissen liefen die Streitereien um eine Amtsenthebung aber offenbar bis zuletzt weiter, wie die Süddeutsche Zeitungnun berichtet.
Offener Brief des BLSV-Betriebsrats
Bis zuletzt wurde auch Wahlkampf betrieben. So kursiert seit Mittwoch ein offener Brief des BLSV-Betriebsrats an die Mitglieder und Delegierten des Verbandstags. Ihnen wolle man diverse Anliegen mit auf den Weg geben, heißt es dort ganz unverfänglich. An Punkt eins wird "Transparenz und Offenheit in der Verwendung der im Haushalt zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel" gefordert. Den Vorwurf fehlender Transparenz hatte auch Güller schon formuliert. In einem (ebenfalls offenen) Brief an den Bayerischen Landtag wiesen Peter Rzytki, Vizepräsident Finanzen, und der Kaufmännische Geschäftsführer Christian Aumüller das unlängst zurück. Die in der öffentlichen Berichterstattung zitierte Intransparenz entbehre jedweder Sachgrundlage, schreiben sie.
Forderung nach guter Fehlerkultur und Kritikfähigkeit
Der Betriebsrat wiederum moniert in seinem Schriftstück, dass in der Vergangenheit viel Geld für neue Projekte aufgewendet wurde, welche zum Teil mithilfe von Darlehen finanziert worden seien "oder durch Ausgliederungen von Teilbereichen des BLSV der Mitwirkung und Mitgestaltung des Betriebsrates entzogen sind". Weitere Kritikpunkte sind, dass sich die Zahl von Leitungs- und anderen gut bezahlten Stellen nahezu verdoppelt habe und der BLSV nun drei hauptberufliche Geschäftsführer beschäftige. Gleichzeitig würde die Stammbelegschaft finanziell ins Hintertreffen geraten, deren Gehaltsentwicklung erreiche seit Jahren nicht das Niveau eines Inflationsausgleichs. Dazu kommen noch allgemeine Punkte wie der Wunsch nach einer guten Fehlerkultur und Kritikfähigkeit.
Alles in allem ist der Brief kein besonders gutes Zeugnis für die BLSV-Spitze – und genau deshalb liegt der Verdacht nahe, dass auch dieses Schriftwerk nicht ganz zufällig erst unmittelbar vor dem Verbandstag die rund 400 Delegierten erreichte. Auch in der Sportpolitik wird Wahlkampf bis zum letzten Tag betrieben.