
Es ist nichts Ungewöhnliches, dass innerhalb des Bayerischen Landessportverbandes (BLSV) gestritten wird. Es liegt quasi in der Natur seiner Konstruktion, denn unter einem Dach versammelt sich dort der gesamte bayerische Sport. Winter- wie Sommersport, Einzel- wie Mannschaftssport, Ballsportarten genauso wie Leichtathletik oder Schwimmen, mitgliederstarke wie sehr kleine Verbände. Unterschiedlicher könnten die Interessen also kaum sein. Die große Kunst war es bisher immer, sich irgendwann zusammenzuraufen. Danach sieht es momentan aber nicht aus, denn seit geraumer Zeit hat sich dieses Streitpotenzial in Form eines Bündnisses manifestiert, das unter dem Namen "Team Sport-Bayern“ firmiert. Maßgeblich vorangetrieben vom ewigen Strippenzieher Rainer Koch, Ex-Präsident des bayerischen Fußballverbandes, haben sich im Jahr 2020 die Fußballer mit mittlerweile 27 weiteren Verbänden zusammengeschlossen. Ziel sei, so Koch damals, "unsere berechtigten Interessen in den Bayerischen Landes-Sportverband noch intensiver einbringen" zu können.
Beim BLSV herrscht wenig Freude über die Opposition
Klar, dass dort wenig Freude angesichts dieser Opposition herrscht. BLSV-Präsident Jörg Ammon wehrte sich vehement und fürchtete eine Spaltung des bayerischen Sports. Diese ist bislang zwar ausgeblieben. Doch der tiefe Graben, der sich quer durch den BLSV zieht, ist nicht zu übersehen. Das zeigt sich auch jetzt wieder, da auf dem Verbandstag am 23./24. Juni in München Neuwahlen anstehen. Amtsinhaber Ammon will wiedergewählt werden und sieht sich seit kurzem mit dem Gegenkandidaten Harald Güller konfrontiert. Der langjährige SPD-Landtagspolitiker aus Neusäß bei Augsburg geht zwar nicht als Kandidat von "Team Sport-Bayern" ins Rennen, man kann aber annehmen, dass er auf dessen Unterstützung zählen darf.
Einmal mehr ist am Beispiel BLSV zu beobachten, dass auch in der Sportpolitik mit harten Bandagen gekämpft wird. Gut erinnerlich sind diesbezüglich die Vorgänge, die zum Ende der Ära des DOSB-Präsidenten Alfons Hörmann führten. Der einst mächtigste Sportfunktionäre Deutschlands war über einen anonymen Brief gestolpert, in dem ihm ein autoritärer Führungsstil vorgeworfen worden war. Nach monatelanger Schlammschlacht und erbittertem Ringen hatte sich der Allgäuer Hörmann zurückgezogen.
Anonyme Briefe und Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft München
Neben anonymen Briefen sind Anzeigen ein probates Mittel, um Funktionäre anzugreifen. So geschehen auch im BLSV Ende 2021. Der Vorwurf lautete, Ammon habe unsaubere Deals auf Kosten des Verbands eingefädelt. Die BLSV-Präsidiumsmitglieder Alfons Hölzl, Klaus Drauschke und Harald Stempfer hatten die Staatsanwaltschaft München eingeschaltet. Der Spiegel berichtete justament eine Woche vor der Wahl des neuen DOSB-Präsidiums. Ammon zog daraufhin seine Kandidatur für den Posten eines Vizepräsidenten im DOSB zurück. Die Staatsanwaltschaft stellte ihre Ermittlungen gegen Ammon rund ein Dreivierteljahr später ein. Die FAZschrieb dazu: "Das ist möglich, wenn die Staatsanwaltschaft zu dem Ergebnis kommt, dass ein hinreichender Tatverdacht fehlt."
Der Ton war damit gesetzt. Der Verbandsrechtsausschuss des BLSV sah im Verhalten der drei Präsidiumsmitglieder eine "schwerwiegende Treuepflichtverletzung". Aufsichtsrat und Präsidium beschlossen daraufhin deren Suspendierung.
Der Amtsinhaber des bayerischen Verbands sieht die Mehrheit hinter sich
Ammon sieht trotz der Turbulenzen eine Mehrheit aus den insgesamt 56 BLSV-Mitgliedsverbänden hinter sich. Als Präsident eines demokratischen Verbandes sei es logisch, dass er sich dem Gegenkandidaten stellen werde, sagte er unserer Redaktion. "Ich bin überzeugt, dass die große Mehrheit die erfolgreiche Arbeit der vergangenen Jahre, vor allem während der Corona-Pandemie, zu schätzen weiß." Ammon dürfte vor allem davon profitieren (und schon profitiert haben), dass er gute Kontakte zu Ministerpräsident Markus Söder und Innenminister Joachim Hermann pflegt. Dorthin also, wo die Fördergelder verteilt werden. Dem Vernehmen nach soll es Planungen geben, diese für den Sport deutlich zu erhöhen. Kritiker fragen sich hinter vorgehaltener Hand, ob und wie sich Güllers politische Herkunft auswirken könnte. Über viele Jahre hat er sich als Oppositionspolitiker an der CSU abgearbeitet. An jener Partei also, die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch nach der Landtagswahl im Oktober an der Regierung sein wird und über die Vergabe von Fördergeldern entscheidet.