Schon bei der Eröffnungsfeier pure Olympia-Stimmung. Bei den Special Olympics ist der Name Programm. 50.000 Menschen im Stadion, Fackellauf, 7000 Athletinnen und Athleten hinter den Fahnenträgern. Hier geht es aber nicht um Hochleistungssportlerinnen und -Sportler. Der Jubel und der Applaus gelten Menschen mit geistiger Behinderung. Die Special Olympics drehen sich um sie, um Sichtbarmachung. Das zeigt sich sowohl auf dem Platz als auch im Gespräch mit Fans sowie Helferinnen und Helfern. Neben dem Spaß haben die Spiele für tausende Menschen sogar einen gesundheitlichen Mehrwert.
Sportler und Fans machen die Spiele im Miteinander besonders
"Wir schauen uns zum ersten Mal so eine Veranstaltung an und sind total begeistert", erzählt Kerstin Gaugelhart euphorisch in einer kurzen Pause zwischen den Wettkämpfen. Behindertensport kenne sie sonst nur von den Paralympics. Doch so eine Veranstaltung speziell für Menschen mit geistiger Behinderung, das sei für sie und ihre Mutter neu. So geht es den meisten Fans im Berliner CityCube, wo gerade die Turn-Wettbewerbe der Spiele laufen. An Reck, Barren, Ringen, Sprung und Boden zeigen die Athletinnen und Athleten ihr Können.
Und das begeistert das Publikum am laufenden Band. "Wir wussten vorher gar nicht, was uns hier erwartet, was die da unten machen, ist echt der Hammer", sagt eine Zuschauerin, die extra aus Köln nach Berlin gekommen ist. Die Halle ist voll und die Stimmung eine ganz besondere. Denn wo bei den bekannten Olympischen Spielen der Wettbewerb im Vordergrund steht und die Sportlerinnen und Sportler voll im Fokus sind, ist hier die Interaktion aller Beteiligten wichtig. Als etwa ein syrischer Springer seinen Versuch gemeistert hat, verbeugt er sich erst förmlich vor der Jury. Dann dreht er sich in Richtung Publikum und die Freude bricht aus ihm heraus. Er reckt die Hände nach oben, jubelt den Fans zu. Diese jubeln lautstark zurück. Unter tosendem Applaus joggt er an der Tribüne entlang und verabschiedet sich mit dem bekannten Ronaldo-Torjubel: Sprung, halbe Drehung, Arme selbstbewusst von sich gestreckt.
Hohes Niveau: "Davon kann ich nur träumen!"
Nicht alle Sportlerinnen und Sportler sind so selbstbewusst, an die rund 500 Fans richten sich nach erbrachter Leistung aber alle. Manche danken noch etwas schüchtern, manche winken ihren mitgereisten Unterstützerinnen und Unterstützern zu. Im Turnierverlauf werden alle wärmer mit dem ungewohnt großen Publikum. Denn: Profi ist hier niemand, hunderte oder gar tausende von Fans kommen sonst nie zu den Wettbewerben. Umso größer ist die Freude in der Halle, alle genießen die Aufmerksamkeit sichtlich. "Wir lieben die Mischung aus grandioser Stimmung und Wettkampf", sagt auch Zuschauerin Kerstin Gaugelhart. Überrascht zeigen sich viele auf der Tribüne vom Körpergefühl der Athletinnen und Athleten. "Davon kann ich nur träumen!", sagt eine freiwillige Helferin.
Rein sportlich ist die Bandbreite bei den Special Olympics groß. In 26 Sportarten gibt es mehrere Leistungskategorien, sodass kein unfairer Wettbewerb entsteht. So haben alle Chancen auf die begehrten Medaillen, unabhängig des Grads der geistigen Behinderung. Beim Turnen ist das Niveau vor allem am Reck oft beachtlich. Mit Laiensport hat das nichts zu tun.
Mit der größten inklusiven Sportveranstaltung für geistig behinderte Menschen findet endlich wieder ein Großsportereignis statt, das alle ohne schlechtes Gewissen schauen können. Denn bei diesen Spielen gibt es keine Korruptionsskandale um gekaufte Komitees, keine Menschenrechtsverletzungen beim Bau von Stadien. "Es fühlt sich einfach gut an, die Sportler anzufeuern und zu wissen: Hier unterstützen wir eine gute Sache", sagt Mick. Er ist mit einer ganzen Gruppe von Fans extra aus Belgien angereist. Sie verfolgen die Spiele schon seit drei Tagen und sind in voller Montur zu den Turnwettkämpfen erschienen. Als ihre Landsfrau am Boden ihre Performance beendet hat, jubelten sie ihr lauthals zu, die junge Frau rennt vor Freude zu ihren Fans.
Im Fußball waren Teams unzufrieden
Eine kleine Kontroverse gab es dann aber doch noch. Im Klassifizierungswettbewerb um die jeweiligen Leistungsstufen war die deutsche Fußballmannschaft einigen Gegnern athletisch deutlich überlegen. Der deutsche Verband hält seine Mannschaften dann dazu an, den Fuß etwas vom Gas zu nehmen, da ein ausgeglichener Wettkampf im Fokus stehen soll. Das führte jedoch dazu, dass die deutsche Mannschaft trotz eigentlicher Überlegenheit wegen des schlechteren Torverhältnisses nur in der zweiten Leistungskategorie für die Finals landete.
Ägypten rutschte in die A-Gruppe. Beide Verbände waren damit unzufrieden, weil sie sich sportlich jeweils auf anderem Niveau sahen. Ein gemeinsamer Antrag auf Tausch bei den Organisatoren blieb jedoch ohne Erfolg. So kam es dazu, dass Deutschland im Halbfinale der B-Leistungsgruppe 25:0 gewann. Dem Team winkt damit die Goldmedaille der Kategorie, trotzdem zeigen sich alle Beteiligten enttäuscht über die fehlende Flexibilität der Veranstalter, da der ausgeglichene Wettbewerb darunter leide.
Seh- und Hörtests für die Sportler
Ansonsten sind die Special Olympics ein voller Erfolg. Neben dem Spaß und der Sichtbarmachung geben sie den Teilnehmerinnen und Teilnehmern sogar einen gesundheitlichen Mehrwert: Weil sie aus aller Welt kommen und nicht immer eine voll umfassende ärztliche Untersuchung bekommen, bieten die Veranstalter genau eine solche in Berlin an. So wurden bereits bei über 2300 Athletinnen und Athleten Sehtests gemacht, dabei 1065 neue Brillen verschrieben. Ähnlich hohe Zahlen gibt es bei Hörtests oder zahnmedizinischen Untersuchungen. Die Spiele werden ihrem Motto "Zusammen unschlagbar" fast überall gerecht.