Physiotherapeutin Lara Westner korrigiert noch mal, als Katharina Schmid die Hantel nach oben stemmt. Die überragende deutsche Skispringerin macht allerdings schon vieles richtig, wuchtet die Stange gekonnt in die Höhe. Die Sportlerinnen des Deutschen Skiverbandes (DSV) stecken mitten drin in der Trainingsphase für die kommende Saison. Schließlich lautet eine Binsenweisheit für die Schneeathleten: Wintersportler werden im Sommer gemacht. Aber so ganz passt das Timing zwischen Training und Wettkampf in dieser Saison nicht. Mitten in die Vorbereitung platzt der erste große Wettkampf. Bereits ab Dienstag steht ein erster Höhepunkt für die deutschen Adler im Programm.
Bei den European Games in Polen mit dem Zentrum in Krakau sind erstmals auch die Skispringerinnen und Springer dabei. Im polnischen Skisprung-MekkaZakopane wird auf Matten gesprungen. "Für uns ist es etwas Besonderes, dass wir bei den Sommersportlern dabei sind, dass wir zum ersten Mal bei den European Games mitmachen", sagt Schmid im Pressegespräch an der Bar des Fitnesscenters in Fürstenfeldbruck.
Der erste Wettkampf für Althaus als Frau Schmid
Für die 27-Jährige wird es der erste Wettkampf als Frau Schmid. Den deutschen Fans ist die Oberstdorferin unter ihrem Mädchennamen Althaus ein Begriff. Bei der Nordischen Ski-WM im slowenischen Planica feierte sie noch vor wenigen Monaten große Erfolge. Als dreifache Weltmeisterin im Einzel, in der Mannschaft und im Mixed-Wettbewerb kehrte sie mit reichlich Edelmetall im Gepäck nach Hause. Beim Blick zurück strahlt Schmid über das ganze Gesicht, vor allem der Einzelerfolg bedeutet ihr unglaublich viel. "Es war der Wahnsinn. Es hatte niemand gedacht, dass der Winter so erfolgreich wird. Ich wusste schon, dass ich vorne mit dabei sein kann, aber dass es sich so ausgeht mit dem Einzelgold, auf das ich ewig gewartet habe, daraufhin gekämpft habe, war super." Sie weiß, dass sie Außergewöhnliches geleistet hat. "Ich glaube, so etwas wird so schnell nicht wieder kommen", sagt die Sportlerin.
Nach der Hochzeit ging es nach Rom
Als Kirsche auf der Torte obenauf folgte die Hochzeit mit ihrem Lebensgefährten Patrick Schmid Anfang Mai. "Die Hochzeit war das Highlight nach der Saison. Wir hatten einen wunderschönen Tag auf dem Standesamt und bei der kirchlichen Hochzeit", erzählt die DSV-Kaderathletin. Danach ging es noch für eine gemeinsame Woche nach Rom: "Wir haben die Stadt und uns genossen." Ehemann Patrick ist der ältere Bruder von Julian Schmid, der mit den Nordischen Kombinierern bei den Olympischen Spielen 2022 in Peking Silber gewann. Der Notfallsanitäter und die Zollwachtmeisterin sind seit geraumer Zeit ein Paar.
Angesichts des Schneemangels in den vergangenen Jahren diskutiert der Ski-Weltverband Fis schon seit langem über neue Wege im Wintersport. Die Springerinnen und Springer sind in der komfortablen Lage, problemlos auf Matten ausweichen zu können. Katharina Schmid ist offen für beides: "Uns gefällt das Springen im Winter besser, weil wir ein Wintersport sind. Aber wenn es immer weniger Schnee gibt, dann muss man schauen, ob man es auch ohne Schnee organisieren kann."
Der Aspekt, ausnahmsweise mit den Sommerathleten auftreten zu können, gefällt der Allgäuerin: "Ich freue mich auf den Austausch mit anderen Sportlern bei den European Games. Auch weil wir das bei Olympia in Peking wegen der Corona-Pandemie nicht so hatten." Bis zum 2. Juli starten rund 7.000 Athleten aus 96 Ländern bei den European Games in Krakau und Zakopane.
Schmid darf nicht so aggressiv springen
Üblicherweise bauen die Springerinnen in diesen Wochen ihr Flugsystem neu auf. Der Grund: Erst jetzt ist das modifizierte Reglement für die neue Sprungsaison mit enger geschnittenen Anzügen und anderen Keilen an den Schuhen bekannt. Schmid schildert ihren Plan: "Wir starten bei null und müssen schauen, wie es auf der Schanze funktioniert. Ich habe meinen Grundsprung und jetzt darf ich nicht mehr in der Luft Vollgas geben, weil der Anzug da nicht mitspielt." In Zakopane dürften die Nationen auch noch mit dem alten Material springen. Doch für Maximilian Mechler zählen jetzt nicht die Resultate. "Wir wollen uns an das neue Material für den Winter gewöhnen. Wir springen aus dem Training heraus, deshalb sind für uns die Ergebnisse nicht so entscheidend", sagt der Frauen-Bundestrainer.
Seine Vorspringerin und Seriensiegerin Katharina Schmid geht es locker an: "Ich habe mir keine Ziele für die European Games gesetzt. Ich genieße es einfach, gerade auch den Kontakt mit den Sommersportlern." Dann rückt sie ihre Kappe zurecht und geht wieder an die Hantel. Schließlich: Wintersportler im Sommer und so - dieses Jahr wird alles vermengt.
Das Programm in Zakopane:
Dienstag, 17.30 Uhr: Einzel, Frauen
Mittwoch, 17.30 Uhr: Einzel, Männer
Donnerstag, 17.30 Uhr: Mixed Team
Freitag, 17.30 Uhr: Einzel, Frauen, Großschanze
Samstag, 17.30 Uhr: Einzel, Männer, Großschanze
Deutsches Aufgebot Frauen: Katharina Schmid, Selina Freitag, Luisa Görlich, Pauline Hessler, Anna Rupprecht.
Deutsches Aufgebot Männer: Felix Goldbach, Philipp Raimund, Luca Roth, Constantin Schmid.