
Manchmal braucht es mehrere Anläufe. Was richtig gut werden soll, kann nicht auf einen Schlag und sofort entschieden werden. Gerade wenn es um eine Sache geht, die so viel Spaß macht. Janne Ahonen war ein leidenschaftlicher Skispringer – und ist es noch immer. Viele Jahre ist er durch die Lüfte geflogen, auf der Jagd nach Triumphen. 46 Jahre ist der Finne mittlerweile alt, noch immer treibt ihn die Lust nach dem Kick um. Dabei hat er doch schon mehrfach seine Karriere beendet. Aber wirklich endgültig?
Fünf Siege bei der Vierschanzentournee, fünf Goldmedaillen bei Weltmeisterschaften, zwei olympische Silbermedaillen mit dem Team – die Pokale und Plakaten reichten längst, um einen großen Schrank im heimischen Wohnzimmer zu füllen. Und doch fühlte sich der Schritt runter von den Schanzen, vor allem, wenn er endgültig sein soll, nie so richtig an. Auch wenn Ahonen mehrmals das Karriereende verkündet hat. Letztmals 2018. Für einen wie ihn wurde das Wort Comeback quasi erfunden.
Für seinen ersten Rücktritt vom Rücktritt entschied er sich im März 2009, als er eine Rückkehr für den darauffolgenden Winter ankündigte. Mit Erfolg, wie Rang drei bei der Vierschanzentournee und Platz vier bei den Olympischen Spielen in Vancouver beweisen. Danach aber sollte wirklich Schluss sein, der Finne kündigte seinen zweiten Rücktritt an. Er wolle mehr Zeit mit der Familie verbringen. Und überhaupt dieses Reisen, das nerve gewaltig. Dieser Zustand hielt immerhin bis 2013. Wieder kurz vor Olympia verkündete er seine erneute Rückkehr.
Bei Olympia gewann Ahonen keine Einzelmedaille
Ahonen hatte einen guten Grund. So erfolgreich seine Karriere auch gewesen sein mag, er wartete noch immer auf eine Einzelmedaille bei Olympia. In Sotschi sollte es 2014 klappen. Also zurück auf die Schanze. „Ich fragte mich, ob ich immer noch das Zeug dazu habe, mit den Besten mitzuhalten. Ich vermisste das Skispringen", erklärte er die neuerliche Kehrtwende. Allerdings bremste ihn eine bakterielle Lungenentzündung in diesem Winter aus. Mehrere Wochen musste er pausieren. In Russland war er dennoch dabei, allerdings von einer Medaille weit entfernt.
Danach sollte es wirklich reichen. Der dritte Rücktritt war die Folge. Zeit mit der Familie verbringen, nicht mehr reisen müssen, die üblichen Erklärungen. Lange aber hielt auch dieser Zustand nicht. 2017 war Ahonen zurück, wieder kurz vor den Olympischen Spielen. 2018 fanden die in Südkorea statt, in Pyeongchang trug er bei der Eröffnungsfeier die finnische Flagge. Wie bereits 20 Jahre zuvor in Nagano. Für Ahonen war es die siebte Teilnahme bei Olympischen Spielen – nur der Japaner Noriaki Kasai war noch einmal mehr am Start. Pyeongchang also noch, danach aber ist wirklich Schluss. Ehrenwort. Auch wenn es wieder nichts mit einer Medaille werden sollte. Wurde es auch tatsächlich nicht.
Am 27. Oktober 2018 also verkündete Ahonen seinen nächsten Rücktritt. Diesmal aber für immer. Er werde nicht mehr schwach werden. Immerhin hielt dieses Versprechen bis zum Jahresbeginn 2022. Plötzlich saß Ahonen wieder oben auf einer Schanze. Bei den finnischen Meisterschaften wurde er Dritter. Er kann es also noch, dürfte er sich damals gedacht haben. Mit einem Weltcup sind die Titelkämpfe in seinem Heimatland zwar nicht zu vergleichen, mehr als ein Volksfestwettbewerb aber sind sie allemal.
Ahonen hatte Lust auf mehr. Ein Jahr später sprang er wieder. „Mir geht es hauptsächlich um den Spaß“, erklärte er. Platz elf wurde es diesmal bei den finnischen Meisterschaften, was seinen Ansprüchen wohl nicht genügte. Allerdings fand sich der Name Ahonen auch deutlich weiter vorne in der Ergebnisliste. Auf Rang vier landete sein damals 21-jähriger Sohn Mico. „Was mein Herz am meisten erwärmt, ist, dass ich nicht mehr der beste Skispringer in unserer Familie bin“, sagte sein Vater. Eigentlich, so dachten alle, dürfte es das jetzt gewesen sein.
Janne Ahonen denkt über eine erneute Rückkehr nach
Vor wenigen Wochen aber heizte Ahonen ein weiteres Mal Gerüchte über sein nächstes Comeback an. Auf Instagram zeigte der 46-Jährige ein Foto seiner Sprungschuhe und schrieb darunter: „Die finnische Meisterschaft findet im März in Lahti statt. Ich habe mich gefragt, ob ich meine Füße in heißes Wasser legen sollte, um sie weicher zu machen.“ Ob er wirklich noch einmal springt? Abwarten. Mehr als ein Freizeitvergnügen eines leidenschaftlichen Skispringers dürfte das ohnehin nicht sein.
Ahonen war und ist immer für Überraschungen gut. Durch seine Autobiografie, die 2009 erschienen war, hatte er für viel Aufregung gesorgt. Er hatte Einblicke in die finnische Welt des Skispringens ermöglicht. Von radikalen Diäten und Alkoholeskapaden geschrieben. Im März 2005 war er beim Skifliegen in Planica erst bei 240 Metern gelandet. Weltrekord wäre das gewesen – Ahonen allerdings stürzte. Ins Krankenhaus aber wollte er partout nicht. Er hatte Sorgen, dass bei den dortigen Untersuchungen ein Restalkohol festgestellt würde. Am Abend zuvor hatte er mit seinem Kollegen Risto Jussilainen 24 Dosen Bier geleert.