Sie war schon erfolgreicher. Aber die Bronzemedaille, die Katharina Althaus am Mittwochabend im Tal der Schanzen von Planica gewann, war für die 26-jährige Oberstdorferin zweifellos mit den größten Emotionen verbunden. Ihre aus dem Allgäu extra mit zwei Bussen angereisten Familienmitglieder, Verwandten, Bekannten und Fans machten der Überfliegerin dieser WM zwar Druck, verliehen ihr aber gefühlstechnisch riesige Flügel. „Dieses Bronze fühlt sich an wie Gold“, strahlte Althaus.
In einem dramatischen Wettkampf, der von leichtem Schneefall begleitet war, musste sich Althaus nur der kanadischen Überraschungssiegerin Alexandria Loutitt und Maren Lundby aus Norwegen geschlagen geben. Für die Oberstdorferin war es insgesamt die neunte WM-Medaille der Karriere. Mit einer weiteren Goldmedaille hätte sie als erste Skispringerin vier Titel bei einer WM gewonnen.
Katharina Althaus springt mit soliden 120,5 Metern auf Platz drei
Doch Althaus fühlte sich alles andere als eine Verliererin. Im ersten Durchgang hatten ihre Konkurrentinnen zum Teil deutlich bessere Windbedingungen, Althaus sprang mit soliden 120,5 Metern auf den dritten Platz. Eigentlich eine perfekte Ausgangsposition für die in dieser Saison so konstant springende Allgäuerin.
Althaus behielt auch im zweiten Durchgang die Nerven, übersprang die grüne Linie und übernahm mit 128 Metern die Führung. Eine Medaille war ihr bereits sicher. Lundby, die wegen Gewichtsproblemen ein Jahr lang pausiert hatte, überraschte schon im ersten Durchgang mit einem Schanzenrekord – 139 Meter. Auch mit ihrem zweiten Satz auf 133 Meter hielt sie Althaus auf Distanz. Doch auch der 28-jährigen Norwegerin blieb die dritte WM-Goldmedaille und die Titelverteidigung von Oberstdorf versagt. Die erst 19-jährige Kanadierin Loutitt erlebte eine Sternstunde. Nachdem sie im Januar im japanischen Zao ihren ersten Weltcup gewonnen hatte, krönte sie sich nun erstmals zur Weltmeisterin. Althaus gönnte der sieben Jahre jüngeren Konkurrentin den Titel von ganzem Herzen.
Oberstdorfer Fans bringen Stimmung nach Planica
Schon vor der Blumen-Zeremonie im Stadion wandte sich Althaus immer wieder an ihre mit Allgäuer Kuhschellen lärmenden Fans, winkte ihnen zu, erwiderte Jubel mit Jubel und Kreischen mit Kreischen. „I muass no schnell zur Siegerehrung, dann kumm i zu uib“, rief sie von einer Stahlgerüst-Brücke hinunter zu ihren Anhängern, die nicht aufhörten, Lärm zu machen. „Da muss ein Schwung Oberstdorfer kommen, dass hier endlich mal Stimmung reinkommt“, sagte Althaus künftiger Schwiegervater Gerhard Schmid– und blickte nach oben. Da stand sie nun wie auf einem Balkon und grüßte majestätisch hinunter – Katharina, die Große, die Skisprung-Königin von Planica. Der Flockenwirbel als Kontrast zum schwarzen Himmel ließen die Szenerie fast ein bisschen kitschig wirken.
Althaus-Freundinnen kommen in rosa Flamingo-Kostümen an die Skisprungschanze
Nachdem die erste Interview-Runde geschafft war und sie zur Belohnung ihren vierten Kiefern-Setzling überreicht bekam – die Medaille gibt’s am Freitag auf der Medals Plaza in Kranjska Gora–, konnte sich Althaus endlich ihrer Familie und ihren Freunden widmen. Ihre Brüder Daniel und Felix trugen sie durch den Auslauf der Normalschanze, ihre mit rosa Flamingo-Kostümen bekleideten Freundinnen herzten sie und ließen die Oberstdorferin noch lange hochleben. Auch Tränen kullerten.
Vier Wettkämpfe, dreimal Gold, einmal Bronze: Mehr geht fast nicht. Entsprechend gelöst war Althaus auch bei der Pressekonferenz. Auf die Frage, warum es diesmal nicht zu Gold gereicht habe, meinte sie: „Mein Freund hat mich gestern angerufen, dass zuhause in der Sammlung noch Bronze fehlt.“ Natürlich hätte Althaus auch Gold Nummer vier mitgenommen. „Es war ein schwieriger Wettkampf. Und ich hab’ den Druck von außen gespürt“, sagte sie.
Althaus bescherte dem DSV bereits das zehnte Edelmetall bei diesen Titelkämpfen. Die Ausbeute von der Heim-WM in Oberstdorf vor zwei Jahren ist längst getoppt. Vor allem dank Katharina Althaus.