Weltrekorde im Eisschnelllauf, Weltmeisterschaften im Rollschnelllauf, unzählige deutsche Titel, mit 80 im Frühjahr Senioren-Weltmeister – es ist ein bewegtes Sportlerleben, von dem Günter Traub als Ehrengast der Schweinfurter Sportlerehrung zu erzählen hatte. Denn der unverwüstliche Senior tat sich immer auch als Visionär hervor.
Das begann damit, dass sich der junge Schweinfurter 1960, mit knapp 21 noch ein Greenhorn, ein ambitioniertes Ziel setzte. „Wenn die besten deutschen Eisschnellläufer auf der 10 000 m Strecke über drei Minuten hinter der Weltspitze liegen, dann muss das auch an ihren Trainingsmethoden liegen.“ Also studierte er als sein eigener Coach die revolutionären Trainingsmethoden der Leichtathletik-Weltklasse-Mittelstreckler und holte sich bei den namhaftesten Sportmedizinern Grünes Licht für weiteren hohen Trainingsumfang. Seine Vision hatte sich schon im vierten Jahr seiner Eis-Karriere mit dem ersten seiner zwei Weltrekorde erfüllt. So wurde der als Gebirgsjäger bei Inzell stationierte Flachländer zum Pionier des modernen westdeutschen Eisschnelllaufs.
Über Nacht nach Norwegen
Doch es fehlte im Verband nicht nur an Fachwissen, auch an Sportstätten und Material. Also setzte sich Traub 1961 in seinen Kleinwagen, fuhr nach Norwegen, übernachtete auf der Rückbank, und kam mit einem Kofferraum Schlittschuhen zurück. „Er hat uns mit den besten Schlittschuhen versorgt, die es hierzulande nicht gab“, erinnert sich Olympiasieger Erhard Keller. Traubs Expertenrat („mineralarmes Wasser fördert die Gleitfähigkeit der Kufen“) für die Eis-Beschaffenheit und Ideen für die Infrastruktur flossen auch in die Planung des ersten Inzeller Kunsteis-Freiluft-Ovals. Ab 1964 studierte Traub an der Deutschen Sporthochschule, betrieb wissenschaftliche Steuerung des Hochleistungs-Trainings und wurde in seiner visionären Leistungsentwicklung bestätigt. Für großes Aufsehen sorgte der Tüftler mit der Erfindung des Gleitbretts, das präzise Eisschnelllauf-Imitations-Bewegungen ermöglicht und immer noch weltweit als eines der wirkungsvollsten Trainings-Mittel gilt.
Das Schweizer Experiment
Schon ab 1968 startete er ein Experiment mit einem befreundeten Schweizer Eisschnellläufer, der mit seinen 39 Jahren trotz allen Trainingsaufwands weit hinter der Spitze lief. Bald jedoch erregte Franz Krienbühl Aufsehen, erst in exotischer Aufmachung, dann mit einem Leistungssprung. Dahinter steckte Traubs Idee, mit einem Ganzkörperanzug im Stile der alpinen Abfahrtsläufer den beim Eisschnelllauf enormen Luftwiderstand zu verbessern. Mit aerodynamischem Anzug, Kapuze und einer Schuhhülle wurde Krienbühl anfangs belächelt, doch mit 47 Jahren wurde er 1976 Achter im olympischen 10000m-Rennen.
Seiner Zeit voraus war der vielseitige Dipl.-Sportlehrer auch als Fitnesstrainer. Lange vor der Wellness- und Fitnesswelle hierzulande stieß Traub mit seinem alpinen Bewegungstrainings-Seminaren in St. Moritz auf große Resonanz. „Es reicht nicht die Autos zu tunen, sondern auch die Menschen“ – unter diesem Motto versammelte sich alles was Rang und Namen in der Vollgas-Branche hatte zur alljährlichen Traub-Kur. Michael Schumacher machte sich vor seinem ersten WM-Titel ebenso bei Traub fit wie Niki Lauda.