
"Greatest Combeack of all time" schrieb Marcel Kühlinger Anfang August auf seinem Instagram-Account unter dem Hashtag "Vorbereitungsstart". Da brennt einer wirklich für den Fußball. "Alter Freund" sagt er schon mal zum runden Leder. Der 22-jährige Stürmer des Nordwest-Landesligisten DJK Schwebenried/Schwemmelsbach (9. Platz/32 Punkte) war vielleicht noch ein kleines bisschen begieriger darauf, auf den Platz zurückzukehren, als viele andere Amateurkicker.
"Obwohl mir die Corona-Pause gerade recht kam", gibt Kühlinger zu. "Seit letztem Oktober war ich angeschlagen, habe mich dann in die Winterpause geschleppt. Und in der hatte ich richtig Probleme mit einer Schambeinentzündung. An manchen Tagen konnte ich kaum aufstehen." Doch dank der langen Pause ist diese Verletzung nun ausgeheilt und Schwebenrieds Nummer 7 brennt auf die Fortsetzung der Landesliga-Runde. Und das sogar gleich - am Samstag ab 16 Uhr - mit einem Derby gegen den SV Euerbach/Kützberg (10./32). Mit einigen SVlern hat der Offensivmann übrigens schon während seiner Zeit beim FC 05 Schweinfurt zusammengespielt. "Alle Spieler kennen sich untereinander, viele sind befreundet, aber während dieser 90 Minuten ruht natürlich die Freundschaft. Im Gegenteil: Da will einer dem anderen zeigen, dass er besser ist." Gerne dürfte der entscheidende Treffer dabei natürlich von ihm kommen - 14 Mal hat Kühlinger schon in dieser Spielzeit getroffen.
Früher Wechsel nach Schweinfurt
Ohnehin dreht sich in der Welt des Marcel K. alles um den Fußball. Der gebürtige Grafenrheinfelder wechselte schon in der U 12 vom TSV zum FC 05 Schweinfurt, blieb dort bis zur U 23, ehe er dann nach Schwebenried und Schwemmelsbach wechselte. Insofern schlagen auch nach wie vor zwei Herzen in seiner Brust: ein rot-schwarzes für die DJK und ein grün-weißes für die Nullfünfer. Schließlich ist Kühlinger immer noch fast täglich im Willy-Sachs-Stadion zu finden.
Zum einen in der Geschäftsstelle, zum anderen aber auch am Rande des Platzes. "Ich absolviere ein Sportmanagement-Fernstudium an der Internationalen Hochschule Bad Honnef und der Mini-Job beim FC 05 wird mir dort als Praktikum angerechnet." Somit ist der 22-jährige zumindest organisatorisch nah dran an der ersten Mannschaft: "Ich kümmere mich um die Spieltagsorganisation, das Team-Management und das Ticketing, schaue aber auch in andere Bereiche wie das Scouting rein." Zudem ist er in der Koordination im Jugendbereich beziehungsweise im Nachwuchsleistungszentrum tätig - für die U 12 bis U 15, bei der U 15 ist er sogar Co-Trainer.
Selbst wieder im grün-weißen Trikot in der Regionalliga oder vielleicht gar mal in der Dritten Liga aufzulaufen, daran glaubt Kühlinger derzeit nicht. "Natürlich wäre das ein Traum, zurückzukommen und vor den Schnüdel-Fans im Sachs-Stadion zu spielen. Andererseits ist es ein Riesenunterschied zwischen der Landesliga und der Regionalliga mit den in Schweinfurt vorhandenen Profi-Strukturen. Da bin ich selbstkritisch genug, um sagen zu können, dass ich aufgrund der guten Entwicklung und den Ambitionen in Schweinfurt als Spieler sicher keine Verstärkung wäre. Aber wenn der Verein mal meine Hilfe bräuchte - warum nicht?"
Trotz aller Sympathie für seinen Ausbildungsverein - die DJK Schwebenried kann zumindest in Sachen Kühlinger ruhig schlafen. "Ich fühle mich da bestens aufgehoben und habe derzeit auch keine Wechselabsichten." Schwebenried/Schwemmelsbach sei ein eingeschworener Haufen, sozusagen mit einem Rundum-Wohlfühlprogramm. "Die Vorstände tun hier alles für uns. Da wird dann im Winter schon mal ein Bus nach Oberhof zum Biathlon organisiert - Spieler und Fans fahren dann gemeinsam hin."
Ohnehin sei es großartig, "auf dem Land" zu spielen. "Hier ist das ganze Dorf stolz auf die Mannschaft und kommt auch zu den Spielen." Zudem würden nicht zuletzt wegen Trainer Dominik Schönhöfer, "der einen ganz großen Anteil am Erfolg hat", junge Spieler gezielt gefördert. "Ich kann jedem jungen Spieler nur empfehlen, nach Schwebenried zu gehen. Woanders gibt es vielleicht Geld und bei uns nur am Donnerstag nach dem Training ein Essen, aber sportlich und menschlich kann man bei der DJK richtig vorankommen."
Euerbachs Coach Grell spricht von einem unangenehmen Gegner
Worte, die Trainer Schönhöfer natürlich gerne hört. Die Geschlossenheit des Teams könnte im Derby in Schwemmelsbach auch der entscheidende Pluspunkt sein: "Bei uns stand schon im Januar fest, dass wir alle zusammenbleiben. Das ist nun ein großer Vorteil, da wir eingespielt sind, obwohl wir im Gegensatz zu Euerbach noch kein Pflichtspiel bestritten haben." Bis auf die Langzeit-Rekonvaleszenten Justin Michel und Kevin Markert dürften die Schwebenrieder auch komplett sein. So hofft Schönhöfer darauf, endlich eine kuriose Statistik durchbrechen zu können: Seit der Saison 2015/16 gewann nämlich grundsätzlich die Gastmannschaft das Derby. Auch im Hinspiel hatte die DJK mit 2:1 in Euerbach gesiegt. Siegtorschütze damals: Marcel Kühlinger.
Dass das Derby etwas besonderes ist, ist selbst Euerbachs neuem Coach Julian Grell nicht entgangen. "Da knistert es schon ganz schön." Ansonsten hofft der 33-Jährige, der beim SV nicht mehr selbst auf dem Platz stehen will, dass sich sein neu zusammengewürfeltes Team (17 Abgänge, 13 Zugänge) weiter findet und einen Schritt nach vorne macht - auch wenn in den ersten beiden Pflichtspielen (1:1 gegen Röllbach, 0:1 im Ligapokal beim FC Fuchsstadt) "noch nicht alles rund lief." Fehlen werden dem SV Luca Knöll, Felix Wehner und der gesperrte Osama Alawami.
200 Zuschauer dürfen ins Stadion
Gegenseitiger Respekt ist auf jeden Fall da. "Schwebenried hat eine sehr geschlossene, kampfstarke Mannschaft, gegen die es unangenehm wird", weiß Grell, während Schönhöfer sagt: "Ich kenne Julian aus Aubstadt, schätze ihn sehr und glaube, dass da in Euerbach etwas richtig Gutes entsteht."
Auf jeden Fall dürfte das Derby auf großes Interesse stoßen. "In der Region dürfte es das Sportereignis des Wochenendes sein", meint DJK-Stürmer Kühlinger. "Ich wäre rechtzeitig da, sonst sind die Karten alle weg." Schließlich dürfen wegen der Corona-Hygienevorschriften nur 200 Zuschauer ins Schwemmelsbacher Wiesengrundstadion. Die Kassen öffnen deshalb auch schon eine Stunde vor Spielbeginn. Maskenpflicht herrscht nur an den Verkaufsständen, der Kasse, in Innenräumen - und, falls der Sicherheitsabstand von eineinhalb Metern nicht eingehalten werden kann.