
Es wäre nicht fair und würde dem Aufwand der Veranstalter nicht gerecht, würde man das internationale Dreisterne-Vielseitigkeitsturnier in Hambach als die Ingrid-Klimke-Festspiele bezeichnen. Dennoch: Die aus Münster stammende Reiterin überstrahlte von Donnerstag bis Sonntag alles und jeden auf dem Hambacher Lindenhof. Alle Augen waren auf die 51-Jährige gerichtet, die damit bemerkenswert spielerisch umging. Die charismatische fünffache Olympiateilnehmerin startete mit fünf Pferden, übernahm sogar das ihrer Tochter Greta, die zwar mit dabei war, aber wegen einer Knieverletzung nicht aktiv ins Geschehen eingreifen konnte.
Egal an welchem Tag des Turniers, egal zu welcher Uhrzeit - gefühlt saß Klimke permanent im Sattel. Für ein kurzes Gespräch war natürlich trotzdem Zeit. Zum Termin kam sie gut gelaunt, flotten Schrittes und einem kleinen Terrier an ihrer Seite. „Hätte ich gewusst, dass es in Hambach so toll ist, wäre ich schon viel früher hierher gekommen. Jetzt weiß ich erst, was ich den letzten Jahren verpasst habe. Es ist wirklich ein wunderschönes Turnier“, schwärmte sie über die Bedingungen auf dem Lindenhof: „Die Leute hier stecken verdammt viel Herzblut und Liebe in diese Veranstaltung.“ Über 200 Reiter aus zwölf Nationen gingen in den vier Tagen in Hambach an den Start.
Konzentrierte Ritte auf den Pferden
In der Vielseitigkeit, der „Königsklasse“ des Reitsports, müssen die Reiter auf einem Pferd in den Disziplinen Dressur, Springen und Gelände ran. „Entscheidend ist das Vertrauen und die Partnerschaft zwischen dem Pferd und dem Reiter. So etwas wächst über Jahre. Man kann kein Pferd zwingen, über die Gelände-Hindernisse zu springen. Die müssen in der Startbox stehen und über die Hindernisse wollen“, erklärt Klimke. Das Turnier im Landkreis Schweinfurt nutzte sie, um mit einigen jungen Pferden Erfahrungen zu sammeln. Besonders die Bodenverhältnisse und die Streckenführung wurden von Klimke - und vielen anderen Reitern - gelobt. So charmant und aufgeschlossen Klimke auch abseits der Prüfungen ist - im Wettkampf war sie umso kompromissloser und fokussierter.
Auch rein sportlich gesehen überragte die Weltklasse-Athletin die Konkurrenz um Längen. In der internationalen Dreisterne-Prüfung (CCI3*-S) landete sie gleich zwei Mal auf dem Siegertreppchen. Platz eins holte die Reiterin vom RV St. Georg Münster auf ihrem Pferd SAP Asha P. Mit Equistros Siene Just Do It belegte sie dann auch noch den zweiten Platz. Auch in der nationalen Zweisterne-Prüfung (CCI2*-L) führte kein Weg an Klimke vorbei. Mit Scrabble stand sie zwar nach der Dressur und dem Gelände nur auf dem dritten Rang, im Springen blieben Klimke und das Pferd dafür fehlerfrei und schoben sich dadurch noch nach ganz oben. Dafür gab es das nächste Siegerschleifchen.
5000 Zuschauer bei den Wettkämpfen
Es war einfach eine große Klimke-Show in Hambach. Die Star-Reiterin selbst bedankte sich auch für die Unterstützung der Zuschauer am Streckenrand: „Es ist einfach schön, wenn man viele Fans hat, die einen immer begleiten. Jeder gedrückte Daumen zählt.“ Auch die vielen jungen Anhänger wurden von ihrer Ikone nicht enttäuscht, die am Samstagabend extra noch eine Autogrammstunde einlegte. „Ich kann junge Menschen nur ermutigen, zu reiten. Pferde schenken einem so viel Lebensfreude. Es ist einfach ein wunderbarer Sport, weil die Pferde die besten Partner sind, die man sich vorstellen kann", so die enthusiastische Botschaft Klimkes an den Nachwuchs.

Unzufriedene Gesichter wurde auf dem riesigen Gelände rund um den Lindenhof weit und breit keine gesichtet. Von Unfällen oder Verletzungen blieben alle Reiter verschont. Das ist in der vergleichsweise wilden Vielseitigkeit durchaus eine Erwähnung wert. Über 5000 Zuschauer kamen insgesamt, viele davon laut Veranstalter Gerold Ort, „die mit Reiten davor noch gar nichts am Hut hatten". Alle Erwartungen seien übertroffen worden. "Wir sind sehr stolz", sagt Ort am Sonntag am Rande der Siegerehrung. Die Planungen für das nächste Jahr laufen bereits. Vielleicht kommt dann sogar wieder Ingrid Klimke, die unbedingt wieder nach Hambach möchte.