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RUDERN
Ernst Kaidel und seine Ruder-Familie
Um vier Sekunden an Gold vorbei: Die Schweinfurter Friedrich Remelé und Paul Knahn (im rot-weißen Trikot) verpassten im Junioren-Achter in Renngemeischaft mit zwei Münchner Clubs nur knapp den bayerischen Meistertitel.
Foto: Steffen Krapf | Um vier Sekunden an Gold vorbei: Die Schweinfurter Friedrich Remelé und Paul Knahn (im rot-weißen Trikot) verpassten im Junioren-Achter in Renngemeischaft mit zwei Münchner Clubs nur knapp den bayerischen Meistertitel.
Steffen Krapf
 |  aktualisiert: 27.04.2023 08:33 Uhr

„Zieh, zieh!“ Wer das am Wochenende am Mainufer in der Schweinfurter Wehranlage hörte, war ganz sicher bei den 48. bayerischen Ruder-Meisterschaften. Den urtypischen Anfeuerungsruf gab's nämlich in jedem der über 150 Läufe. Es war mal wieder ein Kraftakt für den veranstaltenden Schweinfurter Ruder-Club „Franken“ von 1882. Über 100 ehrenamtliche Helfer – das reichte vom Kuchenverkauf bis zur Organisation der Wettbewerbe – zeigten vollen Einsatz, um die Großveranstaltung in Schweinfurt zu realisieren.

Im Verein waren sie selbstredend stolz wie Oskar: Gerade in Zeiten, in denen immer mehr Vereine den Schwund im Ehrenamt beklagen, ist eine derartige „Man-Power“ nicht hoch genug zu bewerten. Die Vorbereitungen auf die Bayerische liefen quasi schon vor zwei Jahren an, als die Ruderelite des Bundeslandes letztmals auf der Schweinfurter Regattastrecke an den Start gegangen waren. Pressesprecher Philipp Grimm war am Sonntagnachmittag, noch vor den letzten Hauptrennen locker, entspannt und hochzufrieden – wohl auch, weil sein Sohn Lorenz gerade die bayerische Meisterschaft im Einer der 14-Jährigen gewonnen hatte: „Das Wetter hat gepasst. Die Wasserbedingungen waren günstig. Das ist immer ein großer Unsicherheitsfaktor, den wir nicht beeinflussen können.“

Im offenen Gewässer

451 Athleten nahmen teil, in 450 Booten. Die Besonderheit am Standort Schweinfurt, der zum 13. Mal Veranstalter der Bayerischen war, dabei ist, dass der Wettbewerb in einem offenen Gewässer stattfindet, nicht etwa wie in Oberschleißheim, wo im Wechsel mit Schweinfurt die Bayerische ausgerichtet wird, auf einer ehemaligen Olympiastrecke.

„Es ist schon schade, dass die Vereine überall nicht mehr so viele Ehrenamtliche finden. Daher sind Großveranstaltungen, wie die heute, leider rückläufig. Wenn man mit einer schwarzen Null rausgeht, ist man schon glücklich“, meinte Grimm, der sich aber glücklich über die eingeschworene Ruder-Gemeinschaft zeigt – nicht nur in Schweinfurt: „Die Leute kennen sich zum Teil schon seit Jahrzehnten. Unter den Helfern sind auch etliche ehemalige Rennruderer. Dann trifft man an so einem Tag wieder alte Bekannte, gegen die man vor 20 oder 30 Jahren gerudert hat. Rudern ist ein spezieller Sport, der auch davon lebt, dass sich im Prinzip alle Sportler kennen.“

Die oft beschworene Familie im Sport ist im Rudern offenbar mehr als Marketingsprech. Einen Namen, den ganz bestimmt alle bayerischen Ruderer kennen lautet: Kaidel. „Bubi“ Kaidel war einer der großen Ausnahmesportler der Stadt, gewann bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin die Silbermedaille im Doppel-Zweier und wurde vor zehn Jahren postum als Namensgeber für die Halle des Ruder-Clubs Schweinfurt verewigt.

Noch heute mischt die Familie Kaidel mit. Sohn Ernst Kaidel schnappte sich am Sonntag eine Medaille im Einer der Altersklasse I. „Es lief einwandfrei“, erzählte er nach seinem ersten Streich. Der nächste sollte wenige Stunden später folgen, als er sich auch im Doppel-Zweier mit seinem Bruder Wilhelm den Sieg in der Altersklasse G holte. „Ich mache nicht mehr viel“, stapelt der 75-Jährige tief: „Im Jahr nehme ich maximal noch an drei Regatten teil: Bamberg, Würzburg und an der Bayerischen.“

Fotoserie

Dieses Jahr muss er einen Wettbewerb dranhängen – bei den Weltmasters in Ungarn. Schuld ist ein Weihnachtsgeschenk seines Sohns. „Dann fahre ich halt da auch noch mit“, kommentiert er das mit der typisch fränkischen „Begeisterung“. Wie man gewinnt, weiß er ohnehin immer noch bestens. „Ich habe mein Zeug in meiner aktiven Zeit erreicht. Aber wir hatten es nicht so schön wie die jungen Leute heute hier. Damals ist der komplette Urlaub und jedes Stückchen Freizeit fürs Rudern draufgegangen.“ Mit dem Rudern aufhören kommt für Ernst Kaidel nicht in Frage: „Das ist mein zweites Leben. Ganz klar: ohne geht nicht.“

Dreimal in der Woche wird noch gerudert – zum Spaß. „Richtiges Training muss in dem Alter nicht mehr sein“, erklärt Kaidel lachend: „Das mag ich nicht mehr.“ Einen glückseligeren Menschen als ihn konnte man an diesem Wochenende sowieso nur schwer auf dem Gelände ausfindig machen. Kein Wunder – war doch die Familie zu Gast in Schweinfurt.

Etwas mehr Nachwuchs könnten der Ruder-Sport nach Kaidels Geschmack aber dennoch vertragen. Und warum? „Weil es die einzige Sportart ist, die richtig Spaß macht. Mein Vater hat schon gerudert, mein Großvater hat gerudert, wir haben nichts anderes gekannt. Rudern war bei uns in der Familie immer ganz oben. Unser Spielplatz waren die Ruder-Clubs.“ Ganz nach alter Familien-Tradition hat Ernst natürlich auch seinen Sohn mit dem Ruder-Virus infiziert, der dann seine Kinder und die Ehefrau. „Wir sterben nicht aus.“

Fünf Titel für den RC Franken

Außer den Titeln für Grimm im Einzel und zweimal Kaidel holten für Schweinfurt auch noch Grimm mit Julian Waller im Doppelzweier hauchdünn geschlagen Silber, Claudia Karrlein im Frauen-Einer zweimal Gold (Schwer- und Leichtgewicht), Vincent Weiß im Jungen-Leichtgewichts-Einer Bronze sowie Friedrich Remelé und Paul Knahn im Junioren-Achter in Renngemeinschaft mit München Silber. Ein Resultat, das sich mit den Prognosen ziemlich deckt und deswegen für zufriedene Gesichter beim RC Franken sorgte.

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