Im 36. Jahr ihres Bestehens durchquert die Bayern-Rundfahrt den nördlichen Teil des Freistaats. Das einzige deutsche Mehretappenrennen im Kalender des Radsport-Weltverbandes UCI beginnt am 13. Mai in Regensburg und führt über die Stationen Waldsassen, Selb, Ebern und Haßfurt nach Nürnberg, wo am 17. Mai in der Altstadt nach 830 Kilometern der Gesamtsieger gekürt wird.
Von der Oberpfalz über Ober- und Unterfranken nach Mittelfranken, so lautet die Marschroute des Rennens, das sich trotz aller schlechter (Doping-)Nachrichten aus dem Radsport nicht nur über Wasser gehalten, sondern zu einem bei den Radprofis ausgesprochen beliebten Wettbewerb entwickelt hat. 2011 etwa war Bradley Wiggins einer der prominenten Teilnehmer.
Damals gewann der Brite das Zeitfahren und belegte im Gesamtklassement Rang 14. Im Jahr darauf avancierte Wiggins zum ersten britischen Tour-de-France-Sieger. Zahlreiche Stars der Szene nutzen das fünftägige Rennen zur Vorbereitung auf die Frankreich-Rundfahrt. Perfekte Organisation, gute Straßen, anspruchsvolle, aber nicht zu schwere Etappen, eine familiäre Atmosphäre und meist gutes Wetter gelten als Gründe für einen Abstecher nach Bayern.
Die von Ewald Strohmeier im Jahr 1980 aus der Taufe gehobene Rundfahrt findet traditionell in der letzten Maiwoche statt. Diesmal allerdings musste der Termin um zwei Wochen vorgezogen werden. Grund ist der G7-Gipfel Anfang Juni auf Schloss Elmau, für den starke Polizeikräfte abgestellt werden – die wiederum benötigt auch die Bayern-Rundfahrt zur Verkehrsregelung und Streckenabsicherung.
Aus gegebenem Anlass hat sich das Organisationsteam um Rundfahrtleiter Strohmeier noch etwas Besonderes einfallen lassen. In Erinnerung an 25 Jahre Deutsche Einheit fährt das Peloton auf der dritten Etappe einen kurzen Schlenker durch Thüringen und absolviert zudem rund 100 Kilometer entlang des ehemaligen „Eisernen Vorhangs“.
Offiziell beginnt die 36. Bayern-Rundfahrt am Abend des 12. Mai in Regensburg mit der Präsentation der 19 teilnehmenden Teams. aus Deutschland mit dabei sind Giant-Alpecin, das in der ersten Division (WorldTour) geführt wird, der im oberbayerischen Raubling beheimatete Zweitdivisionär Bora-Argon 18 sowie sechs kleine Rennställe, wozu auch das Team Heizomat aus dem unterfränkischen Motten gehört.
Strohmeier kann in zwei Wochen mit John Degenkolb (Giant-Alpecin) den derzeit erfolgreichsten deutschen Profi präsentieren. „Über diese Startzusage freuen wir uns natürlich sehr“, sagte er stolz. Der 26-jährige Degenkolb, der mit Frau Laura und dem im Januar geborenen Söhnchen Leo-Robert in Frankfurt lebt, sorgte in diesem Frühjahr für Furore, als er mit Mailand-Sanremo und Paris-Roubaix zwei der bedeutendsten Eintagesrennen der Welt gewann. „Die Bayern-Rundfahrt ist eines meiner Lieblingsrennen“, hatte er bei der Bekanntgabe der Strecke im Dezember in Nürnberg erklärt.
Auch wenn der in Gera geborene und im mittelfränkischen Weißenburg aufgewachsene Degenkolb auf vier der insgesamt fünf Etappen Siegchancen hat, so ist er kein Kandidat für den Gesamtsieg. Die Entscheidung darüber fällt wohl auch diesmal wieder im Zeitfahren, das am vorletzten Tag auf einem 26,1 Kilometer langen Parcours rund um Haßfurt ausgetragen wird. Degenkolb gilt als schwächerer Zeitfahrer – im Gegensatz etwa zum Allgäuer Dominik Nerz, der für das Bora-Team fährt und für den ersten Gesamtsieg eines Deutschen seit 2009 sorgen könnte, als Linus Gerdemann triumphierte.
Für den 25-jährigen Nerz gilt übrigens das gleiche wie für Degenkolb: Beide sehen ihren Start in Bayern als wichtigen Baustein auf dem Weg zu einer erfolgreichen Tour de France. Bora-Teamchef Ralph Denk gestand dem Heimspiel sogar „höchste Priorität“ zu und formulierte ohne falsche Bescheidenheit: „Ich will mit meinem Team die Bayern-Rundfahrt gewinnen.“
Etappenplan
12. Mai: Offizielle Teampräsentation in Regensburg
13. Mai, 1. Etappe: Regensburg - Waldsassen, 221,3 Kilometer
14. Mai, 2. Etappe: Waldsassen - Selb, 179,5 Kilometer
15. Mai, 3. Etappe: Selb - Ebern, 205,9 Kilometer
16. Mai, 4. Etappe: Haßfurt - Haßfurt, 26,1 Kilometer, Einzelzeitfahren
17. Mai, 5. Etappe: Haßfurt - Nürnberg, 197,8 Kilometer