„Wenn jetzt Sechzig patzt, sind wir wieder dran“, nahm Trainer Gerd Klaus seinen Boss Markus Wolf auf den Arm, weil dieser kurz nach dem 3:1-(1:1)-Sieg des FC 05 beim FC Augsburg II schon auf dem Smartphone nach den Ständen auf den anderen Plätzen forschte – und er Wolfs euphorische Rechenspiele schon kennt. Nun, die Münchner waren eh erst am Sonntag dran, und realistisch betrachtet sind solche Überlegungen (noch) eh nur Träumereien. Aber: Der Tabellenzweite Ingolstadt ist nach seinem Patzer in Memmingen wieder etwas greifbarer und der Schweinfurter Sieg war immerhin der erste in der Fremde seit vier Monaten. Da kann man schon mal witzeln unter Führungskräften.
Und ein Führungsspieler braucht da nicht großartig hintenanstehen, dachte sich Marius Willsch, der kurz vor und nach der Pause mit seinen beiden Treffern den FC 05 erst auf Kurs gebracht hatte. „Am Ende spielt doch Jeder um seinen eigenen Arsch“, sorgte der Angreifer mit seiner Aufarbeitung den zum Saisonende angekündigten Rückzug von Klaus für einige Lacher.
Dabei wollte er nur ausschließen, dass der Mannschaft das vielleicht als Alibi taugen könnte, die Restrunde nicht mehr mit letztem Ernst zu absolvieren: „Wir haben Charakter gezeigt nach dem Rückstand, die Mannschaft hat demonstriert, dass sie noch lebt. Wir haben noch einiges vor.“
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FCA geht in Unterzahl in Führung
Wonach es zunächst nicht recht aussehen wollte im altehrwürdigen Rosenaustadion, dessen 28000 Plätze gerade einmal 153 Zuschauern zur Wahl standen. Die um einige Profis ergänzte Augsburger U23 wirkte anfangs entschlossener auf dem mit technischen Mitteln kaum zu bearbeitenden, vom anhaltenden Regen aufgeweichten Platz. Selbst nach der Roten gegen den mit „offener Sohle“ einsteigenden Kapitän Jonathan Scherzer (33.) waren die akzentuiert gesetzten Steilpässe der Gastgeber gefährlicher. Bei einem schoss der herauseilende 05-Schlussmann Alexander Eiban Verteidiger Herbert Paul an – der Ball sprang aber Richtung Eckfahne, denn ins eigene Tor. Zum 1:0 musste dann ein Patzer von Steffen Krautschneider herhalten, dessen Passivität im Strafraum Nicola Della Schiava ausnutzte (41.). Doch noch vor der Pause war Willsch zur Stelle, versetzte FCA-Keeper Ioannis Gelios, schob überlegt ins rechts untere Eck (45.). Gut drei Minuten waren nach Wiederbeginn erst gespielt, da zeigte Willsch, dass er es auch brachial kann – bretthart ins kurze Eck zum 1:2. „Schön so ein Doppelpack, kommt bei mir ja nicht oft vor. Das einzige Mal bisher letzte Saison gegen Burghausen.“
Damit war die Finte von Klaus, Willsch gegen die großgewachsene Profi-Innenverteidigung als wuseligen Mittelstürmer zu springen und Florian Pieper dafür auf Rechtsaußen zu stellen, aufgegangen. Das freute den Coach natürlich: „Er hat das perfekt gemacht. Er ging immer wieder tief, riss Lücken, kam aber auch wieder kurz. Die beiden da hinten hätten es mit Adam Jabiri vermutlich leichter gehabt.“ Doch der Zwölf-Tore-Stürmer war ja gelb-gesperrt.
Den Schwaben war mit diesem Doppelpack der Zahn zeitig gezogen. Sie mühten sich zwar, brachten frische Offensivkräfte, doch die Körpersprache von Profi und Neun-Tore-Mann Marco Richter sprach Bände – er haderte mehr mit sich selbst, als dass er noch in aussichtsreichen Positionen anspielbar gewesen wäre. Die minimale optische Überlegenheit der zehn Augsburger kam den Schweinfurtern sogar gelegen. Sie hatten einige vielversprechende Konterchancen, eine nutzte schließlich der eingewechselte Marco Fritscher zum 1:3 (81.). „Die Mannschaft hat genau die richtige Reaktion gezeigt“, freute sich Klaus, „dass die vielen Besprechungen unter der Woche auch erfolgreich waren. Die Jungs haben alles rein gehauen, was im Tank war.“ Vielleicht hat die Regionalliga-Fußballer des FC 05 ja auch die Tatsache beflügelt, dass sie am Abend zuvor bei der Schweinfurter Sportgala zur Mannschaft des Jahres 2017 gekürt worden ist.
Die Statistik des Spiels
Fußball: Regionalliga Bayern FC Augsburg II – FC 05 Schweinfurt 1:3 (1:1)
Augsburg: Gelios – Della Schiava, Friedrich, Reinthaler, Scherzer – Lannert, Greisel, Bekiroglu, Jakob – Mergel, Richter.
Schweinfurt: Eiban – Messingschlager, Billick, Janz, Paul – Kracun, Fery – Pieper, Jelisic, Krautschneider – Willsch.
Schiedsrichter: Johannes Huber (TSV Bogen). Zuschauer: 153. Tore: 1:0 Nicola Della Schiava (41.), 1:1, 1:2 Marius Willsch (45., 49.), 1:3 Marco Fritscher (81.). Rot: Jonathan Scherzer (Augsburg/33., grobes Foulspiel). Gelb: Reinthaler, Greisel – Kracun, Pieper, Fritscher.